Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Rechtfertigung der Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Kraftfahrers
Leitsatz (redaktionell)
Es verstößt nicht gegen den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB), wenn der Arbeitgeber die Kündigung des Arbeitsverhältnisses eines Kraftfahrers auf mehrfache verspätete Krankmeldungen stützt und die Kündigung sich somit nicht als willkürlich oder auf sachfremden Motiven beruhend darstellt.
Normenkette
BGB §§ 134, 242, 612 a; KSchG § 1 Abs. 2, § 4 S. 1; SGB IX §§ 168, 172 Abs. 4; ZPO § 138 Abs. 2-3; BGB §§ 611, 612a
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Entscheidung vom 31.01.2019; Aktenzeichen 7 Ca 493/18) |
Tenor
I.
Das Versäumnisurteil vom 05. November 2019 wird aufrechterhalten.
II.
Der Kläger trägt auch die weiteren Kosten des Berufungsverfahrens.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit zweier ordentlicher Kündigungen.
Der 1972 geborene, verheiratete Kläger, dem ein Grad der Behinderung von 100 zuerkannt ist, ist seit dem 02. November 2016 bei dem Beklagten als Berufskraftfahrer beschäftigt. Beim Beklagten sind regelmäßig nicht mehr als sieben Arbeitnehmer ausschließlich der Auszubildenden angestellt.
Der Beklagte hat mit am gleichen Tag beim Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung - Integrationsamt eingehendem Antrag vom 11. Juni 2018 die Zustimmung zur ordentlichen Kündigung des Klägers beantragt. Das Integrationsamt hat der ordentlichen Kündigung mit Bescheid vom 10. Juli 2018 (Bl. 15 ff. d. A.) zugestimmt. Ausweislich des Auslieferungsbelegs (Bl. 94 d. A.) wurde der Bescheid der Beklagten am 11. Juli 2018 per Einschreiben zugestellt. Die gegen den zustimmenden Bescheid in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23. Januar 2019 vom Kläger angestrengte Klage hat das Verwaltungsgericht Koblenz mit Urteil vom 13. September 2019 - XXX - (Bl. 255 ff. d. A.) abgewiesen. Wegen der Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf Bl. 260 ff. d. A. verwiesen.
Die Parteien haben bereits in der Vergangenheit gerichtlich über die Wirksamkeit einer Kündigung und über Vergütungsansprüche des Klägers gestritten. Der seit 06. August 2017 arbeitsunfähige Kläger übersandte der Beklagten mit Aufforderungsschreiben vom 20. Juni 2018 einen Wiedereingliederungsplan (Bl. 25 d. A.) im Hinblick auf seine stufenweise Wiedereingliederung in das Erwerbsleben beginnend ab 04. Juni 2018. Zweitinstanzlich behauptet der Kläger, der Wiedereingliederungsplan sei dem Beklagten - anders als erstinstanzlich unstreitig nicht am 25. Juni 2018, sondern schon - am 21. Juni 2018 zugegangen.
Der Beklagte kündigte das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 12. Juli 2018, dem Kläger am 13. Juli 2018 zugegangen, ordentlich zum 15. August 2018. Der Kläger hat gegen die Kündigung am 26. Juli 2018 beim Arbeitsgericht Mainz - Auswärtige Kammern Bad Kreuznach - Kündigungsschutzklage erhoben, welche dem Beklagten am 02. August 2018 zugestellt worden ist.
Das Arbeitsgericht hat die Klage mangels Antragstellung des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 2018 im Wege des Versäumnisurteils vom gleichen Tag abgewiesen. Der Kläger hat gegen das am 31. Oktober 2018 zugestellte Versäumnisurteil mit am gleichen Tag bei Gericht eingegangenem Schriftsatz vom 31. Oktober 2018 Einspruch eingelegt.
Der Beklagte sprach am 09. Januar 2019 erneut eine dem Kläger am 11. Januar 2019 zugegangene ordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses aus, gegen die sich der Kläger in vorliegendem Verfahren mit Kündigungsschutzantrag gemäß Schriftsatz vom 24. Januar 2019 zur Wehr gesetzt hat.
Der Kläger hat erstinstanzlich im Wesentlichen geltend gemacht, die Kündigung sei ohne Zustimmung des Integrationsamtes erfolgt, da diese erst am 16. Juli 2018 beim Klägervertreter eingegangen sei. Zudem sei die Kündigung rechtsmissbräuchlich, da der Beklagte den Antrag auf Zustimmung gegenüber dem Integrationsamt mit der Geltendmachung von Forderungen durch den Kläger im Klagewege begründet habe. Zudem sei der Antrag unmittelbar auf die Aufforderung des Klägers erfolgt, einer Wiedereingliederung zuzustimmen. Zwar sei es zutreffend, dass er in einer WhatsApp-Nachricht dem Beklagten mitgeteilt habe, wenn er bis heute Abend nicht seinen Restlohn inkl. der Verdienstbescheinigung für die Krankenkasse für das Krankengeld habe, werde er sämtliche Belege der AZ und dem öffentlichen Anzeiger übergeben, um mal klarzustellen, was für ein toller Arbeitgeber er sei. Allerdings sei diese WhatsApp, die erst vom 17. August 2018 datiere und die vorher ausgesprochen Kündigung nicht rechtfertigen könne, eine Konsequenz dessen gewesen, dass der Beklagte trotz mehrfacher Zusage die Zahlung nicht vorgenommen und auch die Verdienstbescheinigung nicht übersandt habe. Dem Mitarbeiter Z. habe er nur gesagt, er sei schwerbehindert, weshalb der Beklagte ihn nicht einfach so vor die Tür setzen könne, nicht jedoch, dass er deshalb machen könne, was er wolle. Krankmeldungen habe...