Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Treuwidrigkeit bei Entlassung langjähriger Mitarbeiterin im Kleinbetrieb wegen Einstellung junger Mitarbeiterin
Leitsatz (redaktionell)
Sofern der Arbeitgeber nachvollziehbare Gründe für die Kündigung der langjährigen Mitarbeiterin vorträgt, muss der Arbeitnehmer außerhalb des KSchG vortragen und Beweis anbieten, warum das Verhalten des Arbeitgebers dennoch treuwidrig sein soll. Der bloße Hinweis auf die nahezu zeitgleiche Neueinstellung einer jungen Frau reicht da nicht.
Normenkette
BGB § 242; KSchG § 1 Abs. 2, § 23 Abs. 1 S. 2; ZPO § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 2; KSchG § 7
Verfahrensgang
ArbG Trier (Entscheidung vom 11.12.2018; Aktenzeichen 2 Ca 856/18) |
Tenor
Tatbestand
Die Parteien streiten zuletzt noch über die Wirksamkeit einer Kündigung im Kleinbetrieb und einen Anspruch der Klägerin auf Weiterbeschäftigung.
Die bei Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung 53 Jahre alte, verheiratete Klägerin ist seit 17. Oktober 2011 beim Beklagten, der ein Steuerberaterbüro mit ständig nicht mehr als zehn vollzeitbeschäftigten Mitarbeiter ausschließlich der zu ihrer Berufsausbildung Beschäftigten betreibt, als Bilanzbuchhalterin beschäftigt.
Zum 01. Juli 2018 stellte der Beklagte die 29-jährige Mitarbeiterin Z. ein. Auch weiterhin ist der Beklagte fortwährend auf der Suche nach qualifiziertem Personal. Am 16. Juli 2018 erschien die Klägerin nach einer achtmonatigen Arbeitsunfähigkeit wieder an ihrem Arbeitsplatz und fand die neu eingestellte Mitarbeiterin an dem Arbeitsplatz vor, den sie vor ihrer Erkrankung inne gehabt hatte. Sie forderte sie - ohne Rücksprache mit dem Beklagten - auf, den Platz zu verlassen. Die Art und Weise der Aufforderung ist zwischen den Parteien streitig. Die Zeugin Z. verließ in der Folge den Arbeitsplatz zugunsten der Klägerin.
Der Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis der Parteien mit Schreiben vom 16. Juli 2018 (Bl. 3 d. A.) ordentlich zum 30. September 2018, hilfsweise zum nächstmöglichen Zeitpunkt und stellte die Klägerin unter Anrechnung ihres Resturlaubs bis zum Beendigungszeitpunkt von ihrer Arbeit frei.
Die Klägerin hat mit am 25. Juli 2018 beim Arbeitsgericht Trier eingehendem Schriftsatz, der dem Beklagten am 01. August 2018 zugestellt worden ist, Kündigungsschutzklage erhoben und zugleich ihre Weiterbeschäftigung über den 30. September 2018 hinaus, sowie die Erteilung eines Zwischenzeugnisses, hilfsweise eines Arbeitszeugnisses verlangt. Klageerweiternd hat die Klägerin am 12. November 2018 restliche Vergütung für April 2018 in Höhe von 178,53 Euro brutto und die Erteilung von Lohnabrechnungen für die Monate Februar, Juli, August und September 2018 verlangt. Nach Erteilung eines qualifizierten Arbeitszeugnisses und der begehrten Abrechnungen durch den Beklagten und die Zahlung restlicher Vergütung haben die Parteien den Rechtsstreit insoweit im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11. Dezember 2018 vor dem Arbeitsgericht übereinstimmend für erledigt erklärt.
Die Klägerin hat erstinstanzlich - soweit für das Berufungsverfahren noch von Belang - im Wesentlichen geltend gemacht, die Kündigung sei treuwidrig, da der Beklagte die 29-jährige Mitarbeiterin als Ersatz für sie eingestellt habe. Die Frage der Kausalität könne dahinstehen, da der Beklagte selbst behaupte, ständig, auch aktuell, Personalbedarf zu haben. Sie sei nie abgemahnt worden; eine Abmahnung sei auch ausnahmsweise trotz Kleinbetriebs nicht entbehrlich, weil der Beklagte bereits zwei Jahre zurückliegende Störungen zur Begründung der Kündigung heranziehen wolle. Sie erinnere sich, dass sie gelegentlich zu spät gekommen sei, sie habe einen weiten Anfahrtsweg von A-Stadt nach D-Stadt und es sei gelegentlich zu Unfällen, Staus oder sonstigen Problemen im Straßenverkehr gekommen. Sie habe die Zeiten immer nachgearbeitet. Sie könne sich naturgemäß nicht mehr an die einzelnen Daten erinnern. Die Verspätungen hätten damals keine Rolle für den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses gespielt. Rein vorsorglich werde der Vortrag des Beklagten im Zusammenhang mit den Verspätungen bestritten. Es werde Verwirkung eingewandt. Am 16. Juli 2018 sei sie höflich und sachlich geblieben und es sei nicht verwerflich, dass ein Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz nach Erkrankung wiederhaben wolle, auch wenn der Arbeitgeber ihr den Arbeitsplatz zuweisen könne. Die Kündigung sei willkürlich und aus heiterem Himmel erfolgt.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt,
- es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die ordentliche Kündigung des Beklagten vom 16. Juli 2018 nicht beendet wird,
- es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis auch nicht durch andere Beendigungsgründe endet, sondern zu unveränderten Arbeitsbedingungen über den 30. September 2018 hinaus fortbesteht,
- der Beklagte wird verurteilt, sie über den 30. Septemb...