Entscheidungsstichwort (Thema)

Änderungskündigung. außerordentliche Änderungskündigung. Ausschlußfrist. Betriebsverfassung. Feststellung

 

Leitsatz (amtlich)

1. Hat sich ein Arbeitgeber vertraglich gegenüber einem Arbeitnehmer dazu verpflichtet, dessen Arbeitsplatz auf Dauer oder für bestimmte Zeit unverändert aufrechtzuerhalten, so beschränkt er insoweit seine unternehmerische Freiheit. Aus einer solchen vertraglichen Bindung kann er sich nicht unter Berufung auf die Unternehmerfreiheit lösen. Der Grundsatz der unternehmerischen Freiheit schränkt die gerichtliche Überprüfung unternehmerischer Maßnahme zwar weitgehend ein. Dies gilt jedoch nicht für die Prüfung, ob sich eine unternehmerische Maßnahme mit vertraglich eingegangenen Bindungen vereinbaren läßt.

2. Auch für die außerordentliche Änderungskündigung gilt die Ausschlußfrist des § 626 Abs. II BGB. Hält der Arbeitgeber aufgrund von ihm selbst herbeigeführter betrieblicher Umstände eine außerordentliche Änderungskündigung für erforderlich, beginnt die Zweiwochenfrist mit dem Zeitpunkt, zu dem für den Arbeitgeber feststeht, daß er den Stelleninhaber nicht mehr auf seinem bisherigen Arbeitsplatz weiterbeschäftigen kann. Versucht der Arbeitgeber in einem solchen Fall zunächst, in Ausübung seines Direktionsrechts dem Stelleninhaber eine andere Tätigkeit zuzuweisen, wirkt sich dies auf den Lauf der für die außerordentliche Änderungskündigung geltenden Zweiwochenfrist nicht aus. Nach Ablauf der Zweiwochenfrist ist die außerordentliche Änderungskündigung ausgeschlossen, wenn die früheren Versuche zur Umsetzung des Arbeitnehmers aus Rechtsgründen gescheitert sind.

3. Hat der Arbeitgeber durch organisatorische Maßnahmen einen Arbeitsplatz in Wegfall gebracht, kann die betriebliche Notwendigkeit zur Kündigung des Stelleninhabers nicht als Dauertatbestand gewertet werden, bei dem es für die Einhaltung der Zweiwochenfrist ausreicht, daß er in den letzten zwei Wochen vor Ausspruch der Kündigung angehalten hat. Entscheidend ist der Zeitpunkt, zu dem die betriebliche Notwendigkeit zur Umsetzung des Stelleninhabers entstand. Dies gilt jedenfalls dann, wenn keine neuerlichen Umstände hinzutreten, die fortlaufend Störungen in das Arbeitsverhältnis hineintragen. Der Umstand, daß der Arbeitnehmer sich erfolgreich gegen die Versuche des Arbeitgebers gewehrt hat, ihn umzusetzen, kann nicht zu einer Verlängerung der Ausschlußfrist des § 626 Abs. II ZPO führen. Andernfalls läge es in der Hand des Arbeitgebers, durch vertragswidrige und rechtswidrige Maßnahmen sich die Entscheidungsfrist des § 626 Abs. II BGB zu verlängern.

 

Normenkette

KSchG § 2; BGB § 626

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 17.02.1997; Aktenzeichen 3 Ca 2198/96)

 

Tenor

Die Berufungen der Beklagten und die Anschlußberufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts – vom 17.2.97 Az.: 3 Ca 2198/96 – werden zurückgewiesen.

Die Kosten der Berufung trägt die Beklagte.

 

Tatbestand

I.

Der vierundfünfzigjährige Kläger war hauptamtlicher Vorstand der. Diese Bank fusionierte 1992 mit der Beklagten. Im Verschmelzungsvertrag wurde die Übernahme des Klägers dahin geregelt, daß er als Prokurist der Beklagten unter Beibehaltung der bisherigen Dienst- und Arbeitsbedingungen als Leiter der Bankstelle weiterbeschäftigt werden sollte.

Im schriftlichen Anstellungsvertrag vom 01.04.1992 wurde dem Kläger die eigenverantwortliche Leitung des Bereiches „Standardgeschäft” für die Zweigniederlassungen der … in … und … übertragen. Er erhielt Prokura und die Berechtigung, den Titel „Bankdirektor” zu führen.

Seit 1995 hat die Beklagte mehrfache Versuche unternommen, dem Kläger eine andere Tätigkeit zuzuweisen, die der Kläger jeweils erfolgreich abwehrte (Urteil LAG Rheinland-Pfalz, 23.02.1996 – 3 Sa 1128/95 –; LAG Rheinland-Pfalz 06.12.96 – 3 Sa 615/96 –). Unter dem 25.09.1996 erklärte die Beklagte eine fristlose, hilfsweise mit einer sozialen Auslauffrist von 7 Monaten verbundene Änderungskündigung, durch die dem Kläger die Position des Leiters des Bereiches „vermögende Privatkunden/Finanzierung” angeboten wurde. Der Kläger hat diese Änderungskündigung unter dem Vorbehalt des § 2 KSchG angenommen. Das erkennende Gericht hat durch Urteil vom 19.09.1997 (3 Sa 278/97) die Unwirksamkeit dieser Änderungskündigung festgestellt.

Im vorliegenden Verfahren verfolgt der Kläger die Anträge,

  1. Die Beklagte zu verurteilen, ihn mit der eigenverantwortlichen Leitung des Bereichs Standardgeschäft für die Zweigniederlassungen der Beklagten in … weiterzubeschäftigen;
  2. Die Beklagte zu verurteilen, ihm den unmittelbaren Zugang zum bankinternen Banksystem zu gewähren.

Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 17.02.1997 dem Antrag zu 1 stattgegeben und im übrigen die Klage abgewiesen. Gegen dieses Urteil hat die Beklagte Berufung eingelegt, der sich der Kläger angeschlossen hat. Die Beklagte verfolgt mit der Berufung ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Der Kläger wendet sich mit der Anschlußberufung gegen das Urteil insoweit, als es die Klage bezüglich des ge...

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