Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufungsbegründungsfrist. Fristende. Handakte. Überprüfung. Verschulden. Wiedereinsetzung. Wiedereinsetzungsantrag wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist. Pflicht des Prozessbevollmächtigten zur eigenverantwortlichen Überprüfung des vermerkten Fristablaufs

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein Prozessbevollmächtigter hat die Pflicht zur eigenverantwortlichen Prüfung, ob das Fristende richtig ermittelt und eingetragen worden ist, wenn ihm die Akte zur Durchführung einer fristgebundenen Prozesshandlung vorgelegt wird. Wenn dem Rechtsanwalt die Handakten zur Anfertigung der Berufungsschrift vorgelegt werden, muss er auch prüfen, ob die Berufungsbegründungsfrist richtig notiert ist.

 

Normenkette

ZPO §§ 233, 85 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 16.03.2011; Aktenzeichen 3 Ca 1247/10)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 16.03.2011 – 3 Ca 1247/10 – wird – unter Zurückweisung des Wiedereinsetzungsantrags – kostenpflichtig als unzulässig verworfen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger verfolgt im Berufungsverfahren sein Feststellungsbegehren, dass er als Maschinen- und Anlagenführer in der Abteilung Extrusion im Drei-Schicht-Betrieb weiterbeschäftigt wird (Antrag zu 1.), und den geltend gemachten Differenzvergütungsanspruch für die Monate April bis Juli 2010 in Höhe von 1.144,83 EUR (Antrag zu 2.) weiter.

Er hat erstinstanzlich beantragt,

festzustellen, dass er als Maschinen- und Anlagenführer in der Abteilung Extrusion im Drei-Schicht-Betrieb weiterbeschäftigt wird,

festzustellen, dass die am 19. Januar 2010 erteilte Anweisung an ihn, nicht mehr im Zwei-Schicht-Betrieb zu arbeiten, unzulässig ist,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn rückständigen Lohn in Höhe von 1.144,83 EUR zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Mit seinem am 16. März 2011 verkündeten Urteil (Az.: 3 Ca 1247/10) hat das Arbeitsgericht Ludwigshafen am Rhein der Klage in Bezug auf den Feststellungsantrag zu 2. stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Hinsichtlich der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils (Seiten 9 bis 14 = Bl. 207 bis 212 d. A.) verwiesen.

Das am 16. März 2011 verkündete Urteil des Arbeitsgerichts ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 14. April 2011 zugestellt worden.

Der Kläger hat gegen dieses Urteil mit Schriftsatz vom 16. Mai 2011, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag (Montag, 16. Mai 2011) per Telefax eingegangen, Berufung eingelegt. Mit Schriftsatz vom 08. Juni 2011, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 15. Juni 2011 (Mittwoch) eingegangen, hat der Kläger die eingelegte Berufung begründet.

Nach Hinweis auf die Versäumung der Berufungsbegründungsfrist hat der Kläger mit Schriftsatz vom 21. Juni 2011, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand beantragt.

Zur Begründung des Wiedereinsetzungsantrages trägt der Kläger vor, der verspätete Eingang der Berufungsbegründung sei aufgrund eines Büroversehens bei seinem Prozessbevollmächtigten erfolgt. Die in der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten tätige Rechtsanwaltsfachangestellte, Frau Sch., habe die Fristen auf dem vorgelegten „Übersendungszettel des Gerichts” (Bl. 280 d. A.) notiert und dabei die Frist für die Berufungsbegründung fehlerhaft auf den 15. Juni 2011 notiert. Die Akte sei seinem Prozessbevollmächtigten zur Überprüfung der Formalien des Urteils und schließlich zur Einlegung der Berufung vorgelegt worden. In beiden Fällen sei seinem Prozessbevollmächtigten die fehlerhaft erfasste Frist nicht aufgefallen. Die Berufungsbegründung sei im Hinblick auf das Datum vom 08. Juni 2011 offensichtlich bereits im Vorfeld, also vor der Vorfrist von seinem Prozessbevollmächtigten diktiert und auch entsprechend geschrieben worden. Zu einer Fristüberprüfung der Fristeintragung des „15. Juni 2011” wäre es nach Vorlage der Vorfrist gekommen. Allerdings habe sich sein Prozessbevollmächtigter bis einschließlich zum 14. Juni 2011 auf einem Ausflug über das verlängerte Wochenende befunden. Dieser habe die Kanzlei am Donnerstagnachmittag nach dem letzten Termin um 16.00 Uhr verlassen und sei am 14. Juni 2011 gelandet, um einen Termin am Arbeitsgericht in Ludwigshafen um 11.00 Uhr und sodann einen Termin am Amtsgericht in Frankenthal um 14.00 Uhr wahrzunehmen. Im Übrigen habe dieser am Abend noch einen privaten Termin gehabt, weswegen er an jenem Tag nicht im Büro gewesen sei. Die Akte sie dementsprechend seinem Prozessbevollmächtigten erst am vorgeblichen Fristablauf, dem 15. Juni 2011, abermals vorgelegt worden. Aufgrund der Urlaubsabwesenheit seines Prozessbevollmächtigten sei eine Überprüfung der Rechtzeitigkeit des Rechtsmittels nicht mehr möglich gewesen. Wegen der weiteren Einzelheiten der Begründung des Wiedereinsetzungsantrages wird auf den Schriftsatz des Klägers vom 21. Juni 2011 (Bl. 269 bis 271 d. A.) nebst Anl...

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