Entscheidungsstichwort (Thema)

Conti-Schicht. Wechselschicht. Pausenvergütung und Rufbereitschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1. „Schichtpausen bei Drei-Schichtbetrieb” sind bei Wechselschicht gem. § 6 Ziff. I (2) MTV zu bezahlen. Eine solche Pausenvergütung ist Arbeitsverdienst und auch bei der Berechnung des Urlaubsentgelts gem. § 11 Abs. 1 S. 1 BUrlG sowie der Entgeltfortzahlung gem. § 4 Abs. 1 EFZG zu berücksichtigen.

2. Es ergibt sich weder aus dem Wortlaut des § 6 Ziff. II MTV noch aus dem tariflichen Gesamtzusammenhang, dass die Tarifvertragsparteien den Pausenvergütungsanspruch für den Fall, dass die Wechselschicht in „Conti-Schicht” geleistet wird, ausschließen wollten.

 

Normenkette

MTV-Bender-GmbH § 6

 

Verfahrensgang

ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 06.05.2010; Aktenzeichen 1 Ca 1738/09)

 

Nachgehend

BAG (Urteil vom 17.10.2012; Aktenzeichen 5 AZR 473/11)

 

Tenor

Unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wird auf die Berufung des Klägers das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 06.05.2010 – 1 Ca 1738/09 – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Unter Abweisung der Klage im Übrigen wird die Beklagte verurteilt, an den Kläger jeweils zu zahlen:

EUR 1109,70 brutto nebst Zinsen seit dem 14.08.2009 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz,

weitere EUR 332,10 brutto nebst Zinsen seit dem 27.10.2009 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz,

weitere EUR 259,20 brutto nebst Zinsen seit dem 06.01.2010 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz,

weitere EUR 315,90 brutto nebst Zinsen seit dem 02.02.2010 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz und

weitere EUR 453,60 brutto nebst Zinsen seit dem 06.05.2010 in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.

Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 3/5 und die Beklagte zu 2/5 zu tragen.

Der Streitwert wird auf EUR 6110,50 festgesetzt.

Die Revision wird für beide Parteien zugelassen.

 

Tatbestand

Der Kläger ist in dem Betrieb der Beklagten in Frankenthal als Betriebsarbeiter in der PC-Verschlussfertigung tätig. Er gehört der Schicht E an.

Die Lage der Arbeitszeit des Klägers verändert sich von Früh- zu Spät- und Nachtschicht so, wie dies aus dem „5 Schichtplan 2009” ersichtlich ist (= Anlage B 6 = Bl. 157 d.A.). Der Kläger hat auch Rufbereitschaften zu übernehmen. In dem Bereich, in dem die Schichten D, E, F, G und H zum Einsatz kommen, gilt wöchentlich eine vollkontinuierliche Betriebszeit. Diese beträgt 7 Tage × 24 Stunden (168 Stunden pro Woche). Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien ist der Manteltarifvertrag vom 06.04.2005 (folgend: MTV) anwendbar. § 6 MTV lautet (auszugsweise):

” § 6 Schichtarbeit

I. Wechselschicht

(1) …

(2) Die Schichtpausen bei 3-Schichtbetrieb betragen ½ Stunde und werden bezahlt.

(3) …

II. Conti-Schicht

(1) Im Geltungsbereich der vollkontinuierlichen Arbeitszeit kann die Produktionszeit

grundsätzlich 168 Stunden pro Woche (7 × 24 Stunden) unter Einbeziehung von Sonn- und Feiertagen betragen.

(2) …”

§ 9 MTV lautet (auszugsweise):

㤠9 Rufbereitschaft

Beschäftigte, die nicht im Betrieb anwesend zu sein brauchen, sich aber für einen evtl.

Einsatz bereit halten müssen, erhalten für diese Zeit eine Vergütung. Der Personenkreis, der Zeitraum und die Grundsätze der Vergütung sind durch Betriebsvereinbarung zu regeln”.

§ 11 MTV lautet (auszugsweise):

„§ 11 Spät-, Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit

1. …

2. …

3. Sonn- und Feiertagsarbeit ist die an Sonn- und Feiertagen in der Zeit von 0.00 bis

24.00 Uhr geleistete Arbeit.

Die Zuschläge betragen:

(1) …

(6) Für jede Stunde bei voll kontinuierlicher Arbeitsweise 6%.

(7) …

(8) …”.

Die Betriebsparteien schlossen am 20.07.2006 die „Betriebsvereinbarung 05/2006” (Bl. 21 f. d.A.). Dort heißt es (auszugsweise) u.a.:

„Zwischen der Geschäftsleitung und dem Betriebsrat wird folgende Betriebsvereinbarung zur Rufbereitschaft außerhalb der betriebsüblichen Arbeitszeit abgeschlossen:

  1. Rufbereitschaft der Schlosser-Instandhaltung für die PC-Produktion …
  2. Rufbereitschaft der Elektriker für den gesamten Betrieb …
  3. Druckmaschinen PC-Produktion …
  4. Die Rufbereitschaft wird mit einem Betrag von EUR 235,00 monatlich vergütet. Voraussetzung ist, dass für mindestens 12 Tage ein Lohnzahlungsanspruch besteht. …
  5. Wird während der Rufbereitschaft die Anwesenheit der Mitarbeiter im Betrieb erforderlich, so wird die Zeit wie folgt vergütet:

    1. Es wird ein Fahrgeld von EUR 10,50 gezahlt.
  6. Die zur Zeit von der Rufbereitschaft betroffenen Mitarbeiter sind im Anhang (a) dieser Vereinbarung beigefügt. Weitergehend werden keine anderen Mitarbeiter zu Arbeitseinsätzen außerhalb der betriebüblichen Arbeitszeit herangezogen.

…”.

Am 30.11.2006 schloss die Beklagte mit der IG Metall den aus Bl. 13 f. d.A. ersichtlichen Sanierungstarifvertrag (folgend SanierungsTV). § 3 Abs. 5 SanierungsTV sieht für die dort genannten Regelungspunkte den Abschluss einer Betriebsvereinbarung vor (Anlage 1 zum SanierungsTV).

In Ziffer 3 der Betriebsvereinbarung 08/2006 vom 12.12.2006 (Bl. 15 ff. d.A.) heißt es:

„Die Schichtpa...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Deutsches Anwalt Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge