Entscheidungsstichwort (Thema)

Mobbing. Schmerzensgeld

 

Leitsatz (redaktionell)

Ob ein nach arbeitsrechtlichem Verständnis für die Annahme von Mobbing erforderliches systematisches Anfeinden, Schikanieren und Diskriminieren vorliegt, hängt immer von den Umständen des Einzelfalles ab. Dabei ist eine Abgrenzung zu dem in einem Betrieb im Allgemeinen üblichen oder rechtlich erlaubten und deshalb hinzunehmenden Verhalten erforderlich. Nicht jede Auseinandersetzung oder Meinungsverschiedenheit zwischen Kollegen und/oder Vorgesetzten und Untergebenen erfüllt den Begriff des Mobbing. Bei kurzfristigen Konfliktsituationen mit Vorgesetzten oder Arbeitskollegen fehlt es in der Regel schon an der notwendigen systematischen Vorgehensweise.

 

Normenkette

BGB § 847

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Urteil vom 26.05.2004; Aktenzeichen 1 Ca 331/04)

 

Tenor

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 26.05.2004, Az.: 1 Ca 331/04 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Leistung von Schmerzensgeld wegen Mobbings.

Von der Darstellung des unstreitigen Tatbestandes sowie des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Abstand genommen und auf die Zusammenfassung im Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 26.05.2004 (dort S. 3 bis 5 = Bl. 47 bis 49 d.A.) Bezug genommen.

Die Klägerin hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,00 EUR zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht Kaiserslautern hat mit Urteil vom 26.05.2004 die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die rechtlichen Voraussetzungen eines Schmerzensgeldanspruches seien unter Beachtung von §§ 847, 823, 831 BGB im vorliegenden Fall nicht erfüllt. Der Tatsachenvortrag der Klägerin zu dem behaupteten Mobbingverhalten sei weitgehend unsubstantiiert. Soweit sie sich auf eine angebliche Äußerung ihrer Vorgesetzten X nach einem von der Klägerin erlittenen Unfall berufe, würden jegliche Angaben darüber, wann und wo Frau X die entsprechende Äußerung gemacht haben solle und inwiefern diese Äußerung dem Arbeitgeber zurechenbar sei, fehlen. Die Behauptung der Klägerin, ihre Versetzung nach R stelle eine Mobbingmaßnahme des Arbeitgebers dar, sei nicht nachvollziehbar. Vielmehr sei sie durch die Versetzung doch gerade dem Einfluss der Leiterin der Filiale in B-Stadt, die sie angeblich schikaniert habe, entzogen worden. Außerdem sei es nachvollziehbar, dass die Beklagte ein betriebliches Interesse daran habe, die Klägerin in eine umsatzschwächere Filiale zu versetzen, wenn diese in sechs Monaten ein Fehltagekonto von 92 Werktagen aufzuweisen habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe des Arbeitsgerichtes wird auf S. 6 f. des Urteils vom 26.05.2004 (= Bl. 50 f. d.A.) verwiesen.

Die Klägerin, der die Entscheidung des Arbeitsgerichtes am 24.06.2004 zugestellt worden ist hat am 20.07.2004 Berufung zum Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz eingelegt und am 19.08.2004 ihr Rechtsmittel begründet.

Die Klägerin macht geltend,

nach einem Urteil des Landesarbeitsgerichtes Thüringen sei für ein schmerzensgeldpflichtiges Mobbingverhalten nicht erforderlich, dass die Mobbinghandlungen systematisch und über einen längeren Zeitraum erfolgen müssten; vielmehr reiche es aus, dass eine jeweilige Gelegenheit ausgenutzt werde. Im vorliegenden Fall habe die Vorgesetzte der Klägerin Frau X, nachdem die Klägerin einen Unfall erlitten habe, geäußert, die Klägerin habe sich hoffentlich „ihr verlogenes Mundwerk aufgeschlagen”. Da die Klägerin bei der Äußerung, welche Frau X nicht ihr gegenüber, sondern gegenüber ihren Kolleginnen Frau W und Frau V gemacht habe, nicht anwesend gewesen sei, könne sie den genauen Zeitpunkt der Äußerung nicht benennen. Angesichts der Beweisnot der Klägerin hätte das Arbeitsgericht Kaiserslautern die Zeuginnen W und V zu der Behauptung der Klägerin vernehmen müssen.

Sie, die Klägerin habe sich nach dem diskriminierenden Verhalten ihrer Vorgesetzten Frau X an den Betriebsleiter der Beklagten gewandt, der jedoch ihr Hilfeersuchen zurückgewiesen habe unter Hinweis darauf, dass die Regelung privater Zwistigkeiten nicht zu seinem Aufgabengebiet gehöre. Mithin sei die Beklagte den ihr als Arbeitgeberin obliegenden Schutzpflichten gegenüber der Klägerin nicht nachgekommen. Soweit das Arbeitsgericht die Auffassung vertreten habe, die Versetzung der Klägerin sei angesichts des Fehltagekontos von 92 Werktagen, aufgrund eines betrieblichen Interesses der Beklagten notwendig geworden, werde nicht hinreichend berücksichtigt, dass auch die erhöhten Fehlzeiten der Klägerin ein weiteres Indiz für die Mobbingmaßnahmen seitens ihrer Vorgesetzten Frau X seien.

Nach alledem habe die Klägerin – im Hinblick auf die für sie nach Artikel 6 EMRK gebotenen Beweiserleichterungen – das Mobbingsverhalten der Beklagten hinreichend substantiiert dargelegt.

Wegen...

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