Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungskündigung

 

Leitsatz (amtlich)

Eine Änderungskündigung, die ein Angebot enthält, das hinter den maßgeblichen Tarifvertragsbedingungen zurückbleibt, stellt sich bei Nichtannahme des Angebotes nicht als Maßregelung i.S.d.. § 612a BGB dar, weil vor deren Ausspruch noch kein Verhalten des Arbeitnehmers vorliegt, das der Arbeitgeber maßregeln könnte. Die nach Nichtannahme des Angebotes gegebene Beendigungskündigung stellt auch keine untersagte Maßregelung dar, weil die bisherige Änderungskündigung aufgrund der Regelung in § 2 KSchG als Beendigungskündigung zu behandeln ist und das Festhalten des Arbeitgebers an den nunmehrigen Beendigungskündigung nicht als eine Maßregel zu werten ist. Dies folgt daraus, daß die Beendigungskündigung bereits mit dem Angebot als Änderungskündigung erklärt war. Ein Verstoß nach § 4 TVG läßt die ausgesprochene Änderungskündigung auch nicht insgesamt unwirksam werden; der Verstoß steht nämlich allein in dem neben der unbedingt und ohne Vorbehalt erklärten Beendigungskündigung unterbreiteten Angebot. Die etwaige Unwirksamkeit des Angebotes, das rechtlich selbständig neben der Kündigungserklärung steht, läßt die Kündigungserklärung unberührt. Die Kammer entnimmt diese Folge aus der Behandlung von Vereinbarungen, die einen tarifwidrigen Inhalt haben. Hier wird nämlich die tarifwidrige Privatabrede durch dei zwingenden Tarifnormen nur überlagert, ohne daß die Gesamtabrede unwirksam ist. Dies ist einleuchtend für den Fall, daß später etwa die Tarifbindung entfällt, was zur Folge hat, daß die früheren, damals tarifwidrigen Abmachungen nunmehr zum Inhalt des Vertrages werden. Gleiches muß auch für ein Angebot auf Abschluß eines solchen Antrages gelten.

 

Normenkette

KSchG § 4; TVG § 4; BGB § 612a

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 13.02.1997; Aktenzeichen 7 Ca 1253/96)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 10.02.1999; Aktenzeichen 2 AZR 422/98)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 13. Febr. 1997 – 7 Ca 1253/96 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision zum Bundesarbeitsgericht wird zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer schriftlichen Kündigung, welche die Beklagte mit Schreiben vom 28. März 1996, dem Kläger am 11. April 1996 ausgehändigt, in Form einer Änderungskündigung ausgesprochen hat.

Der Kläger begründete seine am 5. Juli 1996 beim Arbeitsgericht eingegangene Klage im wesentlichen damit, daß er das Angebot der Beklagten zur Änderung der Arbeitsbedingungen akzeptiert habe und außerdem, wenn er die Annahme nicht erklärt hätte, das Arbeitsverhältnis durch die ausgesprochene Kündigung deshalb nicht hätte aufgelöst werden können, weil das mit dieser Kündigung erklärte Arbeitgeberangebot ein Verstoß gegen § 4 TVG gewesen sei, weil das Arbeitgeberangebot hinter dem Tarifvertrag für die Schmuck- und Metallwarenindustrie zurückgeblieben wäre. Dieser Tarifvertrag sei aufgrund seiner Mitgliedschaft in der Gewerkschaft IG Metall anwendbar.

Da die Kündigung also wegen Gesetzverstoßes unwirksam sei, sei er an die dreiwöchige Klagefrist des § 4 KSchG nicht gebunden. Aus der Unwirksamkeit der Kündigung folge die Verpflichtung der Beklagten, ihn mit 38,5 Arbeitsstunden pro Woche, verbunden mit einer Lohnerhöhung von 3 % weiterzubeschäftigen.

Der Kläger hat beantragt,

  1. festzustellen, daß das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die schriftliche Änderungskündigung der Beklagten vom 28. März 1996 nicht aufgelöst worden ist;
  2. die Beklagte zu verurteilen, ihn bei einer Arbeitszeit von 38,5 Stunden, verbunden mit einer Lohnerhöhung von 3 % weiterzubeschäftigen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie begründete diesen Antrag im wesentlichen damit, daß die Klage verspätet eingereicht sei, so daß die Kündigung sozial gerechtfertigt sei.

Unwirksamkeitsgründe seien nicht gegeben, weil ein Verstoß nach § 4 TVG in der erklärten Änderungskündigung die Wirksamkeit der Kündigung als solche nicht in Frage stelle, weil § 4 TVG nicht zu den Sondervorschriften führe, die auch nach Ablauf der dreiwöchigen Kündigungsschutzklagefrist angeführt werden könnten. § 4 TVG entfalte somit nur Bedeutung für den Inhalt eines Arbeitsvertrages, jedoch nicht für das entsprechende Angebot. Der Kläger habe sich zudem niemals mit der angebotenen Änderung einverstanden erklärt.

Das Arbeitsgericht hat Beweis durch Einvernahme der Zeuginnen C. und Z. (Bl. 66–71 d.A.) erhoben und sodann durch Urteil vom 13. Febr. 1997 die Klage abgewiesen.

Das Arbeitsgericht hat ausgeführt, daß aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme nicht davon auszugehen sei, daß der Kläger das Änderungsangebot der Beklagten angenommen hat. Ein Verstoß nach § 102 Abs. 1 BetrVG hat das Arbeitsgericht in III. der Gründe verneint.

Auch einen Verstoß nach § 612 a BGB hat das Arbeitsgericht mit der Begründung verneint, daß die Kündigung nicht als Maßnahme für zuvor ausgeübte Rechte des Klägers erklärt worden sei.

Ein Vers...

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