Entscheidungsstichwort (Thema)

Betriebsgeheimnis. Schadensersatz. Schlüssigkeit. Schlüssigkeit eines Anspruchs auf Schadensersatz wegen Verrats von Betriebsgeheimnissen

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Schadenersatzanspruch wegen Verrats von Betriebsgeheimnissen setzt u.a. voraus, dass die klagende Partei darzulegen vermag, worin ein solches bestand und welche konkrete Verratshandlung durch den Beklagten begangen wurde.

2. Ein Betriebsgeheimnis betrifft den technischen Bereich. Hierbei ist jede mit einem Geschäftsgeheimnis stehende Tatsache zu verstehen, die nur einem begrenzten Personenkreis bekannt und damit nicht offenkundig ist und nach dem ausdrücklichen oder erklärten und konkludenten Willen des Inhabers aufgrund eines berechtigten wirtschaftlichen Interesses geheim gehalten werden soll.

3. Ein Betriebsgeheimnis wird offenkundig, wenn es jedermann bekannt oder doch ohne weiteres zugänglich ist.

 

Normenkette

BGB § 241 Abs. 2, §§ 280, 667, 687 Abs. 2, § 823 Abs. 2; UWG §§ 17-18

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 12.01.2006; Aktenzeichen 2 Ca 3602/03)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 12.01.2006 – 2 Ca 3601/03 – wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin, die ein Unternehmen zur Produktion und Vermarktung von Phosphaten und Phosphorsäure für Lebensmittel, Pharmazeutika und anderes mehr betreibt, nimmt den bei ihr zuletzt als Bereichsleiter Produktion und Technik mit einem Bruttomonatsentgelt von 7.008,90 EUR beschäftigt gewesenen Beklagten auf Schadenersatz in Anspruch.

In der Zeit von Ende des Jahres 2001 bis etwa zur Mitte des Jahres 2003 war der Beklagte unter Aufrechterhaltung seines Beschäftigungsverhältnisses mit der Klägerin damit betraut, bei deren Tochtergesellschaft in X-Stadt, der Firma V.-A-Stadt (nachfolgend: V.), die dort bereits bestehenden Produktionsanlagen und die Errichtung einer neuen Tricalcium-Phosphat-Anlage fachlich zu beaufsichtigen. Während dieser Zeit war der Beklagte überwiegend in X-Stadt tätig. Die Errichtung der Anlage erfolgte innerhalb des projektierten Kostenrahmens von etwa 4 Millionen Euro. Der Beklagte selbst war durch Hauptversammlungsbeschluss vom 06.08.2001 zum General-Manager der V. berufen worden.

Der Beklagte erstattete unter dem 09.11.2005 Anzeige nach § 371 AO, in welcher er u. a. ausführt, insgesamt 179.000,– EUR auf sein Konto in X-Stadt von Herrn U., dem geschäftsführenden Gesellschafter der Firma T. erhalten zu haben, um es nach Tausch in US-Dollar in bar zurückzugeben.

Zu den weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachstandes wird auf den umfassenden Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Mainz vom 12.01.2006 – 2 Ca 3602/03 (Seite 7 – 8 des Urteils = Bl. 497 – 503 d. A.) Bezug genommen. Gleiches gilt hinsichtlich der erstinstanzlich gestellten Anträge.

Das Arbeitsgericht hat die erstinstanzlich noch auf Zahlung von 240.000,– EUR gerichtete Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt,

ein Anspruch unter dem Gesichtspunkt des Verrats von Betriebsgeheimnissen scheide aus; denn bei unterstellter Pflichtverletzung des Beklagten und der Verwirklichung der Tatbestände der §§ 17, 18 UWG sei berücksichtigen, dass die Datenweitergabe zur Errichtung der Tricalcium-Phosphat-Anlage an die Firma S. erforderlich gewesen sei, um die Anlage in X-Stadt zu erstellen. Nach dem unwidersprochenen Vortrag der Klägerin fehle es an einer Vereinbarung darüber, dass über den Inhalt der Pläne und der entsprechenden Gespräche Stillschweigen zu bewahren gewesen sei. Einen Schaden könne die Klägerin nicht durch eine Bezugnahme auf die Vereinbarung zwischen dem Beklagten und der Firma S. berechnen. Die dem Beklagten überwiesenen Zahlungen stellten sich nicht als Verletztergewinn im Sinne der BGH-Rechtsprechung dar. Die Errichtung der Anlage in X-Stadt wäre ohne die weitergegebenen Daten nicht möglich gewesen, sodass das entscheidende Fehlverhalten des Beklagten nicht in der Weitergabe eines Betriebsgeheimnisses liegen könne. Die Datenweitergabe stelle sich vielmehr deshalb als vertrags- und gesetzwidrig dar, weil sie nicht durch eine Geheimhaltungsvereinbarung abgesichert gewesen sei. Nach dem eigenen Vorbringen der Klägerin spräche nichts dafür, dass die an den Beklagten geleisteten Zahlungen dafür geleistet worden seien, das erlangte Wissen auch im Anlagenbau für Konkurrenten der Klägerin einzusetzen. Dass den Firmen S., S. Deutschland und R. ein entsprechender Markt zur Verfügung gestanden hätte, sei nicht behauptet. Die Klägerin könne sich auch nicht auf die Aussagen der Zeugen U. berufen. Der Zeuge U. habe davon gesprochen, dass der Beklagten für die „schwarz” geforderten 250.000,– EUR Ingenieurdienstleistungen habe erbringen sollen. Von einem „Einkauf” von Geheimnissen und deren Weiterverwertung sei nicht die Rede gewesen. Auch der Zeuge U. habe bei seiner Aussage nicht auf den Verrat von Geheimnissen abgestellt, sondern darauf, dass die von den Zeugen ...

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