Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung eines Leiters eines Rentensachgebietes in der Wiedergutmachungsverwaltung. Tarifgeltung bei Änderung der tatsächlichen Verhältnisse. Höhergruppierung
Leitsatz (amtlich)
Auch wenn sich Art und Umfang der Aufgaben der Wiedergutmachungsverwaltung seit Abschluß des Tarifvertrages verändert haben, führt das nicht notwendig zum Wegfall der Geschäftsgrundlage. Solange die Tarifvertragsparteien nicht von der Möglichkeit der Kündigung Gebrauch machen, gelten die normierten Tätigkeitsmerkmale weiter.
Der Angestellte, der zu mehr als 50 % seiner Tätigkeit „Leiter einer Rentenüberwachungsstelle” ist, muß nach den tariflichen Tätigkeitsmerkmalen eingruppiert werden.
Normenkette
BAT Vergütungsgruppe III § 22; BAT Vergütungsgruppe III § 23
Verfahrensgang
ArbG Trier (Urteil vom 23.04.1996; Aktenzeichen 3 Ca 61/96) |
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Trier vom 23.04.1996 – 3 Ca 61/96 wird auf seine Kosten zurückgewiesen.
Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um tarifgerechte Eingruppierung. Seit 28.10.1963 ist der Kläger als Angestellter bei dem L. beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vereinbarten die Parteien, daß sich das Arbeitsverhältnis nach dem Bundesangestelltentarifvertrag und den diesen ergäzenden oder ändernden Tarifverträgen richtet. Zunächst war der Kläger als Registrator eingesetzt und ab dem Jahre 1966 als Sachbearbeiter in der W. Ab 01.06.1986 wurde der Kläger zum Leiter eines Rentensachgebietes beim Amt für W. in S. bestellt. Seit 01.06.1992 erhält er Vergütung nach der Vergütungsgruppe IV a BAT. Er verfolgt mit der vorliegenden Klage die Feststellung, daß das b. verpflichtet ist, ihm Vergütung nach Vergütungsgruppe III BAT zu zahlen.
Die Beschäftigungsdienststelle des Klägers, das Amt für W. in S. ist die einzige verbliebene W. sbehörde in Rheinland-Pfalz, mit zur Zeit ca. 60 Bediensteten. Die W. ist wesentlichen zuständig für die Entschädigung für Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung. Das L. hat in der Nachkriegszeit außer der Zuständigkeit für Antragsteller aus dem eigenen Bundesland im Rahmen einer Aufgabenverteilung unter den W. behörden der Länder die Sonderzuständigkeit für alle Antragssteller übernommen, die aus den Gebieten außerhalb Deutschland stammten und ihren Wohnsitz in außereuropäischen Ländern hatten. Dazu rechnen vor allem Israel und die Vereinigten Staaten von Amerika, wohin sich besonders viele verfolgte Juden geflüchtet hatten oder ausgewandert waren. Ende 1967 hatte die rheinland-pfälzische W. rund 720 Mitarbeiter beschäftigt, danach verminderte sich der Arbeitsanfall deutlich, so daß seit 1968 die Zahl der Bediensteten kontinuierlich reduziert wurde. In den 70iger Jahren führte dies zu einer organisatorischen Straffung der W. aufgelöst wurden das L. Mainz sowie die Außenstelle in Berlin. Es folgten die Bezirksämter in Mainz und Neustadt und später in Koblenz. Die Beschäftigungsdienststelle führte fortan statt Bezirksamt die Bezeichnung Amt für W.. Von diesem Amt wurden im November 1994 insgesamt 36.648 Rentenzahlungen geleistet und dafür knapp 30 Mio. DM pro Monat ausgezahlt. Rentenzahlungen gehen zu 98 % ins außereuropäische Ausland, davon je zu einem Dritte nach Israel und in die USA. In Rheinland-Pfalz selbst wohnen noch etwa 120 Rentenempfänger. Der vom S.er Amt verwaltete Gesamtetat belief sich für das Jahr 1993 auf knapp 400 Mio. DM.
Am 14.12.1964 schlossen das L., die Gewerkschaften Ö. und D. für die in den Schadensabteilungen der Bezirksämter für W. des Landes Rheinland-Pfalz tätigen Angestellten einen Tarifvertrag. Als Ergänzung der Anlage 1 a zum BAT wurden spezielle Tätigkeitsmerkmale eingefügt. Der Tarifvertrag trat am 01.09.1964 in Kraft. Durch Tarifvertrag vom 01.03.1967 wurde dieser Tarifvertrag erstmals geändert. Eine weitere Änderung erfolgte am 01.08.1967. Durch den 3. Tarifvertrag zur Änderung über die Eingruppierung der Angestellten in den Schadensabteilungen der Bezirksämter für W. des Landes vom 25.01.1975 wurde die heute noch gültige Fassung des Tarifvertrages vereinbart. Der Tarifvertrag hat, sofern für das Klageverfahren von Bedeutung, folgenden Wortlaut:
„§ 1
Ergänzung der Anlage 1 a zum BAT
In der Anlage 1 a zum BAT werden nachstehende Tätigkeitsmerkmale eingefügt:
Vergütungsgruppe III:
Hauptsachgebietsleiter, der sich mindestens sechs Jahre als solcher in der Vergütungsgruppe IV a bewährt hat
(hierzu Protokollnotiz Nr. 1),
Angestellter als Leiter einer großen Rentenüberwachungsstelle, der sich mindestens sechs Jahre als solcher in der Vergütungsgruppe IV a bewährt hat
(hierzu Protokollnotiz Nrn. 1 und 2),
Vergütungsgruppe IV a:
Hauptsachgebietsleiter,
Angestellter als Leiter einer großen Rentenüberwachungsstelle
(hierzu Protokollnotiz Nr. 2),
Angestellter als Leiter einer Rentenüberwachungsstelle, der sich mindestens sechs Jahre als solcher in der Vergütungsgruppe IV b bewährt hat
(hierzu Protokoll...