Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfall. Zusatzurlaub eines schwerbehinderten Menschen
Leitsatz (redaktionell)
Der Anspruch auf Zusatzurlaub eines schwerbehinderten Menschen nach § 125 SGB IX erlischt, wenn ihn der Schwerbehinderte nicht bis zum Ablauf des Kalenderjahrs oder – beim Vorliegen der tarifvertraglichen oder gesetzlichen Übertragungsvoraussetzungen – nicht bis zum Ende des Übertragungszeitraums geltend macht. Die Ungewissheit über die Schwerbehinderung ist kein in der Person des Arbeitnehmers liegender Grund für eine Übertragung des Zusatzurlaubs auf den tarifvertraglichen oder gesetzlichen Übertragungszeitraum.
Normenkette
SGB IX § 125
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 13.12.2006; Aktenzeichen 8 Ca 2040/05) |
Tenor
1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 13.12.2006 – Az: 8 Ca 2040/05 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
3. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 2.193,14 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Zwischen der Klägerin und den US-Streitkräften bestand in der Zeit vom 01.08.2001 bis zum 30.09.2004 ein Arbeitsverhältnis. Daran schloss sich in der Zeit vom 01.10.2004 bis zum 22.03.2005 ein Prozessbeschäftigungsverhältnis an. Die Klägerin ist mit einem GdB von 50 seit dem Jahre 2002 schwerbehindert. Dies wurde nach vorangegangenem sozialgerichtlichen Verfahren mit behördlichem Bescheid (vom 24.01.2005 bzw. vom 16.12.2004) rückwirkend so festgestellt. Mit der, der Beklagten am 04.01.2006 zugestellten Klage beanspruchte die Klägerin die Zahlung von Urlaubsabgeltung für folgende Jahre:
– 2002: |
6 Tage Zusatzurlaub |
– 2003: |
6 Tage Zusatzurlaub |
– 2004: |
6 Tage Zusatzurlaub und 7,5 Tage Grundurlaub (anteilig für die Zeit vom 01.10.2004 bis zum 31.12.2004) |
– 2005: |
9 Tage (Zusatzurlaub und Grundurlaub (anteilig für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 22.03. bzw. 31.03.2005). |
Für die Zeit vom 01.01.2005 bis zum 22.03.2005 ist der Klägerin eine Urlaubsabgeltung für 8 Tage gezahlt worden (vgl. dazu das Vorbringen der Klägerin auf S. 3 der Klageschrift und die Ausführungen der Beklagten auf den S. 2 – unten – und – 3 – der Klageerwiderung vom 20.11.2006 = Bl. 13 f. d.A. sowie die Abrechnungsunterlagen Bl. 15 f. d.A.).
Erstinstanzlich klagte die Klägerin den Betrag von 2.448,63 EUR brutto ein.
Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im Übrigen wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts vom 13.12.2006 – 8 Ca 2040/05 – (dort S. 2 f. = Bl. 23 f. d.A.). Nach näherer Maßgabe des vorbezeichneten Urteils hat das Arbeitsgericht unter Klageabweisung im Übrigen der Klägerin den Betrag von 255,49 EUR brutto zugesprochen.
Gegen das am 28.12.2006 zugestellte Urteil vom 13.12.2006 – 8 Ca 2040/05 – hat die Klägerin am 29.01.2007 Berufung eingelegt und diese – innerhalb verlängerter Berufungsbegründungsfrist (s. dazu den Verlängerungsbeschluss vom 02.03.2007, Bl. 51 d.A.) am 16.03.2007 begründet. Zwecks Darstellung aller Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 16.03.2007 (Bl. 59 ff. d.A.) verwiesen.
Die Klägerin macht dort insbesondere geltend, dass die Auffassung des Arbeitsgerichts, dass der Zusatzurlaub das Schicksal des Erholungsurlaubs teile, rechtsirrig sei. Die Klägerin meint, dass der Urlaubsanspruch nicht verfallen könne, bevor er entstanden sei. Entstanden sei der Zusatzurlaub mit der Feststellung der Schwerbehinderung (Zustellung des Bescheides des Landesamts für Soziales vom 16.12.2004). Die Ausführungen des Arbeitsgerichts, wonach der Zusatzurlaubsanspruch bereits mit dem objektivem Vorliegen der Schwerbehinderung entstehe, könne nicht überzeugen. Dazu führt die Klägerin weiter aus. Sie hält es für unbillig, das Risiko einer erst nachträglichen Feststellung der Schwerbehinderteneigenschaft allein dem Arbeitnehmer aufzutragen. Für den Arbeitnehmer sei maßgeblich, wann er seinen Zusatzurlaub durchsetzen könne. Ein Verfall von Urlaubsansprüchen im Bereich des Zusatzurlaubsanspruches nach dem Schwerbehindertenrecht sei mit der besonderen Schutzfunktion des Schwerbehindertenrechts für die betroffenen Arbeitnehmer nicht vereinbar. Die Klägerin habe es als Arbeitnehmer nicht in der Hand, die Bearbeitungsdauer zwischen Antrag und Bescheid zu beeinflussen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 13.12.2006 – 8 Ca 2040/05 – die Beklagte weiter zu verurteilen, an die Klägerin 2.193,14 EUR brutto zu zahlen.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.
Die Beklagte verteidigt nach näherer Maßgabe ihrer Ausführungen in der Berufungsbeantwortung vom 20.04.2007 (Bl. 67 f. d.A.), worauf verwiesen wird, das Urteil des Arbeitsgerichts. Die in der Berufungsbeantwortung erhobene Vollmachtsrüge hält die Beklagte zuletzt nicht mehr aufrecht.
Zur näheren Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.
Entscheid...