Entscheidungsstichwort (Thema)

Außerordentliche Kündigung wegen schwerer Arbeitsvertragsverletzung. Beweiskraft. Indizien. Kündigung. außerordentliche

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Der Kläger ist im Kündigungsschutzverfahren grundsätzlich darlegungs- und nachweispflichtig dafür, dass eine Betriebsratsanhörung erforderlich ist und er nicht leitender Angestellter ist.

2. Der Tatrichter ist bei einem auf Indizien gestützten Beweis grundsätzlich frei, welche Beweiskraft er den Indizien im einzelnen und in einer Gesamtschau für seine Überzeugungsbildung beimisst. Er stellt die den Indizien zukommenden Wahrscheinlichkeitsgrade und somit die sich daraus ergebenden Schlussfolgerungen fest und unterliegt dabei – abgesehen von den allgemeinen Beweisverwertungsverboten – keinen rechtlichen Einschränkungen für die Berücksichtigung von Tatsachen, die eine häufigere Wahrscheinlichkeit für die eigentlich zu beweisende Haupttatsache aufweisen und damit eine Indizwirkung entfalten können.

 

Normenkette

BGB § 626; ZPO § 286

 

Verfahrensgang

ArbG Mainz (Urteil vom 04.05.2004; Aktenzeichen 2 Ca 3212/03)

 

Tenor

1. Die Berufung des Klägers gegen dasUrteil des Arbeitsgerichts Mainz vom04.05.2004 – 2 Ca 3212/03 – wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

2. Der Auflösungsantrag des Klägers wird abgewiesen.

3. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung vom 29.10.2003, die der beklagte Arbeitgeber zum 30.04.2004 ausgesprochen hat, sowie über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung vom 12.12.2003.

Der am 11.01.1960 geborene, verheiratete und einem Kind gegenüber unterhaltsverpflichtete Kläger war bei der Beklagten zunächst als Betriebsleiter (Leiter eines Produktionsbetriebs/einer Produktionsgruppe) beschäftigt, nahm seit dem 01.04.1992 die Funktion des Produktionsleiters am Sitz der Beklagten in C-Stadt wahr und wurde zuletzt seit 01.01.2000 nach einer Neustrukturierung der Unternehmensorganisation als Bereichsleiter Produktion und Technik mit einem Bruttomonatsgehalt von 7.008,90 EUR tätig. Für seinen Bereich besaß er Handlungsvollmacht.

Die Beklagte betreibt in C-Stadt einen Betrieb zur Produktion und Vermarktung von Phosphaten und Phosphorsäure für Lebensmittel, Pharmazeutika u. a. m.. Sie beschäftigt dort etwa 600 Arbeitnehmer. Es besteht ein Betriebsrat.

In der Zeit vom Dezember 2001 – so die Beklagte – von August 2001 – so der Kläger – bis einschließlich April 2003 – so die Beklagte – bis Juni 2003 – so der Kläger – wurde der Kläger unter Aufrechterhaltung seines Beschäftigungsverhältnisses mit der Beklagten damit betraut, bei der Tochtergesellschaft der Beklagten, der Fa. E. die dort bereits bestehenden Produktionsanlagen und die Errichtung einer neuen Tricalciumphosphatanlage fachlich zu beaufsichtigen. Während dieser Zeit war der Kläger überwiegend in M tätig. Die Entscheidung zum Bau der neuen Anlage mit einem Investitionsvolumen von ca. 4 Mio. wurde im Mai 2002 getroffen. Die Inbetriebnahme war für April/Mai 2003 vorgesehen.

Nach seiner Rückkehr nahm der Kläger wieder seine Aufgaben in C-Stadt wahr.

§ 13 des Dienstvertrages vom 28.08.1987 (Bl. 9 ff., 12 d. A.) enthält u. a. folgende Regelung:

„Vertragsdauer und Kündigung

….

Während dieser Probezeit kann dieser Vertrag nur mit einer Frist von 4 Wochen zum Ende des Kalendermonats gekündigt werden.

Im übrigen kann dieser Vertrag nur mit einer Frist von 3 Monaten zum Ende eines Kalendervierteljahres gekündigt werden. Die Kündigung kann rechtswirksam nur schriftlich erklärt werden. Die Kündigungserklärung muss auch den Kündigungsgrund enthalten. Das beiderseitige Recht zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund bleibt unberührt. … „

Am 22.08.2003 suchte der Kläger den Sprecher der Geschäftsleitung der Beklagten, den Prokuristen Dr. K. – H. D auf und bot diesem an, sein Anstellungsverhältnis mit der Beklagten gegen entsprechende Abfindung zu beenden.

Mit Schreiben vom 16.10.2003 (Bl. 88 d. A.) wandte sich der Kläger an die persönlich haftenden Gesellschafter der Komplementärin der Beklagten. Auf den Inhalt dieses Schreibens wird Bezug genommen.

Aufgrund nachfolgender zwischen den Parteien geführter Gespräche wurde der Kläger von seiner Tätigkeit schriftlich unter dem 21.10.2003 (Bl. 15 d. A.) freigestellt und mit Schreiben vom 29.10.2003 fristgemäß zum 30.04.2004 gekündigt.

Mit Schreiben vom 11.12.2003 (Bl. 106 d. A.) hörte die Beklagte den Betriebsrat zu einer beabsichtigten fristlosen Kündigung des Klägers an. Der Betriebsrat lehnte mit Schreiben vom 12.12.2003 (Bl. 107 d. A.) im Hinblick auf die Benennung des Klägers als leitender Angestellter durch die Geschäftsleitung eine Entscheidung ab.

Mit Schreiben vom 12.12.2003 sprach die Beklagte dem Kläger gegenüber eine fristlose Kündigung mit sofortiger Wirkung aus. Als Grund wurde im Kündigungsschreiben (Bl. 46 d. A.) angegeben: „Verrat von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen in einem besonders schweren Fall, aus Eigennutz gegen Bezahlung von 179.000,– EUR.”

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