Entscheidungsstichwort (Thema)

Anspruch eines Arbeitnehmers auf Annahmeverzugsvergütung während der Betriebsferien

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Arbeitgeber gerät in Annahmeverzug, wenn er noch nicht urlaubsberechtigte, jedoch arbeitsbereite Arbeitnehmer während der Betriebsferien nicht beschäftigt. Das gilt auch dann, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer vor Ablauf der 6-monatigen Wartezeit gem. § 4 BUrlG zehn Tage Erholungsurlaub für einen außerhalb der allgemeinen Betriebsferien liegenden Zeitraum zugesagt und gewährt hat.

 

Normenkette

BGB §§ 611, 615 S. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Entscheidung vom 21.09.2016; Aktenzeichen 4 Ca 4112/1)

 

Tenor

  1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 21. September 2016, Az. 4 Ca 4112/15, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
  2. Die Revision wird nicht zugelassen.
 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Zahlung von Vergütung wegen Annahmeverzugs in den Betriebsferien.

Der 1968 geborene Kläger ist Dachdeckermeister. Er war vom 01.04. bis zum 14.08.2015 im Dachdeckerbetrieb der Beklagten als "Technischer Betriebsleiter" beschäftigt. Im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 10.03.2015 haben die Parteien ua. eine sechsmonatige Probezeit, ein Monatsgehalt von 3.600 Euro brutto und einen Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen vereinbart. Die Parteien einigten sich außerdem darauf, dass der Kläger in der Zeit vom 11. bis zum 25.07.2015 zehn Arbeitstage Urlaub nehmen könne, weil er bereits eine Reise gebucht hatte. Diesen Erholungsurlaub bezahlte die Beklagte.

Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis mit Schreiben vom 31.07.2015, dem Kläger am selben Tag zugegangen, in der Probezeit zum 14.08.2015. Zugleich teilte sie dem Kläger mit, dass er wegen der Betriebsferien, die sie ab dem 01.08.2015 angeordnet hatte, nicht mehr zur Arbeit zu erscheinen brauche. Der Kläger arbeitete deshalb bis zu seinem Ausscheiden mit Ablauf des 14.08.2015 nicht mehr. Die Betriebsferien dauerten noch über den 14.08.2015 hinaus an. Die Beklagte zahlte dem Kläger für die Zeit vom 01. bis 14.08.2015 keine Vergütung. Sie erteilte ihm für August 2015 eine Lohnabrechnung wie folgt:

Bezeichnung:

Betrag:

zuviel erh. Urlaub

- 1.680,00

Festbezug Lohn/Gehalt

1.680,00

Gesamt-Brutto

0,00

Mit seiner am 26.11.2015 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage verlangt der Kläger die Zahlung von 1.680 Euro brutto wegen Annahmeverzugs. Die Beklagte habe zumindest das Aufrechnungsverbot missachtet, weil sein Nettoeinkommen (bei Unterhaltspflichten für ein Kind) den Pfändungsfreibetrag nicht überschreite.

Der Kläger hat erstinstanzlich beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.680 Euro brutto nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15.09.2015 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat erstinstanzlich im Wesentlichen vorgetragen, ihre Geschäftsführerin habe dem Kläger schon vor Beginn des Arbeitsverhältnisses ausdrücklich erklärt, dass im Monat August 2015 Betriebsferien angeordnet worden seien. Bereits im Vorstellungsgespräch seien die Betriebsferien thematisiert worden. Der Kläger habe dennoch darauf bestanden, seinen bereits gebuchten Urlaub zu nehmen.

Von einer weitergehenden Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 21.09.2016 Bezug genommen.

Das Arbeitsgericht hat nach Durchführung einer Beweisaufnahme durch Vernehmung der Geschäftsführerin der Beklagten und des Klägers als Partei der Klage stattgegeben. Der Kläger könne für die Zeit vom 01. bis 14.08.2015 Vergütung iHv. 1.680 Euro brutto aus § 615 Satz 1 BGB beanspruchen. Zur Begründung hat das Arbeitsgericht - zusammengefasst - ausgeführt, der Kläger habe in den Betriebsferien ab 01.08.2015 keinen Urlaubsanspruch mehr gehabt, weil ihm bereits in der Zeit vom 11. bis 25.07.2015 zehn Urlaubstage gewährt worden sei. Sein Teilurlaubsanspruch habe zehn Tage betragen, weil das Arbeitsverhältnis nach vier vollen Monaten zum 14.08.2015 geendet habe (30 : 12 x 4). Die Beklagte habe gegenüber dem Kläger nach dem gesamten Inhalt der Verhandlung und dem Ergebnis der Beweisaufnahme vor Zugang der Kündigungserklärung für die Zeit der Betriebsferien ab 01.08.2015 nicht vorbehaltlos Urlaub angeordnet. Die Geschäftsführerin der Beklagten habe bei ihrer Vernehmung zunächst erklärt, dass sie einen Einsatz des Klägers im August 2015 nicht in Betracht gezogen habe, weil eine Person aus Gründen des Unfallschutzes auf den Baustellen nicht allein arbeiten dürfe. Der Kläger habe ihr zwar angeboten, im August 2015 allein zu arbeiten, dieses Angebot habe sie jedoch abgelehnt, weil er sich als unzuverlässig erwiesen habe. Sie habe schon im Mai 2015 festgestellt, dass der Kläger während der Arbeitszeit am Computer gespielt habe. Währenddessen habe der Kläger im Rahmen seiner Parteivernehmung ausgeführt, die Beklagte habe ihn zwar auf die Betriebsferien im August 2015 angesprochen, ihn a...

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