Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsschließung, Urlaubsübertragung
Leitsatz (amtlich)
Entsprach es im laufenden Arbeitsverhältnis einer ständig praktizierten betrieblichen Handhabung, dass im Kalenderjahr nicht genommener Urlaub entgegen § 7 Abs. 3 BUrlG noch im gesamten Folgejahr gewährt worden ist, so bezog sich eine dadurch entstandene betriebliche Übung nicht auf den Fall, dass der Betrieb bereits zu Beginn eines Kalenderjahres, für das ein anteiliger Urlaub verlangt wird, stillgelegt wird. Dies gilt erst recht durch eine Betriebsstilllegung im Rahmen eines Insolvenzverfahrens. In diesem Fall verfällt der Urlaubsanspruch spätestens am 31. März des Folgejahres, wenn der Arbeitnehmer während der gesamten Zeit dauernd arbeitsunfähig erkrankt war.
Normenkette
BUrlbG §§ 7, 7 Abs. 3
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 20.11.2003 – 7 Ca 985/03 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.
2. Die Revision gegen dieses Urteil wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um einen Abgeltungsanspruch für Urlaub aus dem Kalenderjahr 2002.
Der Kläger war seit dem Jahre 1975 bei der späteren Insolvenzschuldnerin als KFZ-Mechanikermeister zu einer monatlichen Vergütung von zuletzt 3.374,00 EUR beschäftigt. Die Arbeitgeberin kündigte am 16.12.2001 das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis. In einem daran sich anschließenden Kündigungsschutzverfahren – am 20.12.2001 wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der GmbH eröffnet – vereinbarten der Kläger und der beklagte Insolvenzverwalter das Ende des Arbeitsverhältnisses zum 31.03.2002.
Der Kläger war vor dem 16.12.2001 durchgehend bis zum 18.05.2003 arbeitsunfähig erkrankt. Bei der Insolvenzschuldnerin stand ihm ein jährlicher Urlaubsanspruch von 30 Arbeitstagen zu.
Nach dem unstreitigen Sachvortrag beider Parteien fand auf das Arbeitsverhältnis der Tarifvertrag für das KFZ-Gewerbe Anwendung. § 19 des dort geltenden Manteltarifvertrages enthält folgende Ausschlussfristenregelung:
„Alle beiderseitigen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb von sechs Monaten nach Fälligkeit, spätestens innerhalb von acht Wochen nach dem Ausscheiden aus dem Betrieb, schriftlich geltend gemacht worden.
Wird der Anspruch abgelehnt, so verfällt er, wenn er nicht innerhalb von sechs Monaten nach der Ablehnung gerichtlich geltend gemacht wird.”
Im vorliegenden Verfahren, das der Kläger mit einem am 10.06.2003 beim Arbeitsgericht Kaiserslautern eingereichtem Schriftsatz anhängig gemacht hat, begehrt der Kläger eine Abgeltung von Urlaub für die Zeit vom 01.01.2002 bis zum 31.03.2002 für 7,5 Urlaubstage in unstreitiger Höhe von 1.168,13 EUR. Bereits mit Schreiben vom 30.10.2002 hatte er außergerichtlich vergeblich einen Urlaubsabgeltungsanspruch vom beklagten Insolvenzverwalter geltend gemacht gehabt.
Der Kläger hat vorgetragen:
Bei der Insolvenzschuldnerin habe es eine feste Absprache zwischen dem Geschäftsführer und der Belegschaft gegeben, wonach der Urlaubsanspruch aus einem Kalenderjahr ohne zeitliche Begrenzung noch im Folgejahr genommen werden konnte. Insbesondere bestand die allgemein praktizierte Übung, Urlaub, der aus betrieblichen oder aus persönlichen Gründen von Arbeitnehmern nicht genommen werden konnte, auch über den 31.03. des Folgejahres hinaus noch zu gewähren. Daraus sei zu entnehmen, dass sein Urlaubsanspruch aus dem Jahre 2002 ungeachtet des Umstandes, dass er, der Kläger, bis zum 18.05.2003 dauernd arbeitsunfähig erkrankt war, abzugelten sei. Die tarifliche Ausschlussfristenregelung erfasse nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nicht den gesetzlichen Urlaubsanspruch, bei dem es sich zudem um eine Masseverbindlichkeit handele.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.168,13 EUR brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gem. § 247 BGB p.a. hieraus seit dem 08.11.2002 zu zahlen.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Ein anteiliger Urlaubsabgeltungsanspruch aus dem Jahre 2002 stehe dem Kläger nicht zu. Sowohl nach der tariflichen Ausschlussfristenregelung als auch nach der gesetzlichen Ausschlussfrist von § 7 Abs. 3 BUrlG sei der Anspruch des Klägers untergegangen. Er bestreite, dass es bei der Insolvenzschuldnerin die allgemeine Übung gegeben habe, Urlaubsansprüche aus einem bestimmten Kalenderjahr ungeachtet der gesetzlichen Bestimmungen während der gesamten Zeit des Folgejahres nehmen zu können. Selbst wenn dies jedoch der Fall gewesen sein sollte, so erfasse eine solche betriebliche Übung nicht den Fall einer Betriebsschließung durch den Insolvenzverwalter.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 20.11.2003, auf dessen Tatbestand zur näheren Sachverhaltsdarstellung hiermit Bezug genommen wird, die Klage abgewiesen. In den Entscheidungsgründen hat es angegeben,...