Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifauslegung von § 2 Ziff. 1 TV-NATO. Tarifauslegung von § 4 Ziff. 1 b TVAL II. Geltungsbereich des TVAL II für NATO-Beschäftigte. Vereinbarung der Zahlung von Weihnachtsgeld als Nebenabrede. Abfindung und Weihnachtsgeld

 

Leitsatz (amtlich)

1) Für die Arbeitnehmer, die bei der NATO beschäftigt sind, gilt der TVAL II nicht, so daß diese Arbeitnehmer auch keinen Anspruch auf Zahlung einer Abfindung nach dem Tarifvertrag über zusätzliche Leistungen bei Entlassung wegen Truppenreduzierungen vom 6. Dez. 1991 (ZLETR) haben.

2) Die Zusage der Zahlung eines tariflich nicht bestehenden anteiligen Weihnachtsgeldes stellt eine Nebenabrede im Sinne von § 4 Ziff. 1 b TVAL II dar und kann somit im Bereich des TVAL II grundsätzlich nicht bloß mündlich wirksam zugesagt werden.

 

Normenkette

TVAL II § 4; ZLETR

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 18.01.1994; Aktenzeichen 7 Ca 725/93)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 27.07.1995; Aktenzeichen 6 AZR 11/95)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 18. Januar 1994 – 7 Ca 725/93 – wird zurückgewiesen.

Auf die Anschlußberufung der Beklagten wird das vorgenannte Urteil teilweise abgeändert:

1) Die Klage wird insgesamt abgewiesen.

2) Die Kosten des Rechtsstreits werden insgesamt der Klägerin auferlegt.

3) Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten vorliegend um Zahlungsansprüche.

Die Klägerin war in der Zeit vom 15. Juni 1983 bis zum 30. Sept. 1992 bei der Beklagten als Reinigungskraft im NATO-Bunker K. mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden tätig. Dem Arbeitsverhältnis liegt ein schriftlicher Arbeitsvertrag vom 27. Sept. 1991 (Bl. 107 d.A.) zugrunde. In ihm haben die Parteien u.a. vereinbart:

„Allgemeine Beschäftigungsbedingungen

1. Das Arbeitsverhältnis unterliegt den Bestimmungen des Tarifvertrages für die bei den Stationierungsstreitkräften der Entsendestaaten im Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beschäftigten Arbeitnehmer (TVAL II) vom 16. Dezember 1966 in seiner jeweils gültigen Fassung, sofern in dem die Dienststellen der NATO betreffenden Anhang (TV NATO) nichts anderes bestimmt ist.

5. Es besteht Einigkeit darüber, daß künftige Änderungen oder Ergänzungen der persönlichen Beschäftigungsbedingungen im Rahmen dieses Arbeitsvertrages der Schriftform bedürfen. …”

Die Klägerin ist nicht Mitglied einer Gewerkschaft.

Wegen Schließung des Bunkers wurde das Arbeitsverhältnis durch ordentliche Arbeitgeberkündigung vom 27. März 1992 zum 30. Sept. 1992 gekündigt.

Nach der Kündigung des Arbeitsverhältnisses erschien die für das Personalwesen zuständige Dezernentin W. bei der Dienststelle der Klägerin, um mit den damals noch beschäftigten Arbeitnehmern die Situation im Zusammenhang mit der Beendigung ihres Arbeitsverhältnisses zu besprechen. Ob die Dezernentin den Arbeitnehmern, darunter auch der Klägerin, anläßlich dieses Besuches die Zahlung eines anteiligen Weihnachtsgeldes für das Jahr 1992 mündlich zugesagt haben soll, ist zwischen den Parteien streitig.

Die Klägerin hat vorgetragen:

Die zuständige Dezernentin W. habe ihr anläßlich des Besuches der Dienststelle zugesagt, für das Jahr 1992, bezogen auf den 30. Sept. 1992, ein anteiliges Weihnachtsgeld zu bezahlen (Beweis: mehrere namentlich von der Klägerin benannte Zeugen).

Aus Rechtsgründen stehe ihr darüberhinaus ein Abfindungsanspruch gem. § 4 Abs. 1 b des Tarifvertrages vom 6. Dez. 1991 über zusätzliche Leistungen bei Entlassungen wegen Truppenreduzierung (im folgenden: ZLETR) zu. Dieser Tarifvertrag finde auch auf ihr Arbeitsverhältnis Anwendung, weil sich ihr Arbeitsverhältnis nach den Bestimmungen des TVAL II richte.

Die Klägerin hat beantragt,

  1. festzustellen, daß ihr ein Abfindungsanspruch gem. § 4 Ziff. 1 b des Tarifvertrages vom 6. Dez. 1991 über zusätzliche Leistung bei Entlassung wegen Truppenreduzierung (ZLETR) zusteht,
  2. die Beklagte zu verurteilen, ihr für das Kalenderjahr 1992 ein anteiliges (9/12) Weihnachtsgeld nach Maßgabe der tariflichen Bestimmungen (Anhang W zum TVAL II) zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie bestreitet, daß der Klägerin eine Zusage auf Zahlung eines anteiligen Weihnachtsgeldes für das Jahre 1992 durch die Dezernentin W. gemacht worden sei.

Der ZLETR finde auf das Arbeitsverhältnis der Klägerin keine Anwendung. Dieser Tarifvertrag gelte nur für solche Arbeitnehmer, die unter den Geltungsbereich des TVAL II fielen, nicht jedoch für die bei der NATO beschäftigten Arbeitnehmer. Die Arbeitsbedingungen dieser Arbeitnehmer seien im TV NATO geregelt.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 18. Jan. 1994, auf dessen Tatbestand zur näheren Sachverhaltsdarstellung hiermit Bezug genommen wird, nach Vernehmung von Zeugen über die von der Klägerin behauptete Zusage auf Zahlung eines anteiligen Weihnachtsgeldes der Klage insoweit stattgegeben. Nach seiner Auffassung sei aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme von einer im übrigen rechtlich wirksamen Zusage auf Zahlung...

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge