Entscheidungsstichwort (Thema)
Auslegung eines Aufhebungsvertrages. Geltung einer Abgeltungsklausel für ein Arbeitgeberdarlehen
Leitsatz (redaktionell)
Haben die Parteien im Kündigungsschutzprozess das Arbeitsverhältnis "im gegenseitigen Einvernehmen" bei Zahlung einer Abfindung in Höhe von 4.700 EUR durch Vergleich beendet und sind sich die Vertragsparteien darüber einig, dass damit "nach vertragsmäßiger Abrechnung" sämtliche gegenseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis einschließlich des Resturlaubsanspruchs und der Rückzahlung des Arbeitgeberdarlehens erledigt sind, so kann dies nicht als Verzicht des Arbeitgebers auf die Rückzahlung des Arbeitgeberdarlehens ausgelegt werden, da dies ausdrücklich unter dem Vorbehalt der "vertragsmäßigen Abrechnung" steht.
Normenkette
BGB §§ 133, 157, 611
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Entscheidung vom 29.11.2017; Aktenzeichen 1 Ca 1439/16) |
Tenor
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Auslegung eines Aufhebungsvertrags.
Die Klägerin war bei der Beklagten, einem Betrieb des Gebäudereinigerhandwerks, auf Grundlage eines Arbeitsvertrags vom 1. Juli 2011 (Bl. 4 ff. d. A.) vom 1. Juli 2011 bis zum 18. März 2016 beschäftigt. Ihr Bruttomonatsgehalt belief sich zuletzt auf ca. 2.200,00 EUR. Nach § 1 des Arbeitsvertrags war die Klägerin als Objektleiterin beschäftigt und verpflichtet, im Bedarfsfall auch andere ihr zumutbare Arbeiten im Betrieb zu übernehmen.
Nachdem die Klägerin ab Dezember 2015 für längere Zeit arbeitsunfähig erkrankt war, unterzeichneten die Parteien am 16. März 2016 einen schriftlichen Aufhebungsvertrag (Bl. 9 d. A.). Darin heißt es auszugsweise:
"[Zwischen den Parteien] wird hiermit vereinbart, dass das bestehende Arbeitsverhältnis am 18.03.2016 im gegenseitigen Einvernehmen endet. Weiterhin einigen sich die Parteien auf eine Abfindungszahlung in Höhe von
4.700 Euro.
Die Parteien sind sich darüber einig, dass nach vertragsmäßiger Abrechnung sämtliche gegenseitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und aus Anlass seiner Beendigung, gleich aus welchen Rechtsgründen, erledigt sind. Dies betrifft ausdrücklich den Resturlaubsanspruch (5 Tage) und die Rückzahlung des Arbeitgeberdarlehens (Stand 18.03.2016 von 3.695,78 Euro)."
Am 15. Mai 2013 hatten die Parteien eine Darlehensvereinbarung über ein Darlehen in Höhe von 6.000,00 EUR geschlossen (Bl. 37 d. A.). Zum Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses im März 2016 stand unstreitig noch der im Aufhebungsvertrag genannte Betrag von 3.695,79 EUR zur Rückzahlung offen.
Die von der Beklagten nach Abschluss des Aufhebungsvertrags erteilte (letzte) Lohn- und Gehaltsabrechnung 03.2016 (Bl. 10 d. A.) weist neben dem Abfindungsbetrag von 4.700 EUR brutto zu Gunsten der Klägerin einen Urlaubsabgeltungsanspruch in Höhe von 366,67 EUR brutto für fünf Urlaubstage aus. Von dem sich aus diesem Gesamtbruttobetrag ergebenden Nettobetrag in Höhe von 4.989,58 EUR zog die Beklagte 3.695,78 EUR (netto) Tilgung Arbeitgeberdarlehen ab. Den sich danach ergebenden Differenzbetrag zahlte sie an die Klägerin aus.
Mit Anwaltsschreiben vom 18. Juli 2016 (Bl. 11. d. A.) machte die Klägerin geltend, nach dem Wortlaut des Aufhebungsvertrags vom 16. März 2016 habe vom vereinbarten Abfindungsbetrag kein Abzug wegen des Arbeitgeberdarlehens erfolgen dürfen. Mit Schreiben vom 26. Juli 2016 lehnte die Beklage die Forderung ab. Mit ihrer am 21. September 2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage macht die Klägerin die Zahlung dieses Betrags - brutto - geltend.
Die Klägerin hat vorgetragen,
die Beklagte sei nach dem Aufhebungsvertrag nicht zum Abzug des Arbeitgeberdarlehens berechtigt gewesen. Vor Festlegung des Abfindungsbetrags sei bereits kalkulatorisch das Arbeitgeberdarlehen abgezogen worden. Dies folge auch aus dem Wortlaut der Aufhebungsvereinbarung, wonach mit der Zahlung der Abfindungssumme in Höhe von 4.700,00 EUR sämtliche wechselseitigen Ansprüche - auch Urlaubsabgeltungsansprüche sowie die Rückzahlung des Arbeitgeberdarlehens - erledigt sein sollten.
Entsprechendes habe sie auch gegenüber Herrn Z, mit dem sie über die Konditionen des Aufhebungsvertrags gesprochen habe, vor Abschluss des Vertrags klar gemacht. Sie habe 4.700,00 EUR als Abfindung gefordert und klargestellt, dass von diesem Betrag nur die gesetzlich vorgesehenen Abzüge erfolgen dürften.
Die Klägerin hat beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.695,78 EUR brutto zu bezahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen,
im Aufhebungsvertrag sei ausdrücklich vereinbart, dass die gegenseitigen Ansprüche erst "nach vertragsgemäßer Abrechnung" erledigt seien. Diese vertragsgemäße Abrechnung umfasse ausdrücklich den Resturlaubsanspruch und die Rückzahlung des Arbeitgeberdarlehens. Damit habe sie die Endabrechnung entsprechend den Vorgaben des Aufhebungsv...