Entscheidungsstichwort (Thema)
Insolvenzgefahr. Prognose. Sanierungskonzept. Umsatzrückgang. Außerordentliche Änderungskündigung
Leitsatz (amtlich)
Bei betriebsbedingten Kündigungen, die auf Umsatzrückgang im Vergleich zu Vorjahresergebnissen gestützt werden sollen, kann nur ein länger als 3 Monate betragender Zeitraum als maßgeblich in Betracht gezogen werden.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 22.07.2005; Aktenzeichen 6 Ca 672/04) |
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – vom 22.07.2005 – AZ: 6 Ca 672/04 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird für die Beklagte zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Änderungskündigung, welche die Beklagte mit Schreiben vom 26.03.2004 als ordentliche und hilfsweise außerordentliche betriebsbedingte Kündigung mit Auslauffrist aus betriebsbedingten Gründen erklärt hat.
Die Beklagte hat mit Wirkung vom 01.01.1999 von der Z. einen Klinikbetrieb mit Rheuma-Krankenhaus und zwei Rehabilitationskliniken übernommen, in denen 220 Arbeitnehmer beschäftigt werden.
Nach dem Arbeitsvertrag des Klägers richtet sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundesmanteltarifvertrag für die Arbeitnehmer in privaten Krankenanstalten in der jeweils gültigen Fassung.
Der Kläger, welcher als Betriebshandwerker ab 01.02.1995 für die X. und ab 01.05.2000 für die Beklagte beschäftigt ist, ist Ersatzmitglied des im Betrieb der Beklagten gewählten aus neun Mitgliedern bestehenden Betriebsrates.
Der Kläger hat seine Klage, welche am 16.04.2004 beim Arbeitsgericht eingereicht wurde, im Wesentlichen damit begründet,
dass die Kündigung, mit der die Beklagte die bislang gezahlte Weihnachtsgeldleistung ab dem Jahre 2004 einstellen wolle, deshalb unwirksam sei, weil der Wille der Beklagten, Kosten zu senken, noch keinen Kündigungsgrund zum Ausspruch einer betriebsbedingten Kündigung darstelle, zumal die von ihr befürchteten und behaupteten Einkommensverluste auf Dauer nicht zu befürchten seien.
Die Kündigung sei darüber hinaus tarifwidrig, weil im Arbeitsvertrag der Tarifvertrag über die Zuwendung vom 10. April 1975 in der Fassung vom 30. Januar 1992 zur Anwendung gebracht worden sei und die Beklagte diese Leistung auch erbringen müsse.
Die Kündigung sei zudem unwirksam, weil er Sonderkündigungsschutz als Betriebsratsmitglied genieße und am 26.03.2004 an einer Betriebsratssitzung teilgenommen habe.
Die Beklagte befinde sich auch in keiner Insolvenzgefahr, da sie zwei Millionen Euro an Rücklagen gebildet habe.
Für die hilfsweise ausgesprochene außerordentliche Kündigung gebe es keinen wichtigen Grund.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass seine Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung der Beklagten vom 26.03.2004 nicht geändert worden sind.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Dieser Antrag ist im Wesentlichen damit begründet worden, dass die Betriebsratsanhörung deshalb wirksam durchgeführt worden sei, weil der Betriebsrat von Anfang an umfassend in die Gespräche und die Entwicklung eingebunden gewesen sei und man ihn zur vorliegenden Kündigung mit Schreiben vom 18.03.2004 und 23.03.2004 ordnungsgemäß angehört habe.
Die Änderungskündigung sei deshalb gerechtfertigt, weil sie nicht tarifwidrig sei, da zumindest der Kläger nicht der den Tarifvertrag abschließenden Gewerkschaft angehöre, so dass es auf ihre Mitgliedschaft, die zudem eine außerordentliche ohne Tarifbindung sei, nicht ankommen könne.
Der Belegungsrückgang im Krankenhaus als auch in den Rehabilitationskliniken habe dazu geführt, in der Vergangenheit betriebsbedingte Kündigungen zur Personalanpassung auszusprechen, wobei sich dies als nicht erfolgreich dargestellt habe. Die Personalkosten seien im Verhältnis zum Umsatz stärker gestiegen, weswegen sich die Schere zwischen Budget und Kosten immer weiter geöffnet habe.
Der Wirtschaftsplan für das Jahr 2004 ende mit einem Verlust von 960.000, EUR und würde sich auf einen Verlust von 1,28 Millionen EUR belaufen, wenn das Weihnachtsgeld nicht gestrichen werde. Dieser letzt genannte Verlust würde die Insolvenzreife der Beklagten bedeuten.
Die Beklagte habe ein umfassendes Sanierungskonzept entwickelt, welches aus Verbesserung der Belegung, Senkung des Sachkostenanteils und Reduzierung der Personalkosten bestehe. Da die Beklagte rechtlich, wirtschaftlich und organisatorisch ein unabhängiger und selbständiger Betrieb sei, könne auf eine finanzielle Rettung durch den Mehrheitsaktionär, Y. GmbH & Co. KG aG, nicht gerechnet werden.
Die Änderungskündigung stelle für die Arbeitnehmer einen Verlust von 6,5 bis 7,7 % des Jahreseinkommens dar und sei deshalb ohne weiteres zuzumuten. Hierbei müsse berücksichtigt werden, dass die Zuwendung nicht völlig gestrichen werden solle, sondern durch eine erfolgsabhängige Sonderzahlung ersetzt werde.
Die angebliche Teilnahme des Kl...