Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsverhältnis. Aufrechnungsverbot. Praktikum. Schadensersatz. Abgrenzung Arbeitsverhältnis
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Praktikant ist in aller Regel vorübergehend in einem Betrieb tätig, um sich die zur Vorbereitung auf einen Beruf notwendigen praktischen Kenntnisse und Erfahrungen anzueignen. Allerdings findet in einem Praktikantenverhältnis keine systematische Berufsausbildung statt. Vielmehr wird eine darauf beruhende Tätigkeit häufig Teil einer Gesamtausbildung sein und beispielsweise für die Zulassung zu Studium oder Beruf benötigt. Demnach steht bei einem Praktikantenverhältnis ein Ausbildungszweck im Vordergrund.
2. § 394 Satz 1 BGB schließt eine Aufrechnung gegen eine Forderung aus, soweit diese nicht der Pfändung unterworfen ist. Bei Arbeitseinkommen bestimmt sich der pfändbare Teil gemäß § 850 Abs. 1 ZPO nach Maßgabe der §§ 850 a bis 850 i ZPO. Zur Sicherung des Existenzminimums des Arbeitnehmers und seiner unterhaltsberechtigten Familienangehörigen regelt § 850 c Abs. 1 ZPO einen unpfändbaren Grundbetrag. Er ist entsprechend den Unterhaltspflichten des Arbeitnehmers gestaffelt und nach oben begrenzt. Für den Teil des Arbeitseinkommens, der diesen Grundbetrag übersteigt, gelten die weiteren Pfändungsbeschränkungen des § 850 c Abs. 2 ZPO.
Normenkette
BGB § 394 S. 1, § 611
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 14.11.2007; Aktenzeichen 2 Ca 1511/07) |
Tenor
1. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 14.11.2007 – 2 Ca 1511/07 – wird zurückgewiesen.
2. Ziffer 1 Buchst. b des Tenors des Urteils des Arbeitsgerichts Ludwigshafen wird wie folgt neu gefasst:
Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die Lohnsteuerkarte 2007 und einen Ausdruck der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung 2007 herauszugeben.
3. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über Lohnansprüche des Klägers und die Herausgabe der Lohnsteuerkarte 2007.
Der Kläger (geb. am 27.03.1966, verheiratet) war vom 12.06.2007 bis zum 22.06.2007 im Betrieb des Beklagten als Trockenbauer zu einem Stundenlohn von EUR 10,00 brutto beschäftigt. Er arbeitete an zehn Tagen insgesamt 86,5 Stunden. Der Beklagte hat keine Zahlung geleistet und die Lohnsteuerkarte 2007 nicht zurückgegeben. Deshalb erhob der Kläger am 02.08.2007 Klage, die dem Beklagten am 09.08.2007 zugestellt worden ist.
Das Arbeitsgericht hat die Klage zunächst durch Versäumnisurteil vom 05.09.2007 abgewiesen, weil der Kläger im Gütetermin nicht erschienen ist. Auf den Einspruch des Klägers hat es mit Urteil vom 14.11.2007 (Bl. 26-31 d. A.) das Versäumnisurteil aufgehoben und den Beklagten verurteilt, an den Kläger EUR 865,00 brutto nebst Prozesszinsen zu zahlen sowie die Lohnsteuerkarte 2007 „ordnungsgemäß ausgefüllt” an den Kläger herauszugeben.
Der Beklagte, dem das Urteil am 01.12.2007 zugestellt worden ist, hat am 18.12.2007 Berufung zum Landesarbeitsgericht eingelegt und diese mit am 18.01.2008 beim Landesarbeitsgericht eingegangenem Schriftsatz begründet.
Der Kläger hat auf Anregung der Berufungskammer in der mündlichen Verhandlung vom 24.04.2008 seinen ursprünglichen Antrag auf „ordnungsgemäße Ausfüllung” der Lohnsteuerkarte geändert und beantragt nunmehr, die Herausgabe der Lohnsteuerkarte und eines Ausdrucks der elektronischen Lohnsteuerbescheinigung 2007.
Der Beklagte macht geltend, er schulde dem Kläger keinen Lohn. Der Kläger sei ihm von der Arbeitsagentur Ludwigshafen vermittelt worden, um ein zweiwöchiges Praktikum abzuleisten. Deshalb sei auch kein schriftlicher Arbeitsvertrag geschlossen worden. Er habe mit Frau B. A. von der Arbeitsagentur Ludwigshafen vereinbart, dass der Kläger zunächst ein zweiwöchiges Praktikum ableisten solle. Sollte sich nach Ablauf der zwei Wochen ein Arbeitsverhältnis daraus ergeben, so würde das Praktikum auf die Arbeitszeit angerechnet und vergütet werden. Ansonsten erhalte der Kläger vom Arbeitsamt eine Vergütung für die zwei Wochen geleistete Arbeit. Der Kläger habe für zwei Wochen vom Arbeitsamt bezahlt werden sollen, wenn er nicht in ein festes Arbeitsverhältnis übernommen werde. Er habe vermutlich bereits eine Entschädigung über das Arbeitsamt erhalten.
Die vom Kläger geleistete Arbeit sei völlig unbrauchbar gewesen. Der Kläger habe Schäden verursacht, die ihn ein Vielfaches des geforderten Arbeitslohnes gekostet hätten. Vorsorglich und hilfsweise rechne er mit seinen Schäden gegen die Klageforderung auf. Der Kläger habe trotz Aufforderung die Fehler nicht behoben, sondern seine Arbeit von heute auf morgen eingestellt.
Der Kläger habe auf einer Baustelle in H.-Stadt (H.-Straße) einen immensen Wasserschaden verursacht, weil er im Spülkasten einer Toilette eine Schraube zurückgelassen habe. Deshalb sei Wasser ausgetreten und der Parkettboden beschädigt worden. Hierdurch sei ihm laut Angebot der Firma M. Schaden-Management vom 12.09.2007 (Bl. 52-53 d. A.) ein Schaden in Höhe von mindes...