Entscheidungsstichwort (Thema)

Wirksamkeit einer verhaltensbedingten Kündigung wegen Verstoßes gegen Sicherheitsvorgaben

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein verhaltensbedingter Kündigungsgrund i.S. von § 1 Abs. 2 S. 1 KSchG liegt vor, wenn ein Arbeitnehmer trotz vorangegangener einschlägiger Abmahnung gegen die Sicherheitsvorgaben des Arbeitgebers verstoßen hat, indem er erneut den von ihm geführten Gabelstapler verlassen und gleichwohl entgegen der ihm bekannt gemachten Betriebsanweisung für Gabelstapler den Schlüssel nicht abgezogen, sondern stecken gelassen hat.

2. Die vom Arbeitgeber ausgesprochene ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses stellt sich als billigenswerte und angenehme Reaktion auf ein wiederholtes Fehlverhalten des Arbeitnehmers dar, wenn dieser die Sicherheitsvorgaben trotz mehrerer einschlägiger Abmahnungen fortgesetzt ignoriert hat und sein wiederholtes Fehlverhalten auf seine Unzuverlässigkeit schließen lässt.

 

Normenkette

KSchG § 1 Abs. 2 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Entscheidung vom 21.04.2016; Aktenzeichen 2 Ca 3545/15)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 21.04.2016 - 2 Ca 3545/15 - wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

  • II.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen verhaltensbedingten Kündigung.

Der 1972 geborene und einem Kind zum Unterhalt verpflichtete Kläger war bei der Beklagten seit 12. Mai 1992 als Betonarbeiter beschäftigt. Die Beklagte stellt in ihrem Betrieb in C-Stadt mit mehr als 100 Mitarbeitern Steine zur Veredelung von Flächen im Garten- und Landschaftsbereich her. Über das Werksgelände führt eine Verladestraße mit einem durch Poller und rotweißes Band abgetrennten Fußweg (Lichtbild B 3 = Bl. 78 d. A.). Dabei wird durch ein großes Schild (Lichtbild B 4 = Bl. 79 d. A.) darauf hingewiesen, dass im gesamten Werk das Tragen von Sicherheitsausstattung (Sicherheitsweste, Sicherheitsschuhe, Sicherheitshelm) Pflicht ist und Besucher die Fußwege benutzen. In der Betriebsanweisung "Persönliche Schutzausrüstung (PSA)", die an jeder Steinfertigungsanlage durch Aushang bekannt gemacht wird, ist u.a. festgelegt, dass das Tragen von Warnwesten in Verkehrs- und Lagerbereich Pflicht ist (Bl. 76 d. A.). Zudem wurde der Kläger über die Pflicht zum Tragen der Warnweste auch persönlich unterrichtet (Unterweisungsnachweis für den Kläger Bl. 77 d. A.). In der Betriebsanweisung für Gabelstapler (Bl. 80 d. A.), die an jeder Steinfertigungsanlage durch Aushang bekannt gemacht wird, ist im Rahmen der Schutzmaßnahmen und Verhaltensregeln u.a. Folgendes festgelegt: "Beim Abstellen des Staplers gilt: Gabel absenken, Feststellbremse betätigen, Schlüssel abziehen, Verkehrswege freihalten." Zudem wurde der Kläger auch insoweit persönlich unterrichtet (Unterweisungsnachweis für den Kläger Bl. 81 d. A.).

Mit Schreiben vom 24. Juni 2015 (Bl. 31 d. A.) erteilte die Beklagte dem Kläger eine Abmahnung wegen des ihm vorgeworfenen vorzeitigen Verlassens seines Arbeitsplatzes um 10:25 Uhr am 10. Juni 2015 ohne Abmeldung bei einem seiner Vorgesetzten.

Mit einem weiteren Schreiben vom 24. Juni 2015 (Bl. 32 d. A.) erteilte die Beklagte dem Kläger folgende Abmahnung:

"Abmahnung

Sehr geehrter Herr A.,

wir mussten feststellen, dass Sie Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt haben. Ihr im Folgenden geschildertes Verhalten veranlasst uns, Sie auf die ordnungsgemäße Erfüllung Ihrer arbeitsvertraglichen Pflichten hinzuweisen.

Am 10.06.2015 haben Sie um 10:25 Uhr den Sozialraum umgezogen verlassen und sind, ohne Ihre Warnweste zu tragen, zum Mitarbeiterparkplatz gelaufen. Außerdem haben Sie nicht den vorgeschriebenen Fußweg genutzt, sondern sind auf der Hauptverladestraße gegangen. Zeuge für diesen Vorfall waren der Technische Werkleiter, Herr C. B., und Ihr Meister, Herr J. T.

Dieses fahrlässige Verhalten stellt einen groben Verstoß gegen die bestehenden Sicherheitsbestimmungen dar. Wir mahnen Sie hiermit ab und fordern Sie ausdrücklich auf, das oben geschilderte Verhalten zukünftig zu unterlassen und Ihre Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß zu erfüllen.

Im Falle einer Wiederholung des in dieser Abmahnung gerügten Verhaltens behalten wir uns vor, Ihr Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß, gegebenenfalls sogar außerordentlich/fristlos, zu kündigen.

Eine Durchschrift dieser Abmahnung legen wir in Ihrer Personalakte ab."

Weiterhin erhielt der Kläger ein drittes Schreiben der Beklagten vom 24. Juni 2015 (Bl. 33 d. A.) mit folgender Abmahnung:

"Abmahnung

Sehr geehrter Herr A.,

wir mussten feststellen, dass Sie Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt haben. Ihr im Folgenden geschildertes Verhalten veranlasst uns, Sie auf die ordnungsgemäße Erfüllung Ihrer arbeitsvertraglichen Pflichten hinzuweisen.

Am 12.06.2015 um ca. 13:25 Uhr fuhren Sie mit Ihrem Stapler vor die Werkstatt und ließen diesen mit laufendem Motor und außerhalb Ihres Sichtfeldes stehen. Sie haben den Stapler über 40 Minuten unbeaufsichtigt gel...

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