Entscheidungsstichwort (Thema)

Rechtswidrige Ausübung des Weisungsrechts bei einseitiger Abweichung von der Stellenbeschreibung. Klage einer Verwaltungsangestellten auf Beschäftigung mit den Tätigkeiten der Stellenbeschreibung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Das Weisungsrecht der Arbeitgeberin gemäß § 106 GewO findet seine Grenzen in einzelvertraglichen, gesetzlichen und kollektivvertraglichen sowie auch in dispositiven Regelungen, soweit sie nicht im Einzelfall durch Vereinbarung abbedungen sind; das Weisungsrecht kann insbesondere nicht einseitig die im Arbeitsvertrag festgelegten Bedingungen verändern.

2. Je genauer die Tätigkeit der Arbeitnehmerin sowie die Modalitäten der Beschäftigung, also der Einsatzort, Umfang und die Lage der Arbeitszeit im Arbeitsvertrag umschrieben sind, umso weniger Spielraum hat die Arbeitgeberin etwa bei der Zuweisung verschiedenartiger Tätigkeiten.

3. Sind in einer Stellenbeschreibung in Ablösung einer vorherigen Stellenbeschreibung die Aufgaben und Befugnisse der Verwaltungsangestellten im Einzelnen einvernehmlich zwischen den Parteien festgelegt worden und ist diese Stellenbeschreibung aufgrund ausdrücklicher und besonderer Vereinbarung nach dem Willen beider Vertragsparteien Bestandteil des Arbeitsvertrages und damit auch vereinbart worden, dass sie nur im gegenseitigen Einvernehmen verändert werden kann, kann die Arbeitgeberin sie nicht einseitig abändern, wenn sich die Arbeitnehmerin der Änderung ihres Aufgabenbereichs ausdrücklich widersetzt.

4. Sind die Arbeitsbedingungen durch den Arbeitsvertrag oder sonst durch einzelvertragliche Vereinbarung festgelegt und will die Arbeitgeberin aus betrieblichen oder personenbedingten Gründen eine Änderung des Arbeitsvertrages vornehmen, ist dies lediglich durch Ausspruch einer Änderungskündigung möglich; das setzt allerdings voraus, dass die beabsichtigte Änderung der Arbeitsbedingungen sozial gerechtfertigt ist.

 

Normenkette

BGB § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 21.05.2013; Aktenzeichen 6 Ca 1174/12)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen - Auswärtige Kammern Landau - vom 21.05.2013, Az.: 6 Ca 1174/12, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten über den Umfang des der Beklagten zustehenden Direktionsrechts hinsichtlich des Inhalts der Arbeitstätigkeit der Klägerin.

Die 1961 geborene Klägerin ist seit dem 01.05.1981 bei der Beklagten als Verwaltungsangestellte beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag ist die Anwendbarkeit des Bundesangestelltentarifvertrages (BAT) vereinbart. Die Klägerin ist in Vergütungsgruppe BAT V c eingruppiert; das entspricht einem Monatsgehalt von 1.462,00 EUR brutto. Die Klägerin arbeitet 19,25 Stunden pro Woche (Teilzeit).

In der Stellenbeschreibung vom 10.11.2011 sind die Aufgaben und Befugnisse der Klägerin wie folgt (neu) festgelegt worden:

"1. Im Bereich Personal BAT

Sie erstellt und bearbeitet selbstständig:

Tarifbescheinigungen B

Reisekostenabrechnungen

Monatliche Prüfung und Meldung der BEM-Fälle an den Geschäftsführer

Beihilfeabrechnungen

Zusatzversorgung (An- und Abmeldungen, Jahresmeldungen)

Anträge der Zusatzrente

Durchführung und Überwachung der Zeiterfassung und Erstellung von Auswertungen hieraus

Erfassung des Urlaubsguthabens bei Ein- oder Austritten während eines Jahres

Abschlussarbeiten für Zivildienstleistende (Personalakten zurückschicken etc.)

Sie führt vertretungsweise durch

Auslösung des EDV-Gehaltslaufes der BAT-Mitarbeiter bei Abwesenheit von Frau Z mit Stammdaten des Vormonats und ohne Erfassung von variablen Daten. Hierzu wird die Stelleninhaberin a) kontinuierlich über evtl. diesbezügliche Änderungen informiert und b) vierteljährlich in die Auslösung des Gehaltsablaufes einbezogen.

Sie informiert

Die Personalabteilung BAT über Änderungen im ZVK-Bereich

2. Im Bereich Bundesfreiwilligendienst

Sie bearbeitet selbständig:

Die Einweisung der Mitarbeiter im Bundesfreiwilligendienst

Die Eingabe der Abrechnungen der Mitarbeiter des Bundesfreiwilligendienstes in das Gehaltsprogramm zu den vorgesehenen Terminen

Die Führung der Akten der Mitarbeiter des Bundesfreiwilligendienstes

Die Prüfung und Weiterleitung der Bewerbungen von Mitarbeitern des Bundesfreiwilligendienstes an die jeweiligen Produktionsleistungen

Sämtlichen mit ihrer Tätigkeit anfallenden Schriftverkehr

Sie erteilt

Auskünfte an die Mitarbeiter des Bundesfreiwilligendienstes und informiert in allen Angelegenheiten des Bundesfreiwilligendienstes den Paritätischen Wohlfahrtsverband in Saarbrücken

Besondere Befugnisse

Die Stelleninhaberin unterzeichnet ihren Schriftverkehr mit dem Zusatz "i.A." Die Stelleninhaberin fungiert als Fachkraft für die Anleitung der Freiwilligen und hat in dieser Funktion Zugang zu den Personalunterlagen der Mitarbeiter des Bundesfreiwilligendienstes. Die Stelleninhaberin hat Zugang zu den Personalakten der Mitarbeiter ohne Behinderung (zur Bearbeitung der Beihilfeanträge,...

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