Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsteilübergang. Lokalredaktion. Verwirkung. Betriebsteilübergang bei Auslagerung einer Lokalredaktion
Leitsatz (amtlich)
1. Die Übernahme von redaktionellen Mitarbeitern hat eine indizielle Bedeutung für einen Betriebsübergang, wobei es auf die rechtliche Ausgestaltung der Beschäftigungsverhältnisse nicht ankommt.
2. Das Recht zur Geltendmachung eines Betriebsübergangs durch den Arbeitnehmer kann verwirkt werden. Das Erfordernis der unverzüglichen Geltendmachung gilt nicht beim Übergang eines nicht wirksam betriebsbedingt gekündigten Arbeitsverhältnisses.
Normenkette
BGB §§ 242, 613a
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Urteil vom 19.10.2006; Aktenzeichen 11 Ca 401/06) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz – Auswärtige Kammern Neuwied – vom 19.10.2006, Az: 11 Ca 401/06, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im Rahmen einer Beschäftigungsklage über das Vorliegen eines Teilbetriebsübergangs hinsichtlich der Lokalredaktion der R-Zeitung A./B. von der M-Verlag GmbH auf die Beklagte.
Der am 09.08.1958 geborene und verheiratete Kläger, zwei Kindern zum Unterhalt verpflichtet, ist seit dem 01.01.1985 für die M-Verlag GmbH, welche die Tageszeitung „R-Zeitung” mit verschiedenen Lokalausgaben herausgibt, beschäftigt. Bis zum 28.02.1986 war der Kläger als freier Mitarbeiter in der Ausgabe H der R-Zeitung in der Lokalredaktion in B. und in der Zeit vom 01.03.1986 bis zum 31.08.1987 im Redaktionsvolontariat in den Lokalredaktionen in B. tätig. Seit dem 01.09.1987 wurde der Kläger als angestellter Redakteur zuletzt auf Grundlage des schriftlichen Anstellungsvertrages vom 06.06.1988 beschäftigt. Die Beschäftigung erfolgte gem. § 4 des Anstellungsvertrages als Lokalredakteur mit dem Schwerpunkt Sport in der Lokalredaktion B. K.. In § 4 des Anstellungsvertrages heißt es des Weiteren:
”… der Verlag behält sich die Zuweisung eines anderen Arbeitsgebietes vor, entsprechend seinen Kenntnissen und Fähigkeiten auch mit anderen redaktionellen Aufgaben innerhalb unseres Verbreitungsgebietes zu betrauen.”
Auf den Inhalt des Anstellungsvertrages vom 06.06.1988 wird Bezug genommen (vgl. Bl. 5-8 d. A.).
Seit dem 01.01.1991 ist der Kläger als Redakteur für die Ausgabe H der „R-Zeitung” in der Schwerpunktredaktion in B. und zuletzt in A. gegen ein Bruttomonatsgehalt in Höhe von 4.343,00 EUR bei der M-R-Verlag GmbH tätig gewesen.
Im Juli 2002 gründete sich die Beklagte, die seit dem 01.07.2002 Dienstleistungen für die M-Verlag GmbH erbringt. Auf den Gesellschaftsvertrag der Beklagten wird Bezug genommen (vgl. Bl. 43-48 d. A.). Die Dienstleistungen erbringt die Beklagte durch Übermittlung von druckreifen, fertigen Lokalseiten zum lokalen Tagesgeschehen, insbesondere Politik, Kultur und Sport.
Ab dem 01.07.2002 hat die Beklagte die Lokalberichterstattung für den örtlichen Bereich N. übernommen. Darüber hinaus wurden in den Jahren 2000-2003 weitere r.-GmbHs gegründet, die die Erstellung von Lokalausgaben der ehemaligen Lokalredaktionen der M-Verlag GmbH wahrnehmen.
Mit Aushang vom 03.08.2004 (Bl.39 d.A.) fragte die M-Verlag GmbH bei ihren Redakteurinnen und Redakteuren an, ob diese bereit seien, aus dem M-Verlag zu anderen (schlechteren) Konditionen in die Regionalverlage zu wechseln, die nunmehr die Lokalausgaben für die R-Zeitung erstellen.
Mit einer E-Mail vom 27.04.2005 wurde der Kläger von der M-Verlag GmbH freigestellt. Die E-Mail hatte den Wortlaut:
”Sehr geehrte Kolleginnen bzw. sehr geehrter Kollege,
zum 01.05.2005 werden die redaktionellen Aufgaben zur Produktion der Ausgabe, an der Sie bislang eingesetzt waren, von einem Regionalverlag übernommen. Aus diesem Grunde fällt ihr bisheriger Arbeitsplatz ihrer bisherigen Redaktion ersatzlos weg.
Die Chefredaktion möchte Ihnen vorab, auch auf diesem Wege mitteilen, dass wir sie deshalb ab 30.04.2005 bis auf weiteres unter Anrechnung Ihres Urlaubsanspruchs von der Erbringung ihrer arbeitsvertraglich geschuldeten Arbeitsleistung unter Fortzahlung ihrer bisherigen Vergütung freistellen. Diese Freistellung ist jederzeit widerruflich.
Wir bitten Sie, den bzw. die in Ihrem Besitz befindlichen Büroschlüssel bis zum 29.04.2005 an die Redaktionsleitung zurückzugeben.
Im Laufe der nächsten Woche werden wir uns mit Ihnen in Verbindung setzen, um mit Ihnen die weitere Zukunft zu besprechen.
…
Mit freundlichen Grüßen
Chefredaktion C. L.”
Mit Wirkung zum 01.05.2005 vergab sodann die M-Verlag GmbH die Fertigung der Lokalausgabe H (A./B.) der R-Zeitung an die Beklagte. Die Beklagte übernahm die Räumlichkeiten der Schwerpunktredaktion in der K. Str. 23 in 57610 A. und in der D. Str. 23 in 57518 B. einschließlich der Büromöbel. Die Beklagte ist in die Mietverträge über die Räumlichkeiten eingetreten bzw. hat die Büromöbel käuflich von der M-Verlag GmbH erworben. Die bis Ende April 2005 in der Schwerpunktredaktion A./B. verwendete Software „Cicero” hat die Beklagte durch die neue Softwar...