Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsübergang. Fortsetzungsverlangen. Widerspruch. Beschäftigungs- und Vergütungsanspruch gegen Betriebserwerber nach erfolgreichem Kündigungsschutzprozess gegen den Betriebsveräußerer

 

Leitsatz (redaktionell)

Einer Klage auf Feststellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses gegen den Betriebserwerber fehlt das notwendige Feststellungsinteresse nach § 256 ZPO, wenn das Rechtsschutzziel auch mit einer Leistungsklage erreicht werden kann. Hiervon ist auch dann auszugehen, wenn die begehrte Feststellung notwendige Tatbestandsvoraussetzung der Leistungsklage ist.

Hat der Betriebserwerber die Unterrichtung nach § 613a Abs. 5 BGB unterlassen, so kann er die fehlende Unverzüglichkeit des Fortsetzungsverlangens gegen den Weiterbeschäftigungsantrag des Arbeitnehmers nicht einwenden.

 

Normenkette

BGB § 613a; ZPO § 256

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 13.01.2005; Aktenzeichen 2 Ca 1219/04)

 

Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 13.01.2005 – 2 Ca 12119/04 – in Ziffer 1) wie folgt abgeändert:

Die Klage wird abgewiesen.

Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Berufungsverfahrens hat die Klägerin 4 %, die Beklagte 96 % zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten darum, ob die Klägerin nach einem gegen den Insolvenzverwalter der Firma A. & Co. KG erfolgreich geführten Kündigungsschutzprozess einen Beschäftigungsanspruch und Vergütungsansprüche gegen die nunmehr verklagte Betriebserwerberin durchsetzen kann.

Auf die tatsächlichen Feststellungen im Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 13.01.2005 – 2 Ca 1219/04 – wird gemäß §§ 69 Abs. 2 ArbGG, 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat im vorerwähnten Urteil festgestellt, dass zwischen der Klägerin und der Firma A. & Co. KG, A-Stadt bestehende Arbeitsverhältnis mit Wirkung vom 01.04.2004 auf die Beklagte übergegangen ist, die Beklagte zur Beschäftigung der Klägerin als Arbeiterin in der Putzerei oder einem vergleichbaren Arbeitsplatz verurteilt und des weiteren Vergütungsansprüche aus Annahmeverzug für die Zeit von April bis Dezember 2004 abzüglich auf das Arbeitsamt übergegangener Ansprüche zuerkannt.

Zur Begründung wurde ausgeführt, es läge ein klassischer Betriebsübergang vor. Ein schriftlicher Widerspruch gegen den Betriebsübergang sei durch die Klägerin nicht erfolgt. Durch das gesetzlich vorgesehene Schriftformerfordernis sei ein konkludenter Widerspruch ausgeschlossen. Das Fortsetzungsverlangen müsse auch nicht unverzüglich gegenüber dem Betriebserwerber geltend gemacht werden. Dies sei nur dann der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis vor dem Betriebsübergang geendet hätte. Die Zahlung zur Vergütung sei aus Annahmeverzug gerechtfertigt. Die Höhe sei unstreitig.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Seite 7 (= Bl. 78 d. A.) des Urteils Bezug genommen.

Gegen das der Beklagten am 03.02.2005 zugestellte Urteil richtet sich deren am 03.03.2005 eingelegte und am 04.04.2005 begründete Berufung.

Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt,

für den Feststellungsantrag zu einem Betriebsübergang fehle es an dem besonderen Feststellungsinteresse im Sinne des § 256 ZPO, da der Übergang und damit der Bestand des Arbeitsverhältnisses unabdingbare Voraussetzung für die Verurteilung zur Beschäftigung und die Zuerkennung der restlichen Arbeitsvergütung sei.

Im Übrigen habe die Klägerin dem Betriebsübergang auch widersprochen. Das Verb „kann” im Sinne von § 613 a Abs. 6 BGB sei auf das Merkmal „widersprechen” zu beziehen; daher sei ein Widerspruch auch in anderer als in Schriftform zulässig. Ein solcher läge in der Erhebung der Klage gegen den veräußernden Arbeitgeber. Der Gesetzgeber habe hinsichtlich des Widerspruchsadressaten eine Wahlmöglichkeit. Im Übrigen hätte die Klägerin das Fortsetzungsverlangen auch nicht unverzüglich entsprechend der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts im Urteil vom 12.11.1998 – 8 AZR 265/97 – gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Berufungsbegründung wird auf den Schriftsatz vom 04.04.2005 (Bl. 117 bis 121 d. A.) verwiesen.

Die Beklagte beantragt,

unter Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

Zurückweisung der Berufung

und erwidert,

die Behauptung, der Betriebsteil, in welchem die Klägerin als Putzerin beschäftigt gewesen sei, sei nicht auf die Beklage übergegangen, sei unrichtig, weil es eine Abteilung „Putzerei” nicht gegeben habe. Putzerei, Schleiferei und Kontrolle bildeten eine Einheit, die einer Halle untergebracht gewesen sei, unter einer Leitung gestanden habe und innerhalb derer die Arbeitnehmer nach Bedarf problemlos ausgetauscht werden konnten (Beweis: Zeugnis U., V., W.). Die Beklagte habe sogar neue Arbeitnehmer in der Putzerei eingestellt. Ihr sei es verwehrt, bei einem Betriebsübergang einzelne Arbeitsplätze auszunehmen. Das Arbeitsverhältnis der Klägerin sei auch zum ...

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