Entscheidungsstichwort (Thema)
Wirksamkeit einer Aufhebungsvereinbarung während der Probezeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Legt der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer offen, dass er die Probezeit als nicht bestanden ansieht und vor Eintreten des Kündigungsschutzes kündigen möchte, bietet er aber gleichzeitig einen Aufhebungsvertrag zu einem die kurze Probezeitkündigungsfrist angemessen überschreitenden Beendigungszeitpunkt verbunden mit einer bedingten Wiedereinstellungszusage an, so ersetzt der damit abgeschlossene Aufhebungsvertrag nur eine zulässige Arbeitgeberkündigung während der Wartezeit des § 1 KSchG.
2. Kommt es zu der in Aussicht gestellten Wiedereinstellung des Arbeitnehmers nicht, so steht auch eine getroffene Änderungsvereinbarung hinsichtlich des Einsatzorts der Wirksamkeit der Aufhebungsvereinbarung nicht entgegen.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 305, 611
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 07.06.2018; Aktenzeichen 9 Ca 287/18) |
Tenor
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Auslegung eines Änderungsvertrags im Zusammenhang mit der Frage der Wiedereinstellung des Klägers.
Der Kläger war aufgrund schriftlichen Arbeitsvertrages vom März 2017 (Bl. 5 ff. d. A., im Folgenden: AV) bei der Beklagten, die als Facheinrichtung für psychosomatische Medizin Kliniken für stationäre Rehabilitation im Bereich von Abhängigkeitserkrankungen betreibt, ab April 2017 als Diplom-Sozialpädagoge/ Bezugstherapeut in Vollzeit zu einem monatlichen Bruttogehalt von 3.400,00 Euro beschäftigt. Die Parteien vereinbarten in § 1 Abs. 2 AV eine sechsmonatige Probezeit mit einer beiderseitigen Kündigungsfrist von zwei Wochen.
Die Beklagte beabsichtigte, das Arbeitsverhältnis während der Probezeit fristgemäß zu beenden. Vor diesem Hintergrund schlossen die Parteien am 21. September 2017 einen Aufhebungsvertrag mit Wiedereinstellungszusage (Bl. 14 ff. d. A., im Folgenden: AufhebungsV) ua. folgenden Inhaltes:
"1. Der Arbeitsvertrag der Parteien vom März 2017 wird auf Veranlassung der Firma, jedoch im gegenseitigen Einvernehmen aufgehoben.
Das Arbeitsverhältnis endet dabei mit Ablauf des 31. Januar 2018.
2. Der Arbeitgeber verpflichtet sich, dem Arbeitnehmer ein Angebot auf Abschluss eines neuen Arbeitsvertrags zu unterbreiten, sofern sich der Arbeitnehmer bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses bewährt und die Anforderungen des Arbeitgebers erfüllt. ...
"
Wegen der weiteren Regelungen des Aufhebungsvertrags wird auf den Akteninhalt Bezug genommen.
Im Zusammenhang mit einer einvernehmlichen Versetzung des Klägers in die Außeneinrichtung der Beklagten am ca. 13 km vom bisherigen Einsatzort des Klägers entfernten Standort in S. schlossen die Parteien unter dem 16. November 2017 folgende Vereinbarung zur "Änderung des Arbeitsvertrages":
"Die vorgenannten Parteien beschließen bei dem Anstellungsvertrag vom März 2017 folgende Änderungen
ab 01.12.2017
§ 3 Tätigkeit
Änderung von 100% (40 Std./Woche) auf 90% (36 Std./Woche)
§ 6 Entgelt
Änderung von EUR 3.400,- (100 %) auf EUR 3.060 (90 %)
Alle anderen Punkte dieses Vertrages bleiben unberührt und wie bisher bestehen."
In einem als "Probezeitgespräch" deklarierten Gespräch vom 16. Januar 2018 teilte die unmittelbare Vorgesetzte des Klägers, die therapeutische Leiterin Dr. F., dem Kläger mit, sein Arbeitsverhältnis werde über den 31. Januar 2018 hinaus nicht verlängert. Am 25. Januar 2018 wurde der Kläger vom Dienst suspendiert und ihm eine weitere Tätigkeit für die Beklagte untersagt.
Der Kläger hat außergerichtlich mit Schreiben vom 25. Januar 2018 unter Berufung auf die Vereinbarung vom 16. November 2017 und das damit verbundene "Wiederaufleben" seines Arbeitsvertrags seine Arbeitskraft ab 01. Februar 2018 erfolglos angeboten. Am 31. Januar 2018 hat er beim Arbeitsgericht Koblenz Klage auf Feststellung erhoben, dass das Arbeitsverhältnis weder durch den Vertrag vom 21. September 2017, noch durch das Probezeitgespräch, noch durch seine Suspendierung beendet worden ist, sondern - mit Ausnahme von §§ 3, 6 AV - zu den Bedingungen des Arbeitsvertrages vom März 2018 über den 31. Januar 2018 hinaus fortbesteht.
Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, mit dem Änderungsvertrag vom 16. November 2017 hätten die Parteien sich auf die Fortsetzung des Arbeitsvertrages vom März 2017 geeinigt, nachdem auf die Aufhebungsvereinbarung dort nicht Bezug genommen worden sei. Zumindest im Rahmen einer Gesamtbetrachtung angesichts seiner Gespräche mit der Vorgesetzten zu seiner Zukunft im Vorfeld der Regelung sei hiervon auszugehen. Ihm sei der Wechsel in eine andere Klinik empfohlen worden, weil dort seit längerem dringend Personal gesucht werde und man habe die Reduzierung der Arbeitszeit unter Berücksichtigung des erheblich höheren täglichen Arbeitsweges vereinbart. Ein derartiger Wechsel verbunden mit Einarbeitungsmaßnahmen ...