Entscheidungsstichwort (Thema)
Beweislast. Darlegungslast. Tatsachenvortrag, substantiierter. Darlegung und Anhörung des Betriebsrats
Leitsatz (redaktionell)
Soweit der Arbeitgeber im Prozess geltend macht, der Betriebsrat habe die maßgeblichen Kündigungsgründe bereits gekannt, darf er sich nicht mit pauschalem Sachvortrag begnügen. Er muss vielmehr darlegen, wann dem Betriebsratsvorsitzenden oder einer sonstigen Person, deren Wissen sich der Betriebsrat zurechnen lassen muss, jeweils welche konkreten Sachverhalte mitgeteilt bzw. sonst bekannt geworden sind, die in ihrer Zusammenfassung die Kündigungsgründe bilden. Dem genügt der vom Arbeitgeber gemachte Sachvortrag „All diese Tatsachen sind dem Betriebsrat bereits bei Anhörung bekannt gewesen oder aber ihm von einer anderen – zu benennenden – Person im Zusammenhang mit der Anhörung mündlich mitgeteilt worden”, nicht.
Normenkette
BetrVG § 102
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 06.08.2004; Aktenzeichen 2 Ca 192/04) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 06.08.2004 – 2 Ca 192/04 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten (im Berufungsverfahren nur noch) darüber, ob eine außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung der Beklagten das Arbeitsverhältnis beendet hat, sowie darüber, ob der Kläger noch einen Zahlungsanspruch gegen die Beklagte hat.
Der am 14.08.1959 geborene, verheiratete Kläger ist seit dem 01.08.1975 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin in einem Arbeitsverhältnis beschäftigt, zuletzt als Vorstandsassistent und Prokurist. Die Verdienstabrechnung des Klägers vom Dezember 2003 weist ein steuerpflichtiges Bruttoentgelt von 5.829,26 EUR aus. Die Beklagte beschäftigt in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer.
Mit Schreiben vom 29.12.2003 hat die Beklagte gegenüber dem Kläger die außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit sofortiger Wirkung erklärt, vorsorglich die außerordentliche Kündigung mit Auslaufzeit zum Ende Juni 2004 und äußerst vorsorglich die fristgemäße Kündigung aus persönlichen und verhaltensbedingten Gründen zum Ende Juni 2004.
Hinsichtlich des Inhalts des Kündigungsschreibens wird auf Blatt 9 bis 11 der Akte Bezug genommen.
Dagegen richtet sich die am 19.01.2004 beim Arbeitsgericht Koblenz eingegangene Klage des Klägers.
Der Kläger hat vorgetragen,
der Betriebsrat sei nicht ordnungsgemäß angehört worden, schon deshalb seien die Kündigungen allesamt rechtsunwirksam. Am 29.12.2003 habe keine Betriebsratssitzung stattgefunden. Eine ordnungsgemäße und ausreichende Information des Betriebsrats sei nicht gegeben. Ein Kündigungsgrund bestehe zudem nicht. Entgegen dem Vortrag der Beklagten habe der Kläger keine Untreue begangen und den Vorstand bei einer Kreditvorlage nicht getäuscht. Die Kreditvorlage hinsichtlich der Firma X. sei von der Abteilung Marktfolge erarbeitet worden und der Kläger sei für die Umsetzung des Kredites nicht mehr zuständig gewesen. Die Auszahlung des Kredites sei nicht vom Kläger, sondern vom Vorstand W. veranlasst worden. Ein Schaden sei nicht eingetreten, da der Kunde den Kredit pünktlich bediene.
Hinsichtlich des Kredits T. habe er entgegen dem Vortrag der Beklagten eine zutreffende Bewertung nach den Bewertungsrichtlinien der V. abgegeben, zusammen mit Frau U.. Die Bewertung sei erst abgegeben worden, als der Kredit schon ausgegeben gewesen sei. Ein Schaden sei auch in diesem Fall nicht entstanden.
Ihm stehe desweiteren für Januar 2004 die Bruttovergütung in Höhe von 5.829,26 EUR aus Annahmeverzug zu.
Der Kläger hat, soweit für das Berufungsverfahren von Belang, beantragt,
- Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die außerordentliche, noch durch die hilfsweise erklärte ordentliche Kündigung vom 29.12.2003, zugegangen am 29.12.2003 aufgelöst worden ist.
- Die Beklagte wird verurteilt 5.829,26 Euro nebst 5% Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an den Kläger zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen,
der Betriebsrat sei am Montag, den 29.12.2003 in der Zeit von 11.30 Uhr bis 12.30 Uhr ordnungsgemäß angehört worden und habe seine Zustimmung zur Kündigung erteilt. Erst danach sei das Kündigungsschreiben am 29.12.2003 um 14.42 Uhr dem Kläger überreicht worden.
Die außerordentliche Kündigung sei gerechtfertigt, da der Kläger Untreue zum Nachteil der Beklagten begangen habe. Der Kläger sei für die Bearbeitung des Kredites der Firma X. zuständig gewesen und habe eine Kreditvorlage erstellt und außerdem bei einer Kreditbesprechung am 15.07.2004 derartige Angaben gemacht, dass letztlich vom Vorstand der Kredit der Firma X. bewilligt worden sei. Die Bewilligung sei erfolgt mit einer Auflage der Bestellung einer weiteren Sicherheit durch Grundschulden; von dieser Auflage sei der Kläger in Kenntnis gesetzt worden. Zur weiteren Darstellung der Auffassung der Beklagten wird zur Vermeidun...