Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitszeit. Erhöhung, befristete. Inhaltskontrolle. Kurzarbeit. Befristete Erhöhung der Arbeitszeit. Inhaltskontrolle gemäß § 307 BGB

 

Leitsatz (amtlich)

Die Befristung einer Arbeitszeiterhöhung unterliegt, wenn sie in einem Formular-Arbeitsvertrag vereinbart wird, der Inhaltskontrolle gemäß den §§ 307 ff. BGB. Eine derartige Befristung ist unwirksam, wenn der Arbeitnehmer durch sie entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt wird.

 

Normenkette

BGB § 307; TzBfG § 14

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 16.06.2009; Aktenzeichen 3 Ca 2376/08)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 16. Juni 2009, Az: 3 Ca 2376/08, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darüber, ob das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien über den 31. März 2009 hinaus mit einer regelmäßigen durchschnittlichen wöchentlichen Arbeitszeit von 37,5 Stunden unbefristet fortbesteht.

Die Beklagte ist ein Zulieferer für die Automobilindustrie, die Teile fertigt, die im Just-in-time-Verfahren an große Automobilhersteller geliefert werden. Bei dieser ist der am 14. November 1972 geborene, verheiratete Kläger seit dem 02. Juni 2003 als Betriebselektriker beschäftigt. Bis zum 30. November 2003 war er aufgrund des befristeten Arbeitsvertrags 20. Mai 2003 (Bl. 28 ff. d. A.) befristet in Vollzeit tätig. Es folgten daran anschließend Vollzeitbeschäftigungen in der Zeit vom 01. Dezember 2003 bis zum 30. November 2004 sowie aufgrund Vertrags vom 15. November 2004 (Bl. 27 d. A.) bis zum 01. Juni 2005 und aufgrund eines „zweckbefristeten Arbeitsvertrags” vom 30. Mai 2005 (Bl. 21 ff. d. A.) bis zum 23. Dezember 2005. Unter dem 06. Dezember 2005 schlossen die Parteien einen Arbeitsvertrag (Bl. 15 ff. d. A.), dessen § 1 Abs. 1 lautet:

„Der Mitarbeiter tritt zu, 24.12.2005 als Betriebselektriker unter Ablösung seines Arbeitsvertrags vom 30.05.2005 in die Dienste der Firma. Die Dienstzeit rechnet ab dem 02.06.2003.”

In § 2 Abs. 2 dieses Arbeitsvertrags ist geregelt:

„Ab 01.07.2006 wird das Beschäftigungsverhältnis auf Teilzeitbasis mit einer wöchentlichen Regelarbeitszeit von 30 Stunden fortgesetzt.”

Mit Anlagen zum Teilzeit-Festvertrag vom 06. Juni 2006 (Bl. 12 d. A.), 15. November 2006 (Bl. 13 d.A.) und 06. November 2007 (Bl. 14 d. A.) wurde die Arbeitszeit von 37,5 Std./Woche wie bisher bis zum 31. Dezember 2007 und 31. Dezember 2008 beibehalten. In diesem Schreiben heißt es jeweils einleitend:

„Sehr geehrter Herr H.,

aufgrund erhöhter Lieferabrufe unserer anspruchsvollen Kunden müssen wir im Jahr 2006 abweichend von Ihren Teilzeit-Festvertrag die Arbeitszeit von 37,5 Std./Woche wie bisher beibehalten. Dieser Regelung gilt weiterhin vom …”

Wegen des Inhalts dieser Vereinbarungen im Übrigen wird auf Bl. 12 ff. d. A. Bezug genommen.

Der Kläger erzielte zuletzt ein Bruttomonatsentgelt in Höhe von 2.434,– EUR.

Zum 01. September 2008 stellte die Beklagte mit Arbeitsvertrag vom 09. Juli 2008 Herrn F., unbefristet ein. Auf die vorangegangene interne Ausschreibung der Vollzeitstelle des Elektrikers im Schichtbetrieb bewarb sich der Kläger nicht.

In einer Sonderausgabe der Mitarbeiterinformation „intern” vom 3. November 2008 informierte die Beklagte ihre Mitarbeiter über die „heutige Auftragslage – Maßnahmen – Ausblick 2009”. Wegen des Inhalts dieser Information wird auf ihre Kopie (Bl. 114 f. d. A.) Bezug genommen.

Ende 2008 wurde dem Kläger – wie auch weiteren 69 Arbeitnehmern – mit Schreiben der Beklagten vom 17. November 2008 ein Einsatz von 37,5 Stunden/Woche befristet für die Zeit vom 1. Januar bis 31. März 2009 und die Rückkehr zu 30 Stunden/Woche ab dem 1. April 2009 angeboten. Alternativ wurde dem Kläger angeboten, bereits ab dem 1. Januar 2009 (nur) 30 Stunden/Woche zu arbeiten. Im Schreiben der Beklagten vom 17. November 2008 (Bl. 10 f. d. A.) heißt es:

„Anlage zum Teilzeit-Festvertrag

Sehr geehrter Herr C.,

über die allgemeine Auftragslage und den Ausblick 2009 wurden Sie bereits über unsere Sonderausgabe zur Mitarbeiterinformation vom 3. November sowie in den derzeit laufenden Mitarbeiterveranstaltungen informiert. Im 4. Quartal hatten wir einen Umsatzrückgang von ca. 20 % und rechnen auch für das erste Halbjahr 2009 mit Umsatzreduzierungen in dieser Größenordnung (25 % bis 30 %). Per heute kann jedoch niemand die weitere Entwicklung bei den verschiedenen Fahrzeugen mit der notwendigen Planungssicherheit vorhersagen. Wir sind in einigen Fahrzeugmodellen vertreten, die in den kommenden Wochen neu anlaufen, und deren Abrufe auch etwas Hoffnung machen. Unser Betriebsrat hat sich sehr stark dafür eingesetzt, in dieser unsicheren Zeit für Unternehmen und Mitarbeiter nicht zwingend auf die Einhaltung der 30-Std.-Arbeitsverträge zu bestehen. Diesen Argumenten haben wir Rechnung getragen und uns entschlossen, Ihnen nochmals einen Einsatz von 37,5 Stunden pro Woche für den Zeitraum bis zum 31. März 2009 anzubieten.

Bitte ...

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