Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung einer Supportmitarbeiterin in Kleinbetrieb. unbegründete Kündigungsschutzklage bei unzureichenden Darlegungen der Arbeitnehmerin zur Widerlegung des schlüssigen Sachvortrags der Arbeitgeberin
Leitsatz (redaktionell)
1. Außerhalb des Anwendungsbereichs des Kündigungsschutzgesetzes liegt die Darlegungs- und Beweislast bei der Arbeitnehmerin; für die Arbeitgeberin besteht eine sekundäre Behauptungslast.
2. Die Arbeitgeberin im Kleinbetrieb muss zur Begründung der Kündigung, die sie auf betriebsbedingte Gründe stützt, nur so viel vortragen, dass der Vorwurf der Treuwidrigkeit ausscheidet; die Arbeitgeberin darf sich daher mit dem Sachvortrag begnügen, dass sie einen wichtigen Kunden verloren hat, der für etwa ein Drittel des Arbeitsaufkommens im Arbeitsbereich der gekündigten Arbeitnehmerin gesorgt hat.
3. Es ist Teil der unternehmerischen Freiheit der Arbeitgeberin, darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang sie künftig mit weniger Personal arbeiten will; ist das Kündigungsschutzgesetz auf das Arbeitsverhältnis der Parteien nicht anwendbar, ist nicht zu prüfen, ob die streitgegenständliche Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse, die einer Weiterbeschäftigung der Arbeitnehmerin im Betrieb der Arbeitgeberin entgegenstehen, bedingt ist.
4. Eine Arbeitgeberin kann auch während einer Erkrankung oder wegen Erkrankung kündigen, ohne dass ihr der Vorwurf einer Treuwidrigkeit im Sinne des § 242 BGB gemacht werden kann.
5. Ist bei einer Kündigung eine Auswahl unter mehreren Beschäftigten zu treffen, muss auch die Arbeitgeberin im Kleinbetrieb, auf den das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, ein durch Art. 12 Abs. 1 GG gebotenes Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme wahren; das bedeutet jedoch nicht, dass damit im Kleinbetrieb die Grundsätze des § 1 KSchG über die Sozialauswahl entsprechend anwendbar sind.
6. Treuwidrig ist die betriebsbedingte Kündigung in einem Kleinbetrieb nur dann, wenn die Arbeitgeberin das erforderliche Mindestmaß an sozialer Rücksichtnahme außer Acht gelassen hat; darauf deutet etwa der auf den ersten Blick erkennbare Umstand hin, dass die Arbeitgeberin eine vergleichbare Arbeitnehmerin weiterbeschäftigt, die erheblich weniger schutzbedürftig ist als die gekündigte Arbeitnehmerin.
Normenkette
BGB §§ 138, 242; KSchG § 23 Abs. 1; GG Art. 12 Abs. 1; BGB § 620 Abs. 2; KSchG § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 3, Abs. 3, § 23 Abs. 1 S. 2; ZPO § 138 Abs. 2
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 24.07.2013; Aktenzeichen 11 Ca 1034/13) |
Tenor
1.
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24. Juli 2013, Az. 11 Ca 1034/13, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Klägerin macht die Unwirksamkeit einer ordentlichen Kündigung geltend.
Die Beklagte beschäftigt nicht mehr als 10 Arbeitnehmer. Die 1970 geborene Klägerin (geschieden, ein Kind) war seit dem 21.09.2006 bei der Beklagten als Supportmitarbeiterin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von zuletzt 23 Stunden zu einem Bruttomonatsgehalt von € 1.380,00 angestellt.
Mit Schreiben vom 26.02.2013 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis ordentlich zum 31.03.2013. Mit Schreiben vom 27.02.2013, das mit "Nachtrag zum Schreiben vom 26.02.2013" überschrieben ist, teilte die Beklagte der Klägerin mit, dass sie mit der Erweiterung der Kündigungsfrist vom 31.03. auf den 30.04.2013 einverstanden sei.
Mit ihrer am 19.03.2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage wendet sich die Klägerin gegen die Kündigungen vom 26.02. und 27.02.2013. Sie machte zunächst geltend, die Kündigungen seien gemäß § 1 KSchG sozial ungerechtfertigt. Nachdem sie im Gütetermin unstreitig gestellt hat, dass das Kündigungsschutzgesetz keine Anwendung findet, vertritt sie die Ansicht, die Kündigungen seien gemäß §§ 242, 138 BGB unwirksam.
Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz vom 24.07.2013 Bezug genommen.
Die Klägerin hat erstinstanzlich beantragt,
festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis durch die schriftliche Kündigung der Beklagten vom 26.02.2013, übergeben am 26.02.2013, und die Kündigung vom 27.02.2013, übergeben am 27.02.2013, nicht aufgelöst worden ist,
die Beklagte für den Fall des Obsiegens mit dem Feststellungsantrag zu 1) zu verurteilen, sie zu den nun geltenden Arbeitsbedingungen als Supportmitarbeiterin mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 23 Stunden zu einem Bruttomonatsgehalt von € 1.380,00 bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über den Feststellungsantrag weiter zu beschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mit Urteil vom 24.07.2013 abgewiesen und zur Begründung - zusammengefasst - ausgeführt, das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis sei durch die Kündigung der Beklagten vom 26.02.2013 mit Ab...