Entscheidungsstichwort (Thema)
Unbegründeter Auflösungsantrag einer kaufmännischen Sachbearbeiterin und Sekretärin des Geschäftsführers wegen schikanöser Behandlung durch Arbeitskollegen
Leitsatz (amtlich)
1. Bei der Beurteilung, ob ein Grund für die Auflösung eines Arbeitsverhältnisses i. S. d. § 13 Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 9 Abs. 1 S. 1 KSchG vorliegt, dürfen nur die Tatsachen berücksichtigt werden, auf die sich der Arbeitnehmer ausdrücklich zur Begründung der Unzumutbarkeit der Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses berufen hat.
2. Das schikanöse Verhalten anderer Arbeitnehmer kann die Auflösung des Arbeitsverhältnisses gem. § 13 Abs. 1 S. 3 i. V. m. § 9 Abs. 1 S. 1 KSchG nur dann begründen, wenn der Arbeitgeber dieses Verhalten durch eigenes Tun entscheidend veranlasst oder geduldet hat, ohne hiergegen einzuschreiten.
Normenkette
KSchG §§ 13, 13 Abs. 1 S. 3, §§ 9, 9 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Entscheidung vom 26.02.2015; Aktenzeichen 6 Ca 960/14) |
Tenor
- Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - Az. 6 Ca 960/14 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Mit ihrer Berufung wendet sich die Klägerin gegen die Zurückweisung ihres Auflösungsantrags durch das erkennende Arbeitsgericht. Erstinstanzlich stritten die Parteien zudem über die Wirksamkeit einer gegenüber der Klägerin ausgesprochenen fristlosen, hilfsweise ordentlichen Arbeitgeberkündigung.
Die Klägerin ist seit dem 18.04.2002 als kaufmännische Sachbearbeiterin und Sekretärin des Geschäftsführers bei der Beklagten beschäftigt. Sie verdiente zuletzt 2.609,57 EUR brutto monatlich. Wegen der weiteren Einzelheiten des Arbeitsvertrages wird auf die Anlage K1 zur Klageschrift (Bl. 4 f. d. A.) verwiesen.
Am 24.06.2013 beantragte die damalige Geschäftsführung der Beklagten die Zustimmung zur zeitweisen Versetzung der Klägerin in das Sekretariat der Geschäftsführung. Der Betriebsrat verweigerte die diesbezügliche Zustimmung mit Schreiben vom 27.06.2013 (s. Anlage 2 zur Berufungsbegründung vom 27.05.2015, Bl. 152 d. A.). Ein diesbezüglich zwischen dem Betriebsrat und der Beklagten vor dem Arbeitsgericht Mainz geführtes Beschlussverfahren (Az. 6 BV 22/13) endete in einem Vergleich.
Gegen die Klägerin wurde durch den Betriebsratsvorsitzenden T. D. mit am 28.03.2014 beim Justizzentrum Koblenz eingegangenem Schreiben vom 27.03.2014 eine Strafanzeige erstattet, wegen deren Inhalts auf die Anlage 8 zur Berufungsbegründung vom 27.05.2015 (Bl. 159 d. A.) Bezug genommen wird.
Etwa Anfang April 2014 wandte sich die Klägerin gemeinsam mit zehn weiteren Mitarbeitern in einem Brief an die Ministerpräsidentin M. D., in dem u.a. Mobbingvorwürfe gegen den Betriebsrat erhoben wurden. Hierüber berichtete die Zeitung "T. V." in einem Artikel vom 04.04.2014 (Anlage 5 zur Berufungsbegründung vom 27.05.2015, Bl. 155 d. A.) sowie das "W. T." in einem Artikel vom selben Tag (Anlage 7 zur Berufungsbegründung vom 27.05.2015, Bl. 158 d. A.).
Die Beklagte wandte sich in einem auf den 14.02.2014 datierenden Schreiben, welches der Klägerin am 14.04.2014 übermittelt worden ist, unter Bezugnahme auf die Berichterstattung in der Presse an die Klägerin und teilte mit, eine ordnungsgemäße Untersuchung der Vorwürfe einleiten zu wollen. Die Klägerin wurde aufgefordert, eine schriftliche Zusammenfassung der sie persönlich betreffenden Vorwürfe zu übermitteln. Wegen der Einzelheiten des Schreibens vom 14.02.2014 wird auf die Anlage 14 zur Berufungsbegründung vom 27.05.2015 (Bl. 173 d. A.) Bezug genommen. Die Klägerin reagierte hierauf mit einer E-Mail an den Geschäftsführer der Beklagten M. B., in welcher sie zum Umgang der Beklagten mit den Pressemeldungen und den Vorwürfen Stellung nahm und mitteilte, dass sie nicht wolle, dass der Geschäftsführer der Beklagten auch nur einen Vorgang betreffend ihrer Person bearbeite. Wegen des weiteren Inhalts dieser E-Mail wird auf die Anlage 15 zur Berufungsbegründung vom 27.05.2015 (Bl. 174 d. A.) verwiesen.
In einem Schreiben vom 29.04.2014 wandte sich der Aufsichtsratsvorsitzende der Beklagten Prof. D. S. B. sowie der stellvertretende Aufsichtsratsvorsitzende H. O. an die Klägerin und regten ebenfalls eine Konkretisierung der Vorwürfe an. Im Hinblick auf die weiteren Ausführungen im Schreiben vom 29.04.2014 wird auf die Anlage B5 zum Schriftsatz der Beklagten vom 24.02.2015 (Bl. 79 f. d. A.) Bezug genommen.
Eine weitere, anonyme Strafanzeige gegen die Klägerin und drei weitere Mitarbeiter der Beklagten (s. Anlage 10 zur Berufungsbegründung vom 27.05.2015, Bl. 161 d. A.) ging am 05.08.2014 bei der Staatsanwaltschaft Koblenz ein.
Die Klägerin war vom 02.09.2014 bis 03.10.2014 arbeitsunfähig krank geschrieben (Kopie des Attests s. Anlage 1 zum klägerischen Schriftsatz vom 17.02.2015, Bl. 60 d. A.). Am 02.10.2014 stellte der behandelnde Arzt der Klägerin eine weitere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung über die Fortdauer der Erkrankung bis einschließlich 10.10.2...