Entscheidungsstichwort (Thema)
Darlegungslast des Arbeitgebers für fehlenden Arbeitswillen des Arbeitnehmers. Beharrlichkeit bei fehlendem Arbeitswillen. Krankheitsbedingtes Fehlen kein Indiz für mangelnden Arbeitswillen. Entgeltfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein langes, unentschuldigtes Fehlen reicht für einen fehlenden Arbeitswillen alleine nicht aus; es bedarf einer gewissen Beharrlichkeit.
2. Beharrlichkeit ist auch bei einer einmaligen Weigerung, eine Anweisung zu befolgen, anzunehmen, wenn der Arbeitnehmer zuvor bereits einschlägig abgemahnt worden ist.
Normenkette
BGB § 297; EFZG § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1-2; ZPO § 97 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Trier (Entscheidung vom 21.11.2019; Aktenzeichen 2 Ca 692/19) |
Tenor
Tatbestand
Die Parteien streiten über einen Anspruch des Klägers auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.
Der Kläger war bei der Beklagten aufgrund Arbeitsvertrags vom 07. Oktober 2003 (Bl. 29 bis 34 d. A.) seit dem 01. Oktober 1990 als Schlosser beschäftigt. Er ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 50.
Am 23. Mai 2019 verlangte der Meister und Produktionsleiter, Herr W. J., vom Kläger, an einer Presse Kantarbeiten durchzuführen. Der Kläger lehnte dies ab und begab sich zum Geschäftsführer der Beklagten, der ihn ebenfalls aufforderte, die Arbeiten zu erledigen. Der Kläger verließ daraufhin den Betrieb und suchte noch am gleichen Tag einen Arzt auf, der ihn für die Zeit vom 23. Mai bis 03. Juni 2019 krank-schrieb (Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vom 23. Mai 2019 für die Zeit vom 23. Mai bis 03. Juni 2019, Bl. 35 d. A.). In der Folge legte der Kläger der Beklagten durchgängig Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen über den 30. Juni 2019 hinaus vor (Bl. 36 - 40 d. A.). Die Arbeitsunfähigkeit des Klägers wurde durch den von der Beklagten eingeschalteten medizinischen Dienst bestätigt. Wegen des Vorfalls am 23. Mai 2019 erteilte die Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 04. Juni 2019 (Bl. 6 d. A.) eine Abmahnung, auf die Bezug genommen wird.
Die Beklagte rechnete die Vergütung des Klägers bis zum 22. Mai 2019 ab (Bl. 3 d. A.). Mit seiner beim Arbeitsgericht Trier erhobenen Klage beansprucht der Kläger Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Zeit vom 23. Mai bis zum 30. Juni 2019.
Wegen des wechselseitigen Vorbringens der Parteien erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 21. November 2019 - 2 Ca 692/19 - Bezug genommen.
Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt ,
- die Beklagte zu verurteilen, an ihn für nicht abgerechnete Kranken- und Feiertage im Mai 2019 einen Bruttolohn in Höhe von 855,63 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 27. Juni 2019 zu zahlen,
- die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 04. Juni 2019 zu widerrufen und aus der Personalakte zu entfernen,
- die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger für den Monat Juni 2019 einen Bruttolohn in Höhe von 2.682,50 EUR nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 05. Juli 2019 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt ,
die Klage abzuweisen.
Mit Urteil vom 21. November 2019 - 2 Ca 692/19 - hat das Arbeitsgericht der Klage hinsichtlich der geltend gemachten Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Zeit vom 23. bis 31. Mai 2019 in Höhe von 855,63 EUR brutto nebst Zinsen und für den Monat Juni 2019 in Höhe von 2.682,50 EUR brutto nebst Zinsen stattgegeben und sie im Übrigen hinsichtlich des geltend gemachten Anspruchs auf Entfernung der Abmahnung vom 04. Juni 2019 abgewiesen. Wegen der Begründung des Arbeitsgerichts wird auf die Entscheidungsgründe seines Urteils verwiesen.
Gegen das ihr am 23. Januar 2020 zugestellte Urteil des Arbeitsgerichts hat die Beklagte mit Schriftsatz vom 24. Januar 2020, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am 27. Januar 2020 eingegangen, Berufung eingelegt und diese nach antragsgemäßer Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 23. April 2020 mit Schriftsatz vom 17. April 2020, beim Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz am gleichen Tag eingegangen, begründet.
Die Beklagte trägt vor, der Kläger habe entgegen der Auffassung des Arbeitsgerichts keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Zeit vom 23. Mai bis 30. Juni 2019. Dabei könne dahingestellt bleiben, ob der Kläger in diesem Zeitraum tatsächlich arbeitsunfähig erkrankt gewesen sei und ob der medizinische Dienst die Arbeitsunfähigkeit des Klägers bestätigt habe. Nicht entscheidungserheblich sei auch, ob ein "Verschulden gegen sich selbst" vorliege. Dem geltend gemachten Entgeltfortzahlungsanspruch stehe nämlich entgegen, dass der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum nicht leistungswillig gewesen sei. Zwar trage der Arbeitgeber die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass der Arbeitnehmer zur Leistung subjektiv nicht bereit sei. Der Lei...