Entscheidungsstichwort (Thema)

Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsbegründungsfrist. Anforderungen an die Büroorganisation eines Rechtsanwalts zur Gewährleistung des rechtzeitigen Eingangs fristgebundener Schriftsätze beim zuständigen Gericht

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Rechtsanwalt hat die Ausgangskontrolle von fristgebundenen Schriftsätzen so zu organisieren, dass sie einen gestuften Schutz gegen Fristversäumungen bietet. Bei der allabendlichen Kontrolle fristgebundener Sachen ist eine nochmalige, selbständige Prüfung erforderlich, die gewährleistet, dass am Ende eines jeden Arbeitstages von einer dazu beauftragten Bürokraft geprüft wird, welche fristwahrenden Schriftsätze hergestellt, abgesandt oder zumindest versandfertig gemacht worden sind und ob diese mit den im Fristenkalender vermerkten Sachen übereinstimmen.

2. Einem Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand kann nicht entsprochen werden, wenn es an einer Darstellung einer hinreichenden Ausgangskontrolle fehlt und nicht ersichtlich ist, dass und welche allgemeinen Organisationsanweisungen erteilt wurden, die geeignet waren, eine irrtümliche Friststreichung im Terminkalender zu vermeiden.

 

Normenkette

ArbGG § 66 Abs. 1; ZPO §§ 233, 85 Abs. 2

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Entscheidung vom 16.06.2016; Aktenzeichen 7 Ca 602/15)

 

Tenor

  • I.

    Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - 7 Ca 602/15 - vom 16. Juni 2016 wird auf seine Kosten als unzulässig verworfen.

  • II.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten zuletzt noch um restliche Vergütungsansprüche des Klägers aus einem beendeten Arbeitsverhältnis und um die Herausgabe von Arbeitspapieren einschließlich eines Zeugnisses durch den Beklagten.

A. Kläger war vom 01. Juni 2014 bis 30. Juni 2015 beim Beklagten als LKWFahrer beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete kraft zwischenzeitlich rechtskräftigen Teilurteils des Arbeitsgerichts Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - vom 26. November 2015 in vorliegendem Rechtsstreit durch ordentliche Kündigung des Beklagten.

A. Kläger hat im Kündigungsschutzprozess mit am gleichen Tag beim Arbeitsgericht eingegangener Klageerweiterung vom 09. Oktober Differenzvergütungsansprüche für den Zeitraum von Juni 2014 bis Juni 2015, sowie 150 Euro brutto Spesen für Dezember 2014 verlangt. A. Beklagte hat mit Schriftsatz vom 17. November 2015, auf dessen Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 130 ff. d. A), mit behaupteten Gegenansprüchen hilfsweise die Aufrechnung erklärt.

Soweit vorliegend von Belang hat der Kläger erstinstanzlich zu Klage und hilfsweiser Widerklage des Beklagten vorgetragen, der Beklagte schulde ihm neben den eingeklagten Arbeitspapieren noch Differenzvergütung, da er die abgerechneten Ansprüche nicht vollständig ausgezahlt und den ihm zustehenden Arbeitslohn für den Monat Juni 2015 weder abgerechnet, noch vergütet habe. Er habe lediglich einmal 1.000,00 Euro bar erhalten, sonst nur die eingeräumten Überweisungen und keine weiteren Barzuwendungen, auch nicht seitens der Ehefrau oder der Mutter des Beklagten, auch nicht als Leihe oder Darlehen. A. PKW sei ihm ausschließlich für berufliche Zwecke überlassen worden, er habe nicht vom 20. November 2013 bis zum 18. Dezember 2013 mit seiner Familie beim Beklagten gewohnt, sondern sei dort nur gemeldet gewesen und schulde auch keine Kost und Logis.

A. Kläger hat zuletzt beantragt,

  1. die Beklagte wird verurteilt, die Arbeitspapiere des Klägers, wie die sozialversicherungsrechtliche Abmeldebescheinigung und die Jahreslohnabrechnung für 2014 und 2015, sowie die Arbeitsbescheinigung nach § 312 SGB III ordnungsgemäß ausgefüllt, sowie ein qualifiziertes Arbeitszeugnis für die Zeit, welche der Kläger bei der Beklagten beschäftigt war, zu erstellen und diese direkt an den Kläger herauszugeben,
  2. die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger ausstehende Lohnzahlungen mit einem Betrag in Höhe von 4.492,47 Euro netto und weitere 150 Euro brutto für den 12. Monat des Jahres 2014 zu zahlen; sowie weiter ihm den vertraglich zustehenden Arbeitslohn in Höhe von 2.000,00 Euro brutto für einen Monat bis zum 30. Juni 2015 zu vergüten und insgesamt ordnungsgemäß abzurechnen.

A. Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Darüber hinaus hat er hilfswiderklagend beantragt,

den Kläger zu verurteilen, an den Beklagten 5.000,00 Euro für Kost und Logis, die von Frau L gezahlten Beträge in Höhe von 1.500,00 Euro zuzüglich der Kosten für Flug- und Bustickets sowie die vom Beklagten an den Kläger gewährten Kredite in Höhe von 1.100,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

A. Kläger hat beantragt,

die Widerklage abzuweisen.

A. Beklagte hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, die Leistungen des Klägers in den ersten drei Monaten der Beschäftigung, wo er nicht ohne Betreuung habe fahren können, hätten die erfolgten Zahlungen nicht gerechtfertigt. A. Kläger sei stän...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge