Entscheidungsstichwort (Thema)

Darlegungslast. Kündigung, betriebsbedingte. Betriebsbedingte Kündigung. Festlegung der Personalstärke

 

Leitsatz (amtlich)

1. Zu den unternehmerischen Entscheidungen, die zu einem Wegfall des Beschäftigungsbedürfnisses für einen oder mehrere Arbeitnehmer führen können, gehört auch die Entscheidung darüber, mit welcher personellen Ausstattung der Betriebszweck erreicht werden soll.

2. Wenn der Arbeitgeber bei der Festlegung der Personalstärke auf einen prognostizierten Arbeitsanfall abstellt, hat er die tatsächlichen Grundlagen, auf die er diese Prognose gestützt hat, nachvollziehbar darzulegen.

3. Im Kündigungsschutzprozess muss der Arbeitgeber in einer mit konkreten Gegentatsachen bestreitbaren und für das Gericht nachprüfbaren Weise die Kausalität zwischen außerbetrieblichen Faktoren bzw. der getroffenen Unternehmerentscheidung und dem direkten oder mittelbar aufgrund der Sozialauswahl eintretenden Entfall des Beschäftigungsbedarfs für den betroffenen Arbeitnehmer darlegen.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 1-3, §§ 10, 14, 9

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 03.11.2009; Aktenzeichen 3 Ca 878/09)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 03.11.2009, Az.: 3 Ca 878/09 wird zurückgewiesen.

2. Der Auflösungsantrag der Beklagten wird zurückgewiesen.

3. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Beklagte.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren über die Rechtswirksamkeit der ordentlichen Kündigung der Beklagten gemäß deren Schreiben vom 19.03.2009 zum 30.04.2009, über Arbeitsvergütungsansprüche des Klägers für die Monate Mai bis einschließlich September 2009 und einen Antrag der Beklagten auf Auflösung des Arbeitsverhältnisses.

Bei der Beklagten handelt es sich um eine Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft mit Hauptsitz in K. und weiteren Standorten u. a. in E., M., D., H., S., Sch. Er., F., B., Br., C., Ha., L. und P.. Die Beklagte beschäftigt mehr als 10 Vollzeitarbeitnehmer ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten.

Der am 16.03.1960 geborene, verheiratete und zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtete Kläger ist aufgrund des Anstellungsvertrages vom 14.07.2006 seit dem 01.09.2006 bei der Beklagten als Wirtschaftsprüfer und Steuerberater zu einem Bruttomonatsgehalt von 8.350,– EUR beschäftigt.

Gemäß § 1 Ziffer 7 des Anstellungsvertrages hat der Kläger seinen Dienstsitz in K.. Nach § 10 Ziffer 1 des Anstellungsvertrages ist die Betriebsordnung der Beklagten in der Fassung vom 01.01.2005 Bestandteil des Vertrages, soweit dieser nichts anderes bestimmt. § 1 der genannten Betriebsordnung sieht u. a. vor:

„(1) Jeder Mitarbeiter hat Anspruch auf einen schriftlichen Anstellungsvertrag, der mindestens die im Nachweisgesetz enthaltenen Regelungen enthalten muss. Dies sind z. Z. insbesondere folgende Angaben:

– Der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Ort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden kann.

…”

§ 2 der Betriebsordnung enthält folgende Regelung:

(1)

”Der Mitarbeiter wird so beschäftigt, wie es im Anstellungsvertrag mit ihm vereinbart worden ist. Soweit betrieblich erforderlich, hat er jedoch vorübergehend auch jede andere zumutbare Arbeit zu übernehmen.

(2)

Der Gesellschaft bleibt das Recht vorbehalten, soweit dies betrieblich notwendig ist, dem Mitarbeiter jede andere Aufgabe zu übertragen, zu deren Übernahme er aufgrund seines Ausbildungsstandes in der Lage ist …”

Mit Ergänzungsvereinbarung zum Anstellungsvertrag vom 10.07.2006 vereinbarten die Parteien, dass die Beklagte nach erfolgreicher Probezeit die Beiträge für eine Direktversicherung des Klägers in Höhe von 1.752,– EUR jährlich übernimmt. Ferner sieht die Ergänzungsvereinbarung vor, dass der Kläger einen geschäftseigenen Pkw der gehobenen Mittelklasse auch zur privaten Nutzung erhält.

Hinsichtlich der Einzelheiten des Arbeitsvertrages nebst Ergänzungsvereinbarung wird auf Bl. 41 ff. d. A., hinsichtlich der Betriebsordnung auf Bl. 76 ff. d. A. Bezug genommen.

Ausweislich der Niederschrift über die Gesellschafterversammlung vom 13.02.2009 (Bl. 57 d. A.) beschloss die Gesellschafterversammlung der Beklagten Folgendes:

  1. „Aufgrund der sich bereits im Geschäftsjahr 2008 abzeichnenden Auftragsausfälle, insbesondere durch die Niederlassungen E. und H. wurde die Anzahl der beschäftigten Geschäftsbereichsleiter mit der Qualifikation eines Wirtschaftsprüfers und Steuerberaters durch die Beendigung der Anstellungsverhältnisse der Herren WP/StB W. und S. sowie Frau WP/StB B. in E. sowie Frau WP K. in H. auf 13,5 Personen reduziert. Herr WP/StB D., NL S., ist hierbei mit 0,5 WP/StB berücksichtigt.
  2. Nach der Prognose auf der Basis der Auftragssituation im November 2008 ist ein weiterer Stellenabbau erforderlich und zwar um eine Position auf 12,5 WP/StB.
  3. Durch die Stellenstreichung wird eine weitere zusätzliche Entlassung notwendig. Herr Gesch...

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