Entscheidungsstichwort (Thema)
Sonderzahlung. Ausschlussfrist. einzelvertragliche. Verwirkung
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine dreimonatige Frist für die vorgerichtliche Geltendmachung von Entgeltansprüchen in einem vorformulierten Arbeitsvertrag hält dem Maßstab des § 307 BGB noch stand, sofern sie sich auf solche Ansprüche bezieht, deren Entstehung und Höhe für den Arbeitnehmer leicht zu überblicken sind.
2. Eine wegen zu kurzer Frist unwirksame zweite Stufe der Ausschlussfrist für die gerichtliche Geltendmachung wirkt sich nicht auf die wirksame erste Stufe der Ausschlussfrist aus.
Normenkette
BGB §§ 242, 305, 307, 309-310
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 12.03.2004; Aktenzeichen 1 Ca 4920/03) |
Tenor
I.Auf die Berufung des Beklagten wird dasUrteil des ArbG Koblenz vom12.03.2004 – 1 Ca 4920/03 – teilweise, nämlich in der Kostenentscheidung sowie hinsichtlich der Entscheidung über die Zahlungsanträge, wie folgt abgeändert (– wobei die Ziffer 1. des Urteilstenors vom 12.03.2004 – 1 Ca 4920/03 – unverändert bleibt):
- Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 150,00 brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils EUR 50,00 seit dem 01.11.2003, 01.12.2003 sowie 01.01.2004 zu zahlen.
- Im Übrigen wird die weitergehende Zahlungsklage abgewiesen.
II.Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
III.
- Die erstinstanzlichen Kosten des Rechtsstreites fallen dem Kläger zu 1/5 und dem Beklagten zu 4/5 zur Last.
- Die Kosten des Berufungsverfahrens haben der Kläger zu 93,5 % und der Beklagte zu 6,5 % zu tragen.
IV. Die Revision wird (für den Kläger) zugelassen, soweit die Zahlungsklage abgewiesen wurde; im Übrigen wird die Revision nicht zugelassen.
V. Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf EUR 2.350,00 festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Berufungsverfahren (noch) über eine Sonderzahlung sowie über eine Gehaltserhöhung.
Der Kläger ist bei dem Beklagten seit dem 01.11.1999 als Lehrkraft beschäftigt. Die Parteien haben den Arbeitsvertrag vom 12.09.2001 (Bl. 40 ff. d.A.) abgeschlossen, wonach die regelmäßige Arbeitszeit des Klägers 38,5 Stunden wöchentlich beträgt. Gemäß der Zusatzvereinbarung (– zum Arbeitsvertrag vom 12.09.2001 –) vom 04.03.2002 (Bl. 44 d.A.) belief sich die monatliche Bruttovergütung des Klägers ab dem 01.02.2002 auf EUR 2.658,72 (vgl. dazu auch die Gehaltsabrechnung für November 2003, Bl. 45 d.A.). Mit dem Rundschreiben Nr. 22/2002 vom 15.11.2002 „Sonderzahlung 2002, Lohnerhöhung …”, Bl. 17 d.A.) wandte sich der Beklagte u.a. wie folgt an die Mitarbeiter:
„… W. ist auch in diesem Jahr möglich, eine Sonderzahlung durchzuführen … Der Grundbetrag für eine Vollzeitstelle bei einer 12-monatigen Tätigkeit … beträgt EUR 1.750,00 …
… hat der Vorstand entschieden, zum 01.01.2003 eine Lohnerhöhung in Höhe von EUR 50,00 für eine Vollzeitstelle zu gewähren…”.
In der Folgezeit hat der Beklagte dem Kläger weder die Sonderzahlung für das Jahr 2002 gewährt, noch die Gehaltserhöhung gezahlt (– vgl. dazu das Schreiben des Beklagten vom 30.01.2003, Bl. 60 d.A., in dem es heißt:
„… aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen Lage ist die im Rundschreiben 22/2002 vom 15.11.2002 angekündigte Gehaltserhöhung ab dem 01.01.2003 nicht möglich. Ich bitte Sie um Ihr Verständnis…”).
In dem ursprünglichen Arbeitsvertrag der Parteien vom 28.09.1999 (Bl. 7 bis 9 d.A.) hieß es in § 13 – Verwirkung von Ansprüchen –:
„Der Arbeitnehmer muss Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis innerhalb von drei Monaten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses schriftlich geltend machen. Andernfalls sind sie verwirkt”.
In dem Arbeitsvertrag der Parteien vom 12.09.2001 heißt es nunmehr (s. Bl. 42 d.A.):
„§ 14 – Verfallfristen –:
Alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, sind von den Vertragsschließenden binnen einer Frist von drei Monaten seit ihrer Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und im Falle der Ablehnung innerhalb einer Frist von zwei Monaten, im Falle des Schweigens auf die Geltendmachung innerhalb einer Frist von drei Monaten einzuklagen”.
Mit der Klageschrift vom 09.12.2003, die dem Beklagten am 22.12.2003 zugestellt wurde, klagte der Kläger die Sonderzahlung 2002 in Höhe von EUR 1.750,00 nebst Zinsen ein. Mit dem Schriftsatz vom 30.12.2003, der dem Beklagten am 07.01.2004 zugestellt wurde, klagte der Kläger sodann noch die Gehaltserhöhung für das Jahr 2003 ein (= EUR 50,00 × 12 = EUR 600,00 brutto).
Zur näheren Darstellung (insbesondere) des (erstinstanzlichen) Sach- und Streitstandes im Übrigen wird – soweit von den vorstehenden Feststellungen nicht abweichend – gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Bezug genommen auf den Tatbestand des Urteils des ArbG Koblenz vom 12.03.2004 – 1 Ca 4920/03 – (dort S. 3 ff. = Bl. 96 ff. d.A.). Das Arbeitsgericht hat – soweit für das vorliegende Berufungsverfahren von Interesse – den Beklagten verurteilt, an den Kläger EUR 1.750,00 brutto und EUR 600,00 brutto jeweils nebst Zinsen zu zahlen.
Gegen das ihm am 10.05.2004 zugestellte Urteil vom 12.03.2004 – 1 Ca 4920/0...