Entscheidungsstichwort (Thema)

Abrufarbeitsverhältnis. Arbeitsverhältnis, kurzfristiges. Beschäftigung, wiederkehrende kurzfristige. Eintagesarbeitsverhältnis. Rettungsassistent. Rettungssanitäter. Häufig wiederkehrende kurzfristige Beschäftigung von Rettungssanitätern und Rettungsassistenten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Eine häufig wiederkehrende kurzfristige Beschäftigung kann vertraglich als unbefristetes Teilzeitarbeitsverhältnis, gegebenenfalls als Abrufarbeitsverhältnis gemäß § 12 TzBfG konstruiert oder als kurzfristige, nicht zusammenhängende befristete Arbeitsverträge, nicht selten als Rahmenvereinbarung ausgestaltet sein.

2. Entscheidend für die Abgrenzung ist unter anderem, ob dem Arbeitgeber über den einzelnen vereinbarten Einsatz hinaus von den Vertragsparteien das Recht eingeräumt worden ist, durch Ausübung eines Leistungsbestimmungsrechts die konkrete Leistungspflicht des Arbeitnehmers herbeizuführen.

 

Normenkette

BGB § 611 Abs. 1; TzBfG §§ 12, 17

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 17.09.2009; Aktenzeichen 2 Ca 835/09)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 17. September 2009, Az. 2 Ca 835/09, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Frage, ob zwischen ihnen ein ungekündigtes, unbefristetes Arbeitsverhältnis besteht sowie über einen Anspruch der Klägerin auf Annahmeverzugslohn bzw. auf Vergütung wegen eines Verstoßes der Beklagten gegen das Maßregelungsverbot.

Die am 13. Februar 1977 geborene Klägerin war neben ihrem Studium seit 2002 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger als Rettungsassistentin tätig. Sie war auf der Rettungswache K. eingesetzt.

Ein schriftlicher (Arbeits-)Vertrag wurde zwischen den Parteien nicht geschlossen.

Die Gestaltung der Dienste erfolgte nach folgendem, seit Jahrzehnten bei der Beklagten etabliertem Prinzip:

Die Klägerin und die etwa 200 anderen nicht vollzeitbeschäftigten Rettungsassistenten bzw. -sanitäter konnten sich – nach der Eintragung der Vollzeitbeschäftigten in den Jahresdienstplan – auf die noch 20 – 30 % offenen Dienste bei den Wachenleitern „bewerben”. Im Monat vorher trugen sie im PC der Rettungswache ein oder teilten dem Wachenleiter fernmündlich mit, an welchen Tagen/Nächten des folgenden Monats sie theoretisch Dienste leisten könnten. Aus den so angegebenen Diensten wählte der Wachenleiter aus und teilte kurz vor Beginn des nächsten Monats mit, ob und wenn ja welche und wie viele Dienste der jeweilige Rettungsassistent bzw. -sanitäter bekommen habe.

Darüber hinaus bestand seitens der Beklagten die Möglichkeit bei zum Beispiel krankheitsbedingtem Ausfall eines Vollzeitbeschäftigten die Klägerin oder andere Rettungsassistenten bzw. -sanitäter äußerst kurzfristig (ein Tag oder nur wenige Stunden vorher) anzurufen und zu ihrer Bereitschaft, den Dienst abzuleisten, zu befragen. Zur Übernahme eines solchen Dienstes bestand keine Verpflichtung, es war aber immer einen Geben und Nehmen zwischen den nicht in Vollzeit tätigen Rettungsassistenten und -sanitätern und dem Wachenleiter. Die nicht in Vollzeit tätigen Rettungsassistenten und -sanitäter „konkurrierten” untereinander um Dienste.

Während der übernommenen Dienste war die Klägerin in den Betrieb der jeweiligen Rettungswache eingegliedert, welches beinhaltete, dass die zur Durchführung der Einsatzfahrten sowie der einsatz- bzw. schichtbezogenen Nebenarbeiten (Fahrzeugcheck, Wiederherstellen der Einsatzbereitschaft, Dokumentation der durchgeführten Einsätze) im Betrieb der Beklagten bzw. der jeweiligen Rettungswache für das hauptamtliche Personal geltenden Regelungen auch von ihr zu beachten waren.

Die Klägerin ist seit Juni 2008 Mitglied von ver.di mit der Folge einer Tarifbindung ab Juli 2008.

Der ABC-Reformtarifvertrag enthält in seiner Anlage 5 folgende „Sonderregelungen für geringfügig Beschäftigte”:

Ӥ 1 Geltungsbereich

Für geringfügig beschäftigte Mitarbeiter i. S. d. § 8 Abs. 1 SGB IV gelten die Arbeitsbedingungen nach diesem Tarifvertrag, soweit in dieser Sonderregelung nichts anderes bestimmt ist.

§ 2 Arbeitszeit

Die Arbeitszeit wird zwischen den Arbeitsvertragsparteien so festgelegt, dass die für geringfügig Beschäftigte gem. § 8 Abs. 1 Nr. 1 geltende Höchstgrenze für das monatliche Einkommen nicht überschritten wird. Die Arbeitszeit wird unter Berücksichtigung der gesetzlichen und/oder tariflichen Änderungen angepasst.

§ 3 Vergütung

I) Abweichend von § 18 erhält der geringfügig Beschäftigte eine Stundenvergütung nach Maßgabe der folgenden Entgelttabelle:

I.

Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die keine oder nur geringe Fachkenntnisse erfordern

EUR 6,75,

II.

Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die fachliche Kenntnisse erfordern

EUR 7,50,

III.

Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die fachliche Kenntnisse und eine Einarbeitung erfordern

EUR 8,00,

IV.

Mitarbeiter mit Tätigkeiten, die eine abgeschlossene Ausbildung erfordern

8,50.

II) Der Arbeitgeber trägt die pauschale Lohnsteuer (einschließlich Kirchen...

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