Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung gezahlten Arbeitsentgelts wegen Nichterbringung der Arbeitsleistung
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Entgeltfortzahlungsanspruch des Arbeitnehmers besteht nur dann, wenn die Arbeitsunfähigkeit die alleinige Ursache für den Ausfall der Arbeitsleistung ist. Der Anspruch setzt mithin voraus, dass der erkrankte Arbeitnehmer ohne die Arbeitsunfähigkeit einen Vergütungsanspruch gehabt hätte.
2. Dies ist nicht der Fall, wenn der Arbeitnehmer in dem Zeitraum der Entgeltfortzahlung aufgrund seiner fehlenden Leistungsbereitschaft unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt einen Vergütungsanspruch hatte.
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1, § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 22.02.2016; Aktenzeichen 6 Ca 4991/14) |
Tenor
I.
Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 22.02.2016 - 6 Ca 4991/14 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:
- Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 3.509,72 EUR netto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 29.07.2015 zu zahlen.
- Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II.
Die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens tragen der Kläger zu 5/9 und der Beklagte zu 4/9. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 1/4 und der Beklagte zu 3/4.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger nimmt den Beklagten auf Rückzahlung geleisteter Vergütung in Anspruch.
Der Beklagte war beim Kläger, der ein Obst- und Weingut betreibt, in der Zeit vom 1. Juli 2004 bis 31. März 2012 beschäftigt.
Die Parteien hatten in einem vor dem Arbeitsgericht Koblenz - 6 Ca 3512 /11 - geführten Verfahren u.a. darüber gestritten, ob der Beklagte das Arbeitsverhältnis mündlich am 12. Juli 2011 gekündigt hatte. In der Folgezeit kam es ab diesem Zeitpunkt zu keinem tatsächlichen Arbeitseinsatz des Beklagten im Betrieb des Klägers mehr. Im Gütetermin vom 9. November 2011 schlossen die Parteien vor dem Arbeitsgericht Koblenz - 6 Ca 3512/11 - einen Teil-Vergleich, nach dessen Ziff. 1 zwischen den Parteien Einigkeit besteht, dass das Arbeitsverhältnis ungekündigt fortbesteht. Ferner einigten sich die Parteien gemäß Ziff. 5 des Teil-Vergleichs darauf, dass der Kläger (dortiger Beklagter) seine Verpflichtung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz ab 1. August 2011 erfüllen wird und sich diesbezüglich der Beklagte (dortiger Kläger) verpflichtet, Kopien der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen für den Zeitraum vom 15. Juli 2011 "bis heute" unter Angabe der Ursachen der Erkrankungen dem Kläger (dortiger Beklagter) zu übergeben. Mit Schreiben vom 9. November 2011, das der Kläger dem Beklagten im Termin vom 9. November 2011 übergab, kündigte der Kläger das mit dem Beklagten bestehende Arbeitsverhältnis fristlos, hilfsweise ordentlich. Hiergegen hat sich der Beklagte in dem vor dem Arbeitsgericht Koblenz geführten Kündigungsschutzverfahren - 6 Ca 4055/11 - mit seiner Klage vom 10. November 2011 gewandt. Ausweislich des Schreibens der AOK vom 9. März 2012 (Bl. 31 d. A.) war der Beklagte in der Zeit vom 15. Juli bis 5. August 2011 und vom 15. August bis 28. November 2011 arbeitsunfähig krankgeschrieben.
Im Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Koblenz - 6 Ca 4055/11 - ging dem Prozessbevollmächtigten des Beklagten (dortiger Kläger) am 22. Dezember 2011 folgender Schriftsatz der seinerzeitigen Prozessbevollmächtigten des Klägers (dortiger Beklagter) vom gleichen Tag zu:
"In dem Rechtsstreit
C. ./. Obst- und Weingut A.
6 Ca 4055/11
erkennt der Beklagte an, dass die fristlose Kündigung vom 09.11.2011 unwirksam ist und das Arbeitsverhältnis des Klägers deshalb nicht fristlos durch sie beendet worden ist.
Der Beklagte hat mit Kündigungsschreiben vom 09.11.2011 dem Kläger allerdings auch hilfsweise fristgerecht gekündigt. Diese fristgerechte Kündigung hält er aufrecht. Er geht davon aus, dass das Arbeitsverhältnis durch ordentliche Kündigung zum 31.03.2012 beendet ist.
Der Beklagte fordert den Kläger auf, dass er seine Arbeit im obst- und weinbaulichen Betrieb des Beklagten unverzüglich wieder antritt und bis zum Ablauf der Kündigungsfrist ordnungsgemäß nachkommt."
Ab dem 27. Dezember 2011 war der Beklagte bis zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. März 2012 durchgehend krankgeschrieben.
Der Beklagte zahlte an den Kläger Vergütung für den Monat August 2011 in Höhe von 1.645,30 EUR netto am 18. November 2011, Vergütung für den Monat September 2011 in Höhe von 1.370,83 EUR am 22. Dezember 2011 und Vergütung für den Monat Dezember 2011 in Höhe von 1.645,30 EUR mit dem Vermerk "Zahlung unter Vorbehalt" am 19. Januar 2012.
Im Kündigungsschutzverfahren vor dem Arbeitsgericht Koblenz - 6 Ca 4055/11 - beantragte der Beklagte (dortiger Kläger) mit Schriftsatz vom 31. Januar 2012 die Feststellung, dass sich der Kläger (dortiger Beklagter) in Annahmeverzug befindet. Im Kammertermin vom 7. März 2012 schlossen die Parteien im Kündigungsschutzverfahren vor dem ...