Entscheidungsstichwort (Thema)
Eingruppierung einer Kassiererin im Möbelhaus. Eingruppierung von Kassiererinnen mit höheren Anforderungen. Höhere Anforderungen an Kassiertätigkeit laut Tarifvertrag
Leitsatz (redaktionell)
1. Nach dem Willen der Tarifvertragsparteien werden nur Kassiererinnen mit höheren Anforderungen in die Gehaltsgruppe III des GTV Einzel- und Versandhandel Rheinland-Pfalz eingruppiert.
2. Höhere Anforderungen sind nur bei hochfrequentierten Geschäften gegeben, wobei es hier auf die Anzahl der Kassenvorgänge alleine nicht ankommt.
Normenkette
TVG § 1; ZPO § 97 Abs. 1
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 18.11.2020; Aktenzeichen 2 Ca 687/20) |
Tenor
- Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 18. November 2020, Az. 2 Ca 687/20, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die zutreffende Eingruppierung der Klägerin.
Die Klägerin, die der Gewerkschaft ver.di. angehört, ist seit dem 01.05.2000 im Möbelhaus der Beklagten in A-Stadt mit einer derzeitigen Monatsarbeitszeit von 173,2 Stunden als Kassiererin beschäftigt. Sie wird nach Gehaltsgruppe II des Gehaltstarifvertrags für den Einzel- und Versandhandel in Rheinland-Pfalz vom 09.07.2019 (GTV 2019) vergütet. Der tarifliche Gehaltssatz betrug in der höchsten Berufsjahresstufe ab Mai 2020 € 2.704,00 brutto (auf Basis von 162 Monatsstunden).
Die Beklagte betreibt insgesamt acht Einrichtungshäuser im Saarland und in Rheinland-Pfalz. Sie war und ist nicht Mitglied eines Arbeitgeberverbandes. Das Möbelhaus in A-Stadt verfügt über mehrere Abteilungen (Möbel, Küchen, Gartenmöbel, Leuchten, Heimtextilien, Wohnaccessoires, IN STORE). Für diese Abteilungen besteht am Ausgang eine zentrale Kasse, an der die Kassierer/innen ausschließlich beschäftigt werden. Zu den Aufgaben der Klägerin gehört neben dem Abkassieren:
- die Bearbeitung von Retouren
- das Ausfüllen von Abwicklungsscheinen (Mehrwertsteuerbefreiung von Mitgliedern der US-Streitkräfte sowie von NATO-Angehörigen)
- das Ausfüllen von Zollausfuhrscheinen
- die rückwirkende Auszahlung der Mehrwertsteuer
- das Erfassen von Verkäufernummern zur Provisionserfassung
- die Vornahme von Umbuchungen auf Kundenkonten
- die Verbuchung von Gutscheinen
- die Vornahme von Plausibilitätsprüfungen der Preise
- das Verpacken von Glas, Porzellan und Geschenkartikeln
- das Vorhalten von Kenntnissen über ständig wechselnde Aktionen und Rabatte
- die Kontrolle, ob der richtige Artikel in der richtigen Verpackung beinhaltet ist
- die Übernahme der Verantwortung für den Barbestand der Kasse.
Der zwischen den Parteien im April 2000 abgeschlossene Arbeitsvertrag enthält ua. folgende Regelungen:
"§ 2 Arbeitszeit/Mehrarbeit:
1. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit richtet sich nach den geltenden tariflichen Bestimmungen.
...
§ 3 Vergütung:
1. Die Mitarbeiterin erhält bei einer monatlichen Arbeitszeit von 163,00 Stunden eine monatliche Vergütung (Bruttolohn/Bruttogehalt), die sich wie folgt zusammensetzt:
Tarifgehalt in Tarifgruppe G II 3. BJ 2.728,00 DM
...
8. Ab dem 10. Monat der Betriebszugehörigkeit zahlt Möbel D., wie im Tarifvertrag vorgesehen, den AG-Anteil zur Vermögensbildung, bei Vollzeit-Mitarbeitern DM 26,00.
9. Freiwillige Zulagen, einschließlich freiwilliger übertariflicher Zulagen jedweder Art ... sind jederzeit frei widerruflich. Freiwillige übertariflicher Zulagen können bei Änderung der Tarifbezüge auf die tarifliche Erhöhung angerechnet werden.
...
§ 5 Urlaub
1. Der Urlaubsanspruch der Mitarbeiterin folgt den jeweils geltenden tariflichen Bestimmungen und beträgt zur Zeit 36 ... Werktage ...
...
§ 17 Geltung sonstiger Vorschriften
1. Im Übrigen gelten vorrangig vor diesem Arbeitsvertrag sämtliche einschlägigen rechtlichen und tarifvertraglichen Regeln.
§ 18 Sonstige Vereinbarungen
Sie erhalten eine monatliche Kassenprämie laut Manteltarifvertrag von derzeit 100,00 DM."
Mit Schreiben der Gewerkschaft ver.di vom 11.11.2019 und vom 28.05.2020 machte die Klägerin für die Zeit ab Mai 2019 vergeblich Vergütung nach Gehaltsgruppe III GTV 2019 geltend. Der tarifliche Gehaltssatz nach Gehaltsgruppe III GTV beträgt in der höchsten Berufsjahresstufe (ab Mai 2020) auf Basis von 162 Monatsstunden € 3.060,00 brutto.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Tarifverträge für den Einzel- und Versandhandel in Rheinland-Pfalz seien kraft arbeitsvertraglicher Verweisung auf das Arbeitsverhältnis anwendbar. Sie sei als "Kassiererin mit höheren Anforderungen" nach Gehaltsgruppe III GTV 2019 zu vergüten, weil sie an "Sammelkassen", zumindest aber an "Kassen, die für mehrere Abteilungen zuständig sind", beschäftigt werde.
Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,
festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr ab dem 01.05.2019 eine Vergütung nach der Vergütungsgruppe G III des Gehaltstarifvertrags Einzel- und Versandhandel Rheinland-Pfalz vom 09.07.2019 zu zahlen und etwaige Bruttonachzahlungsbeträge beginnend mit dem 01.06.2019 ab d...