Entscheidungsstichwort (Thema)
Persönlichkeitsrecht. Schmerzensgeld. Widerruf. Schmerzensgeld wegen diskreditierender Äusserungen gegenüber einem Folge-Arbeitgeber
Leitsatz (redaktionell)
Bezichtigt der frühere Arbeitgeber den Arbeitnehmer gegenüber einem Folgearbeitgeber des rechtswidrigen Verhaltens und verbindet dies mit einer pauschalen, herabsetzenden Wertung dahingehend, dass dessen Niveau nicht zumutbar sei, hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Schmerzensgeld.
Normenkette
BGB §§ 1004, 253; GG Art. 2, 2 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 27.08.2010; Aktenzeichen 3 Ca 1394/09) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 27.08.2010, Az.: 3 Ca 1394/09 teilweise abgeändert und die Klage abgewiesen, soweit die Beklagte gemäß Ziffer 1 des Tenors des angefochtenen Urteils zum schriftlichen Widerruf einer Behauptung verurteilt wurde.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 80% und die Beklagte zu 20%.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch darüber, ob die Beklagte zum Widerruf eine Behauptung und zur Zahlung von Schmerzensgeld nebst Zinsen an die Klägerin verpflichtet ist.
Die Klägerin war bei der Firma Z GmbH als Arbeitnehmerin beschäftigt. Bei dieser Firma ist die Beklagte als Prokuristin tätig. Sie war für Personalfragen zuständig und Vorgesetzte der Klägerin. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit der Firma Z GmbH wurde die Klägerin von der Firma Y Ingenieur-und IT-Dienstleistung GmbH eingestellt. Personalleiterin dort ist die erstinstanzlich vernommene Zeugin X. Diese wurde von der Beklagten am 10.12.2008 wegen einer geschäftlichen Frage angerufen. In diesem Zusammenhang kam das Gespräch auch auf die Klägerin. Nach den Feststellungen des Arbeitsgerichts hat die Beklagte in diesem Telefonat sinngemäß geäußert, sie könne vor der Klägerin nur warnen. Seit dem Weggang der Klägerin würde sie einige Dinge in ihrem Büro vermissen. Die Zeugin habe das Niveau der Klägerin nicht verdient.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des unstreitigen Sachverhalts sowie des streitigen Vorbringens der Parteien 1. Instanz wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG im Übrigen Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 27.08.2010, Az.: 3 Ca 1394/09.
Soweit für das Berufungsverfahren von Interesse, hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, ihre gegenüber Frau X im Telefonat vom 10.12.2008 aufgestellte Behauptung, sie würde seit dem Weggang von Frau C. einiges vermissen, schriftlich gegenüber Frau X zu widerrufen. Ferner hat das Arbeitsgericht die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 300,00 EUR nebst Zinsen zu zahlen.
Zur Begründung hat das Arbeitsgericht – zusammengefasst – ausgeführt:
Die Beklagte sei zum Widerruf ihrer Behauptung verpflichtet. Eine derartige Äußerung wirke begleitend fort und könne Rechtsverhältnisse aus dem Umfeld der Klägerin berühren. Die Beklagte habe der Klägerin mit den anlässlich des Telefonats getätigten Äußerungen mittelbar vorgehalten, bei ihrer früheren Arbeitgeberin gestohlen zu haben. Diese Aussage sei zielgerichtet zum Nachteil der Klägerin erfolgt.
Im Hinblick auf diese durch die Zeugin bestätigte Äußerungen sei die Beklagte auch zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 300,00 EUR verpflichtet. Es handele sich um eine schwerwiegende Beeinträchtigung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts und stelle eine beleidigende Herabwürdigung der Person der Klägerin dar. Dies rechtfertige ein Schmerzensgeld in der zugesprochenen Höhe.
Das genannte Urteil ist der Beklagten am 03.12.2010 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 03. Januar 2011 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese innerhalb der mit Beschluss vom 05.02.2011 bis zum 03.03.2011 verlängerten Berufungsbegründungsfrist mit Schriftsatz vom 03.03.2011, beim Landesarbeitsgericht am gleichen Tag eingegangen, begründet.
Nach Maßgabe des genannten Schriftsatzes, auf den ergänzend Bezug genommen wird (Bl. 219 ff. d.A.), macht die Beklagte zur Begründung ihrer Berufung im Wesentlichen geltend:
Ein Anspruch auf Widerruf der Behauptung, sie würde seit dem Weggang der Klägerin einiges Vermissen, scheide aus. Es handele sich um Werturteile. Aus der Aussage der erstinstanzlichen vernommenen Zeugin ergebe sich keine mittelbare Aussage dahingehend, die Klägerin würde stehlen. Sie – die Beklagte – habe in dem Telefonat offen gelassen, ob die Klägerin Verursacherin des Fehlens von Gegenständen sei oder nicht. Die Äußerung, dass man vor der Klägerin nur warnen könne, habe in Zusammenhang mit der Tatsache gestanden, das die Klägerin bei einer Firma W Hausverbot erhalten habe. Ein solches aber werde nicht ohne Grund erteilt, sondern habe seine Grundlage grundsätzlich in einer Verfehlung. Der objektive Tatbestand einer Beleidigung sei nicht erfüllt. Aus den genannten Gründen scheide auch ein Anspruch...