Entscheidungsstichwort (Thema)

Tarifvertrag. Nachwirkung. Zahlungsklage. betriebliche Altersversorgung. Zustimmung zur Umstellung des Versicherungskontos. Ausschluss der Ablösung nachwirkender Tarifregelung durch ausdrücklichen Regelungsvorbehalt der Tarifvertragsparteien. Arbeitnehmerklage auf Nachzahlung von Lebensversicherungsbeiträgen und Zustimmung zur Änderung des Versicherungskontos aufgrund nachwirkender Tarifregelung

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Ablösung eines nachwirkenden Tarifvertrages setzt stets voraus, dass der neue Tarifvertrag einen bestimmten Komplex von Arbeitsbedingungen, der bislang Gegenstand des anderen nachwirkenden Tarifvertrages gewesen ist, insgesamt neu regelt.

2. Ist im neuen Tarifvertrag ("ex pressis verbis") für den Regelungskomplex einer zusätzlichen Alters- und Hinterbliebenenversorgung ein gesonderter Alterstarifvertrag ausdrücklich vorgesehen, liegen damit die Voraussetzungen einer (auch stillschweigenden) Ablösung des nachwirkenden Tarifvertrages nicht vor.

 

Normenkette

BGB § 611 Abs. 1; MTV § 23; TVG § 4 Abs. 5; DSK-TV § 23

 

Verfahrensgang

ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 12.07.2011; Aktenzeichen 4 Ca 324/11)

 

Tenor

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern - Auswärtige Kammern Pirmasens - vom 12.07.2011 - 4 Ca 324/11 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Zahlung von Lebensversicherungsbeiträgen auf eine Direktversicherung und Erteilung der Zustimmung zur inhaltlichen Veränderung eines bestehenden Versicherungskontos.

Die am 13.10.1951 geborene Klägerin ist bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin seit dem 01.07.2000 als Verwaltungsangestellte beschäftigt. Sie war bis zum 31.03.2008 in einem Umfang von 19,25 Stunden wöchentlich und ist seit dem 01.04.2008 in einem Umfang von 20 Stunden wöchentlich tätig.

Nach § 14 des zwischen der Klägerin und der Rechtsvorgängerin der Beklagten unter dem 03./05.07.2000 geschlossenen Arbeitsvertrages (vgl. Blatt 83 ff. d. A.), den die Parteien zwischenzeitlich durch den Arbeitsvertrag vom 25./26.03.2008 (vgl. Blatt 35 ff.) ersetzt haben, galt - soweit hier von Interesse - das Folgende:

"Für die Arbeitsbedingungen im Übrigen gelten die Bestimmungen des Tarifvertrages zwischen der D Sozialdienste gGmbH in R-P und der Gewerkschaft Ö D, T u V (Ö), Bezirksverwaltung R-P, in Kraft seit 1. Juli 1990, längstens jedoch bis zum Zustandekommen eines Tarifvertrages für das jeweilige Tarifgebiet oder die jeweilige Einrichtung. Ab diesem Zeitpunkt gelten dann die Bestimmungen des geschlossenen Tarifvertrages. Dies betrifft dann auch § 9 dieses Arbeitsvertrages. ... Soweit der jeweils gültige Tarifvertrag Regelungen nicht enthält, gelten die gesetzlichen Bestimmungen. Außerdem gelten das Heimgesetz und die dazugehörigen Rechtsverordnungen sowie die vom Träger erlassenen Dienstanweisungen und Hausordnungen in der jeweils gültigen Fassung".

In dem zwischen der Rechtsvorgängerin der Beklagten, der D Gesundheitsdienste gGmbH W, und der Gewerkschaft Ö unter dem 07.07.1998 geschlossenen und am 01.06.1998 in Kraft getretenen Tarifvertrag über eine zusätzliche Alters- und Hinterbliebenenversorgung (vgl. Blatt 47 ff. d. A.) wurde folgendes vereinbart:

§ 3 Form der Zusatzversorgung

1. Die Versorgung der Arbeitnehmer erfolgt auf Basis von Direktversicherungen nach § 1 Abs. 2 S. 1 des Gesetzes zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung (BetrAVG) bei der V Deutsche Lebensversicherung AG ...

2. Die D gGmbH schließt als Versicherungsnehmer auf das Leben ihrer Arbeitnehmer nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Tarifvertrages eine Versicherung ab, bei der die Arbeitnehmer bzw. Hinterbliebenen das Bezugsrecht auf die Versicherungsleistung erhalten.

§ 4 Art und Umfang der Versorgungsleistung

1. Die Direktversicherungen werden als Kapitallebensversicherung mit Berufsunfähigkeits-Zusatzversorgung (...) abgeschlossen. ...

...

§ 5 Beitragszahlung

1. Der Arbeitgeber leistet die Beiträge zur Direktversicherung zuzüglich pauschalierter Lohnsteuer nach § 40 b EStG (...) in folgenden Stufen:

Stufe 1: 100,00 DM monatlich für alle Arbeitnehmer ab dem siebten Monat nach Betriebseintritt.

Stufe 2: 120,00 DM monatlich für alle Arbeitnehmer ab 42 Monaten (1,5 Jahren) Betriebszugehörigkeit.

Stufe 3: 160,00 DM monatlich für alle Arbeitnehmer ab 78 Monaten (6,5 Jahren) Betriebszugehörigkeit.

Stufe 4: 160,00 DM monatlich für alle Arbeitnehmer, die zum Beginn des Versorgungswerkes oder zum Tätigkeitsbeginn das 50. Lebensjahr vollendet haben (nicht aktiv, wenn die Voraussetzungen der Stufe 3 und 4 zusammenfallen).

2. Für Arbeitnehmer, welche die Hälfte oder weniger als die Hälfte der tarifvertraglich vereinbarten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit arbeitsvertraglich vereinbart haben, wird die Hälfte der in Absatz 1 genannten Beiträge geleistet. ...

3. Die Beiträge werden von dem Arbeitgeber nur so lange gezahlt, wie Anspruch auf Vergütu...

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