Entscheidungsstichwort (Thema)

verhaltensbedingte Kündigung. Bespitzeln. Kollegen

 

Leitsatz (redaktionell)

Stellt eine Arbeitnehmerin in einer eigenen Stellungnahme zu einer ihr erteilten Abmahnung akribisch über fast fünf Jahre hinweg den planmäßigen und tatsächlichen Dienstantritt von Kollegen minutengetreu dar, ist dies eine Bespitzelung der Kollegen. Ein solches Verhalten schließt eine Weiterbeschäftigung mit Rücksicht auf den Betriebsfrieden aus.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 06.06.2003; Aktenzeichen 6 Ca 1679/02)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom 06.06.2003 – AZ: 6 Ca 1679/02 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung, welche die Beklagte unter dem 29.05.2002 aus verhaltensbedingten Gründen von ihrem Arbeitgeber, dem katholischen Pfarramt C-Stadt erhalten hat, womit der seit 15.01.1993 bestehende Arbeitsvertrag als Gruppenleiterin im Kindergarten in Kleinmaischeid beendet werden sollte.

Der Klägerin sind Abmahnungen mit Datum vom 17.10., 30.11.2001, 23.01. und 03.04.2002 erteilt worden, wegen deren Inhalts auf die in den Akten befindlichen Schreiben (Bl. 79, 101-104, 108-110, 112-115 d. A.) verwiesen wird.

Am 15.02.2002 hat wegen einer Beschwerde des Elternausschusses über die Klägerin die Aufsichtsbehörde, Landesjugendamt – Kindertagesstätten – mit den Trägern und den Mitgliedern des Elternausschusses im katholischen Kindergarten Kleinmaischeid getagt, worüber unter dem 19.04.2002 ein Bericht erstellt wurde, wegen dessen Inhalts auf die Kopie (Bl. 127-131 d. A.) vom 19.04.2002 Bezug genommen wird.

Die Beklagte hat unter dem 27. Mai 2002 die Mitarbeitervertretung zur beabsichtigten Kündigung der Klägerin angehört, wobei auf den Inhalt der Anhörung auf die in den Akten befindliche Kopie (Bl. 13-26 d. A.) verwiesen wird. Unter dem 28.05.2002 hat die Mitarbeitervertretung gemäß Schreiben vom gleichen Tag (Bl. 27-28 d. A.) der ordentlichen Kündigung der Klägerin zugestimmt.

Die Klägerin hat ihre Kündigungsschutzklage vom 04.04.2002 im Wesentlichen damit begründet, dass die Kündigung sozial ungerechtfertigt sei, da es verhaltensbedingte Gründe hierfür nicht gebe.

Es treffe zwar zu, dass man ihr die Abmahnung erteilt habe, jedoch sei der Inhalt unzutreffend.

Auch ein Grund für die von der Beklagten angestrebte Auflösung gegen Zahlung einer Abfindung sei nicht gegeben, weswegen die Klägerin beantragt hat,

  1. festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 29.05.2002 nicht beendet wird;
  2. im Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1) den Beklagten zu verurteilen, sie bis zum rechtskräftigen Abschluss des Kündigungsschutzverfahrens zu unveränderten arbeitsvertraglichen Bedingungen als Gruppenleiterin weiterzubeschäftigen.

Das beklagte Amt hat beantragt,

  1. die Klage abzuweisen;
  2. das Arbeitsverhältnis gegen Zahlung einer Abfindung gem. §§ 9, 10 KSchG aufzulösen.

Die Beklagtenseite bringt vor, dass die Klägerin in den letzten drei Jahren regelmäßig und nachhaltig gegen die arbeitsvertraglichen Pflichten verstoßen habe. Trotz einer Fülle von Gesprächen und zahlreicher mündlicher und schriftlicher Abmahnungen sei das Fehlverhalten nicht eingesehen geschweige denn abgestellt worden.

Insbesondere die schwere Dienstverpflichtung der Klägerin vom 23.04.2002, wo sie die Kindergartenkinder nicht vom Bus abgeholt hatte, sondern diese habe unbeaufsichtigt in den Kindergarten laufen lassen, habe zur Kündigung geführt neben der Tatsache, dass die Klägerin ihre Arbeitskolleginnen und Dienstvorgesetzten über 4 Jahre hinweg bespitzelt habe und diese zum Teil mit grob wahrheitswidrigen Vorwürfen habe beim Arbeitgeber anzuschwärzen.

Auch aus dem Bericht der Aufsichtsbehörde vom 19.04.2002 könne man weitere schwerwiegende Bedenken der Eltern gegen die Tätigkeit der Klägerin entnehmen, so dass ein weiteres Verbleiben der Klägerin und der Einrichtung nur das Ansehen und vielleicht gar die Existenz der Einrichtung zu schädigen geeignet wäre.

Zumindest müsse aus den vorliegenden Gründen eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses gegen Zahlung einer Abfindung vorgenommen werden.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 06.06.2003 die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen damit begründet, dass die ordentliche verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt sei, weil die Klägerin nach mehrfachen einschlägigen Abmahnungen zuletzt am 23.04.2002 erheblich gegen ihre Aufsichtspflicht dadurch verletzt habe, dass sie, obwohl zum Busdienst eingeteilt, die anfahrenden Kinder nicht vom Bus abgeholt und unter ihre Aufsicht auf das Kindergartengelände gebracht hätte.

Dies wäre der Klägerin auch möglich gewesen, indem sie die bereits anwesenden Kinder in den Windfang und sich selbst in die Eingangstür zur Überwachung der Ankunft der Buskinder gestellt hätte. Sie hätte auch i...

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