Entscheidungsstichwort (Thema)

Formularmäßige Vereinbarung der Abhängigkeit eines Überstundenzuschlags von der Anordnung der geleisteten Mehrarbeit

 

Leitsatz (amtlich)

Besteht keine abweichende kollektivrechtliche Verpflichtung zur Gewährung eines Überstundenzuschlags ist es zulässig, die Gewährung eines Überstundenzuschlags durch arbeitsvertragliche Regelung von der Anordnung der geleisteten Mehrarbeit abhängig zu machen.

 

Normenkette

BGB §§ 611-612, 305, 305c Abs. 1, § 307 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 08.10.2015; Aktenzeichen 1 Ca 779/15)

 

Tenor

  1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 08.10.2015 - Az. 1 Ca 779/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte dem Kläger die Zahlung von Überstundenzuschlägen schuldet.

Der Kläger war vom 15.08.2013 bis zum 31.01.2015 bei der Beklagten als Projektverantwortlicher und Key-Account-Manager im Anlagen- und Vorrichtungsbau mit einer monatlichen Bruttovergütung von zuletzt 4.000,00 EUR beschäftigt. Grundlage des Arbeitsverhältnisses war der Arbeitsvertrag vom 30.07.2013 (Bl. 9 bis 12 d. A.), nach dessen Ziffer 3 die wöchentliche Arbeitszeit " ... zur Zeit 40 Stunden ..." betragen sollte.

Ziffer 6 des Arbeitsvertrages lautet:

"Überstunden:

Der Arbeitnehmer ist im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen und zur Leistung von Mehrarbeit und Nachtarbeit und in Notfällen zu Sonn- und Feiertagsarbeit verpflichtet.

Die über die regelmäßige Arbeitszeit hinaus angeordnete Mehrarbeit wird mit einem Zuschlag von 25 Prozent auf den Stundenlohn monatlich im Nachhinein vergütet."

Unter Ziff. 15. des Arbeitsvertrages findet sich folgende Regelung:

"Ausschluss- und Verfallsfristen

Alle Ansprüche aus diesem Vertrag und solche, die damit in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind.

Lehnt die andere Vertragspartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von vier Wochen nach Geltendmachung des Anspruchs, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von drei Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird."

Die Abrechnung Dezember 2014 wies zu Gunsten des Klägers ein Gleitzeitguthaben von 222,11 Stunden aus. Nachdem er zum 31. Januar 2015 gekündigt hatte, wurde er unter Anrechnung von 152 Überstunden freigestellt. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vergütete die Beklagte noch 70,21 Überstunden unter Zugrundelegung des regulären Stundenlohns von 23,07 EUR brutto. Zuschläge zahlte sie nicht.

Der Kläger machte mit Schreiben vom 27.02.2015 (Anlage 1 zur Klageschrift, Bl. 7 d. A.) erstmals die Auszahlung des Überstundenzuschlags geltend. Nachdem die Beklagte dem geltend gemachten Anspruch entgegengetreten ist, hat der Kläger mit am 26.05.2015 beim Arbeitsgericht Ludwigshafen eingegangenem Schriftsatz vom selben Tag Klage auf Auszahlung des Überstundenzuschlags erhoben.

Der Kläger hat vorgetragen:

Die von ihm geleisteten Überstunden seien notwendig gewesen, um die ihm obliegenden Aufträge ordnungsgemäß auszuführen. So habe er sich in der Regel dienstags und donnerstags bei Kunden in Pforzheim, Stuttgart und Mühlacker aufgehalten. Da er sich mit dem Kollegen S. die Arbeit geteilt habe, habe es für ihn wenig Möglichkeiten gegeben, die Stunden vor der Kündigung abzufeiern. Zudem sei bereits durch die Fahrzeiten an den Dienstagen und Donnerstagen häufig eine Stundenleistung erbracht worden, welche über die üblichen 8 Stunden werktäglich hinausgegangen sei. Seine Arbeitszeiten seien aus den Zeitlisten für die Zeit vom 1.8.2013 bis 31.12.2014 (Anlagen zum Schriftsatz vom 13.07.2015, Bl. 36-50 d. A.) ersichtlich. Der Beklagten sei bewusst gewesen, dass Überstunden in nicht unerheblichem Umfang angefallen seien, dies schon aufgrund der Fahrzeiten nach Stuttgart, Mühlacker und Pforzheim.

Die Beklagte habe ihm nie mitgeteilt, dass zwischen freiwilligen und angeordneten Überstunden unterschieden werde.

Der Kläger hat die Auffassung vertreten,

ihm stehe ein Anspruch auf Zahlung eines Zuschlages von 25 Prozent für 222,11 Überstunden zu. Dies ergebe sich aus Ziff. 6 des Arbeitsvertrages. Eine "Anordnung" von Überstunden im Sinne von § 6 Abs. 2 liege nicht nur dann vor, wenn Zahl und Lage der Überstunden im Voraus festgelegt würden. Sie könne auch dadurch gegeben sein, dass ein bestimmter Arbeitsauftrag innerhalb eines bestimmten Zeitrahmens ohne Rücksicht auf die üblichen Arbeitszeiten durchgeführt werden müsse oder wenn der Arbeitgeber wisse, dass der Arbeitnehmer über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus arbeite und der Arbeitgeber dies dulde. Die Tatsache, dass die Beklagte ihn die Überstunden habe in Freizeit "abfeiern" lassen und darüber hinaus die verbleibenden Stunden ausbezahlt habe, stelle ein Zugeständnis dar, dass die Mehrarbeit angeordnet gewesen sei. Zumindest ergebe sich hieraus eine ...

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