Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung, außerordentliche. Pflichtverletzung. Außerordentliche Kündigung und Pflichtverletzung
Leitsatz (redaktionell)
Die Nichteinhaltung der angeordneten Arbeitszeit, um statt dessen private Dinge zu erledigen, ohne das im Betrieb vorhandene Zeiterfassungsgerät zu betätigen, stellt eine grobe Pflichtwidrigkeit dar, bei welcher der Arbeitnehmer nicht davon ausgehen kann, dass sie der Arbeitgeber hinnimmt.
Die ungenehmigte Entnahme von Material aus dem Lager des Arbeitgebers und die Anweisung an Kollegen dieses Material für private Zwecke des Arbeitnehmers weiterzuverarbeiten, stellt eine grobe Pflichtvereltzung dar, die vom Arbeitgeber nicht tolerierbar ist.
Normenkette
BGB § 626 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 02.05.2007; Aktenzeichen 10 Ca 326/07) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 02.05.2007, AZ. 10 Ca 326/07, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Rechtswirksamkeit von zwei fristlos sowie hilfsweise ordentlich erklärten Kündigungen.
Von einer wiederholenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird zur Vermeidung von Wiederholungen gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 02.05.2007 (dort Seite 2 – 8 = Bl. 68 – 74 d. A.) Bezug genommen.
Der Kläger hat beantragt,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die fristlose Kündigung vom 02.02.2007, durch Boten überbracht, beendet wurde,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die fristlose Kündigung vom 02.02.2007, durch Einschreiben/Rückschein am 03.02.2007 zugegangen, beendet wurde,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 02.02.2007, durch Boten überbracht, beendet wurde,
- festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht durch die hilfsweise ordentliche Kündigung vom 02.02.2007, durch Einschreiben/Rückschein am 03.02.2007 zugegangen, beendet wurde.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Das Arbeitsgericht Mainz hat mit Urteil vom 02.05.2007 (Bl. 67 ff. d. A.) die Klage insgesamt abgewiesen. Zur Begründung dieser Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Klage sei nicht bereits wegen Versäumung der Klagefrist und der hieraus folgenden Fiktionswirkung des § 7 KSchG unbegründet. Denn der Kläger habe am 09.02.2007 seine Klage beim Arbeitsgericht eingereicht und damit die Kündigung vom 02.02.2007 rechtzeitig angefochten. Zwar habe die Beklagte das Kündigungsschreiben vom 02.02.2007 dem Kläger einmal per Boten und einmal per Post am 03.02.2007 zustellen lassen, jedoch handele es sich hierbei nicht um zwei selbstständige Kündigungen, was durch den identischen Schreibfehler in beiden Kündigungsschreiben belegt sei. Die Klagefrist des § 4 S. 1 KSchG sei aber auch schon deshalb gewahrt, weil beiden Kündigungserklärungen keine unterschiedlichen Sachverhalte zugrunde liegen würden. Darüber hinaus habe sich der allgemeine Feststellungsantrag des Klägers aus seiner Klageschrift auch auf „andere Beendigungstatbestände” bezogen, und der Antrag, den Fortbestand über den 02.02.2007 hinaus festzustellen, etwaige weitere Kündigungserklärungen erfasst.
Die außerordentliche Kündigung vom 02.02.2007 sei rechtswirksam geworden, da die rechtlichen Voraussetzungen aus § 626 BGB erfüllt seien. Die drei vom Beklagten vorgetragenen Kündigungsgründe seien jeder für sich genommen bereits geeignet, einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung zu bilden.
So habe der Kläger am 31.01.2007 oder 01.02.2007 unstreitig am Vormittag seinen Arbeitsplatz verlassen, ohne den Beklagten zu informieren und um Erlaubnis zu bitten, seinen privaten Tätigkeiten nachgehen zu dürfen. Dabei habe der Kläger weder beim Verlassen der Werkstatt noch bei seiner Rückkehr das Zeiterfassungssystem bedient. Hierdurch habe er sich nicht nur arbeitsvertragswidrig verhalten, sondern auch einen Lohnanspruch für eine Zeit vorgetäuscht, für den eine Entgeltforderung nicht entstanden sei. Eine Rechtfertigung für sein Verhalten habe der Kläger nicht vorgetragen. Die Behauptung, er habe die halbstündige Mittagspause von 12.00 Uhr bis 12:30 Uhr durcharbeiten wollen, könne nicht als Rechtfertigung oder Entschuldigung herangezogen werden, da eine spätere Nacharbeit nach Aufdeckung der Pflichtverletzung – im vorliegenden Fall habe der Beklagte den Kläger bereits um 11:30 Uhr zufällig bei seinen privaten Besorgungen in der Stadt angetroffen – lasse die Vertragsverletzung nicht entfallen. Soweit er behauptet, bei Bedienung des Zeiterfassungssystems wäre eine unzutreffend lange Pause von dem System gespeichert worden, habe der Kläger hieraus nicht folgern dürfen, es sei ihm erlaubt gewesen, Lage und Dauer seiner Pause unkontrollierbar selbst festzulegen.
Des Weiteren habe...