Entscheidungsstichwort (Thema)
Schadensersatzpflicht des Arbeitnehmers bei sechsunddreißig Betrugsfällen. Keine Aufnahme einer Gesamtschuldnerschaft ins Urteil bei nur einem Beklagten
Leitsatz (redaktionell)
Liegen 36 Fälle des Betruges vor, dann ist auch von Schädigungsabsicht auszugehen und der Arbeitnehmer hat Schadensersatz zu leisten.
Hat er einen Helfer, so haftet dieser gesamtschuldnerisch, wenn er bei den Taten aktiv fördernd mitgewirkt hat. Ist nur ein Schuldner verklagt, muss im Urteil keine Gesamtschuldnerschaft festgestellt werden.
Normenkette
BGB § 823 Abs. 1-2, § 830; StGB §§ 263, 266 Abs. 1, § 27; BGB § 421
Verfahrensgang
ArbG Trier (Entscheidung vom 14.03.2018; Aktenzeichen 4 Ca 1108/17) |
Nachgehend
Tenor
- Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 14. März 2018, Az. 4 Ca 1108/17, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten zweitinstanzlich auf die Widerklage noch darüber, ob die Klägerin der Beklagten zum Schadensersatz iHv. € 101.372,73 verpflichtet ist.
Die 1982 geborene Klägerin war seit 01.01.2011 bei der Beklagten, einem Handwerksbetrieb für Heizung und Sanitär, als kaufmännische Angestellte zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt € 4.500,00 beschäftigt. Die Beklagte wird in der Rechtsform einer GmbH & Co. KG geführt. Der inzwischen geschiedene Ehemann der Klägerin (E. G.) war bis August 2017 einer von drei Kommanditisten der Beklagten und einer von drei einzelvertretungsberechtigten Geschäftsführern der Komplementär-GmbH. Ein Kommanditist der Beklagten (N. L.) ist außerdem Geschäftsführer der L. Gesellschaft R.-L. S. (im Folgenden S.), die vorträgt, dass sie sämtliche Ansprüche gegen die Klägerin an die Beklagte abgetreten habe, was die Klägerin bestreitet.
Der Klägerin oblag die Durchführung der Finanz- und Lohnbuchhaltung der Beklagten sowie die Vorbereitung der Buchhaltung der S.. Zahlungsbefugnisse und Bankvollmachten hatte die Klägerin nicht. Zahlungen und Überweisungen wurden von den drei Geschäftsführern der Komplementär-GmbH (ua. dem Ehemann der Klägerin) veranlasst und von diesen durchgeführt. Die Klägerin erledigte die Buchhaltungsvorgänge auf Anweisung der Geschäftsführung.
Neben ihrem Arbeitsverhältnis für die Beklagte betrieb die Klägerin in der T. Innenstadt ein Porzellan- und Haushaltswarengeschäft (X.-Store). Dort beschäftigte sie Angestellte.
Im Berufungsrechtszug legte die Klägerin erstmals mit Schriftsatz vom 31.10.2018 einen schriftlichen Arbeitsvertrag mit Datum vom 22.12.2010 vor. Dieser Vertrag ist von der Klägerin und auf Arbeitgeberseite von ihrem Ehemann unterzeichnet. Der Vertrag enthält ua. folgende Klausel:
"§ 13 Verfallfristen
Alle Ansprüche, die sich aus dem Arbeitsverhältnis ergeben, sind binnen einer Ausschlussfrist von zwei Monaten nach Fälligkeit schriftlich geltend zu machen und im Fall der Ablehnung durch die Gegenpartei binnen einer Ausschlussfrist von einem Monat einzuklagen."
Mitte August 2017 stellten die anderen Kommanditisten fest, dass der Ehemann der Klägerin in einer Vielzahl von Fällen private Rechnungen und Verbindlichkeiten mit Firmengeldern der Beklagten und der S. beglichen hatte, indem er fiktive Rechnungen von Lieferanten der Beklagten bzw. der S. unter Angabe fiktiver Rechnungsnummern mittels Überweisung von Geschäftskonten der Beklagten und der S. bezahlt, die jeweiligen Rechnungsbeträge jedoch auf sein Konto bzw. Konten seiner Gläubiger überwiesen hatte. Sie stellten gleichzeitig fest, dass die Überweisungen von der Klägerin gebucht worden waren. Wegen dieser Feststellungen führten sie am 22.08.2017 mit der Klägerin und ihrem Ehemann ein Gespräch, an dem auf seiten der Beklagten auch der Steuerberater und die Vertreterin des Arbeitgeberverbands teilnahmen. Der Ehemann der Klägerin räumte ein, private Verbindlichkeiten in Höhe von rund € 230.000,00 mit Firmengeldern beglichen zu haben. Er erklärte sich mit dem Abschluss eines sofortigen Aufhebungsvertrages sowie der Abgabe eines notariellen Schuldanerkenntnisses einverstanden.
Auf Vorhalt räumte die Klägerin am 22.08.2017 ein, dass sie Überweisungen zu Lasten der Beklagten und zu Gunsten ihres Ehemannes gebucht habe, hierzu aber von ihrem Ehemann unter Androhung körperlicher Gewalt gezwungen worden zu sein. Sie habe sich selbst aber zu keinem Zeitpunkt bereichert. Im Anschluss an dieses Gespräch kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis mit der Klägerin, nicht wie geplant - fristlos, sondern mit Schreiben vom 22.08. ordentlich zum 31.10.2017 aus "betriebsbedingten" Gründen. Außerdem schloss sie mit der Klägerin eine Abwicklungsvereinbarung. Diese Vereinbarung focht die Klägerin mit Anwaltsschreiben vom 25.08.2017 an. In der Anfechtungserklärung heißt es ua.:
"Unsere Mandantin wurde in unzulässiger Weise unter Druck gesetzt. Ihr wurden eine verhaltensbedingte außerordentliche Kündigung und eine Strafanzeige angekündigt.
Wir wollen die Vorgänge derze...