Entscheidungsstichwort (Thema)
Interessenausgleich. Klageantrag. Namensliste. Verhältnismäßigkeit. Änderungsangebot. Änderungskündigung. Änderungsschutzklage
Leitsatz (amtlich)
Bei einer Änderungskündigung, deren Änderungsangebot der Arbeitnehmer unter dem Vorbehalt des § 2 S. 1 KSchG angenommen hat, ist zu prüfen, ob die vorgeschlagene Vertragsänderung geeignet und erforderlich ist, um den Inhalt des Arbeitsverhältnisses den geänderten Beschäftigungsmöglichkeiten anzupassen. Die angebotenen Änderungen dürfen sich nicht weiter vom Inhalt des bisherigen Arbeitsvertrages entfernen als es zur Erreichung des angestrebten Ziels unter Berücksichtigung des Inhaltsschutzinteresses des Arbeitnehmers unbedingt erforderlich ist.
Normenkette
GewO § 106; KSchG § 1 Abs. 5, §§ 2, 4 S. 2
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Urteil vom 18.04.2005; Aktenzeichen 8 Ca 384/05) |
Tenor
1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 18.04.2005 – 8 Ca 384/05 – wird auf Kosten des Beklagten zurückgewiesen.
2. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Änderungskündigung, die der Kläger unter Vorbehalt angenommen hat.
Der Kläger ist seit dem 02.05.1995 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Obermonteur auf Montage bei Drittunternehmen zu einer monatlichen Vergütung von 2.600,– Euro aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 01.11.1995 (Bl. 80 – 83 d.A.) beschäftigt. Die Beklagte ist nicht tarifgebunden.
Die Beklagte hat mit ihrem Betriebsrat am 28./29.12.2004 einen Interessenausgleich und einen Sozialplan zum Abbau von Arbeitnehmern abgeschlossen. Auf einer beigefügten Namensliste ist auch der Kläger enthalten mit der Einschränkung, dass sein Arbeitsverhältnis aus betriebsbedingten Gründen nicht direkt beendet werden soll, sondern dass ihm eine Änderungskündigung zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses in Wesseling ausgesprochen werden soll. Nach den vorgenannten Vereinbarungen sollten zuletzt noch 63 von insgesamt 141 Mitarbeitern in Ludwigshafen freigesetzt werden.
Die Beklagte hat das mit dem Kläger bestehende Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 25.01.2005 aus betriebsbedingten Gründen zum 30.04.2005 ordentlich gekündigt. Gleichzeitig hat sie ihm angeboten, das Arbeitsverhältnis unter geänderten Bedingungen an ihrem Standort in Wesseling fortzusetzen. Während der Kläger bisher im Betrieb Ludwigshafen 40 Stunden pro Woche arbeitete, sollte er zukünftig in Wesseling die dortige betriebsübliche Arbeitszeit von 37 Stunden erbringen. In dem Änderungsangebot hat die Beklagte auch inhaltlich den Bruttostundenlohn des Klägers verändert. Der Kläger hatte bisher im Betrieb Ludwigshafen einen festen Stundenlohn von 9,50 Euro, eine Montagezulage von 1,20 Euro und eine freiwillige jederzeit widerrufliche Leistungszulage in Höhe von 0,55 Euro, was einen Gesamtstundenlohn von 11,25 Euro ergibt. Die gleiche Vergütungshöhe soll der Kläger auch in Wesseling erhalten, allerdings soll sich zukünftig sein Bruttostundenlohn aus einem festen Lohn von 9,50 Euro und einer freiwilligen jederzeit widerruflichen Leistungszulage in Höhe von 1,75 Euro zusammensetzen.
Im vorliegenden Verfahren wendet sich der Kläger gegen die Wirksamkeit der Änderungskündigung. Er hat betriebsbedingte Gründe bestritten, weil nach seiner Auffassung genügend Arbeit in der Montagestätte Ludwigshafen vorhanden gewesen sei. Im Übrigen sei er nicht nur als Obermonteur sondern auch als Vorrichter eingesetzt gewesen. Auch hält er die Änderung der Arbeitsbedingungen in Wesseling für sozial nicht gerechtfertigt. Bei einem Einsatz in Wesseling habe er von seinem Wohnort A-Stadt aus eine längere Anfahrt vorzunehmen als dies in Ludwigshafen der Fall gewesen sei. Die Beklagte habe ihm die neuen Arbeitsbedingungen in Wesseling nicht eindeutig erklärt. Für die Absenkung der Wochenarbeitszeit gebe es genauso wenig einleuchtende Gründe wie für eine Änderung seiner Stundenvergütung.
Der Kläger hat beantragt,
festzustellen, dass die Änderung der Arbeitsbedingungen durch die Änderungskündigung vom 25.01.2005 unwirksam sind.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Hinsichtlich der Betriebsbedingtheit hat sie auf den Interessenausgleich nebst Sozialplan vom 28./29.12.2004 und der gleichzeitig hierbei vereinbarten Namensliste Bezug genommen. Wegen Verlustes von Großkunden und starker Auftragseinbrüche habe sie nahezu die Hälfte der Belegschaft in Ludwigshafen abbauen müssen. Für den Kläger habe die günstige Situation bestanden, dass er in Wesseling weiterbeschäftigt werden könne. Die Arbeitszeit in der Arbeitsstätte Wesseling betrage betriebseinheitlich 37 Stunden pro Woche, so dass der Kläger nur im Rahmen der dortigen Organisation eingesetzt werden könne. Die Höhe des bisherigen Stundenlohnes sei auch nicht verändert worden. Schließlich erhalte der Kläger die betriebsüblichen Auslöseleistungen in Wesseling.
Das Arbeitsgericht hat durch Urteil vom 18.04.2005 der Klage stattgegeben. ...