Entscheidungsstichwort (Thema)
Betriebsbedingte Kündigung eines Personalleiters bei Wegfall einer Leitungsebene. Umfang der Darlegungslast zur Umsetzbarkeit der unternehmerischen Organisationsentscheidung
Leitsatz (redaktionell)
1. Dringende betriebliche Erfordernisse für eine Kündigung im Sinne des § 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 3 KSchG können sich daraus ergeben, dass sich die Arbeitgeberin zu einer organisatorischen Maßnahme entschließt, bei deren Umsetzung das Bedürfnis für die Weiterbeschäftigung einzelner oder mehrerer Beschäftigter entfällt; läuft die unternehmerische Entscheidung auf den Abbau einer Hierarchieebene oder die Streichung eines einzelnen Arbeitsplatzes hinaus verbunden mit einer Umverteilung der dem betroffenen Arbeitnehmer bisher zugewiesenen Aufgaben, muss die Arbeitgeberin im Einzelnen erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen.
2. In welcher Weise eine Arbeitgeberin darlegt, dass die Umverteilung von Arbeitsaufgaben nicht zu einer überobligatorischen Beanspruchung im Betrieb verbliebener Beschäftigter führt, bleibt ihr überlassen; handelt es sich um nicht taktgebundene Arbeiten, muss nicht in jedem Fall und minutiös dargelegt werden, welche einzelnen Tätigkeiten die fraglichen Beschäftigten künftig mit welchen Zeitanteilen täglich zu verrichten haben, sondern es kann ausreichend sein, wenn die Arbeitgeberin die getroffenen Vereinbarungen zu Umfang und Verteilung der Arbeitszeit darstellt und Anhaltspunkte dafür darlegt, dass Freiräume für die Übernahme zusätzlicher Aufgaben vorhanden sind.
3. Ist dem detaillierten Vortrag der Arbeitgeberin schlüssig zu entnehmen, dass und wie die anfallenden Arbeiten im Einzelnen vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen und damit im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen monatlichen Arbeitszeit erledigt werden können, reicht dies für die Darlegung der Umsetzbarkeit der unternehmerischen Entscheidung aus.
Normenkette
KSchG § 1 Abs. 2 S. 1 Alt. 3
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 11.01.2013; Aktenzeichen 4 Ca 936/12) |
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 11. Januar 2013, Az. 4 Ca 936/12, abgeändert und die Klage abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer betriebsbedingten Kündigung der Beklagten vom 27.02. zum 31.08.2012.
Der Kläger (geb. am 07.12.1955, verh., zwei unterhaltsberechtigte Kinder) war seit 01.02.2001 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgängerin als Personalleiter ("Head of H.") zu einem Bruttomonatsgehalt von zuletzt ca. € 11.000,00 am Standort K. beschäftigt. Die Beklagte, die einem Konzern angehört, unterhält in Deutschland vier Standorte und zwar in:
P. mit 408 Arbeitnehmern
K. mit 147 Arbeitnehmern
W. mit 88 Arbeitnehmern
Ko. mit 137 Arbeitnehmern + 10 sog. Hotel-Mitarbeiter, die auswärtig eingesetzt werden
Die Beklagte beschäftigte bislang drei Personalleiter und zwar:
T. W. für die Standorte W. und K.
(seit 2003, geb. 1956, verh., kinderlos)
A. S. für den Standort P.
(seit 2006, geb. 1955, verh., 1 KFB lt. LStk.)
den Kläger für den Standort Ko.
Anders als dem Kläger erteilte die Beklagte den Personalleitern B. und S. im März 2008 bzw. April 2007 Prokura. Den Personalleiter B. ernannte sie mit Schreiben vom 19.01.2012 zum Vorgesetzten des Klägers.
Für den Standort Ko. beschloss die Beklagte umfangreiche Restrukturierungen, die bis zum 31.12.2013 abgeschlossen sein sollen. Die Zahl der Mitarbeiter soll um 55 FTE ("full time equivalent") gegenüber dem Stand 15.09.2010 sinken. Die Beklagte schloss am 17.05.2011 mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung zum Interessenausgleich und Sozialplan. Sie wurde auf Seiten der Geschäftsführung ua. vom Kläger unterzeichnet.
Mit Schreiben vom 27.02.2012 kündigte die Beklagte nach vorsorglicher Anhörung des Betriebsrats das Arbeitsverhältnis mit dem Kläger ordentlich zum 31.08.2012. Gegen diese Kündigung wendet sich der Kläger mit seiner am 09.03.2012 erhobenen Klage. Außerdem macht er seine Weiterbeschäftigung geltend.
Die Beklagte begründet die Kündigung mit der Organisationsentscheidung, die Anzahl der Personalleiter von drei auf zwei zu reduzieren. Danach soll künftig ein Personalleiter mit Sitz in K. zuständig sein für die Standorte K., W. und Ko. (408 Mitarbeiter) und ein Personalleiter für den Standort P. (340 Mitarbeiter). Hierdurch entfalle die Stelle des Personalleiters in Ko.. Sein Arbeitspensum könne vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung vom 27.02.2012 nicht aufgelöst wurde,
die Beklagte zu verurteilen, ihn zu unveränderten Bedingungen als Personalleiter über den 31.08.2012 hinaus weiterzubeschäftigen.
Die Beklagte hat beantragt,
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