Entscheidungsstichwort (Thema)
Umfang des Direktionsrechts des Arbeitgebers
Leitsatz (redaktionell)
1. Wird ein Arbeitnehmer bei einer Herstellerin von Getränken mit eigener Abfüllanlage nach dem Arbeitsvertrag als Produktionsmitarbeiter/Maschinenführer beschäftigt, so kann er grundsätzlich in allen Bereichen des Produktionsablaufs eingesetzt werden. Zum Produktionsablauf gehört dabei neben dem Abfüllvorgang auch die sich anschließende Palettierung und Kommissionierung der hergestellten Getränke.
2. Der Umstand, dass der Arbeitnehmer überwiegend an der Flaschenreinigungsmaschine eingesetzt wurde, führt für sich genommen nicht zu einer entsprechenden Konkretisierung des Arbeitsvertrages.
Normenkette
GewO § 106 S. 1; BGB § 315 Abs. 3 S. 1
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 23.11.2016; Aktenzeichen 2 Ca 1447/16) |
Tenor
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Rechtmäßigkeit zweier Arbeitgeberanordnungen.
Der ledige Kläger wurde von der Beklagten zunächst mit Vertrag vom 27.12.1994 eingestellt und dann mit Arbeitsvertrag vom 08.01.1996 bei einem Bruttomonatsentgelt von - zuletzt - 2.100,00 EUR gemäß Ziffer 1 des schriftlichen Arbeitsvertrages ab dem 01.01.1996 als Produktionsmitarbeiter/ Maschinenführer verbunden mit der Verpflichtung auch an anderer Stelle eine zumutbare Tätigkeit zu übernehmen beschäftigt.
Die Beklagte produziert Mineralwasser, Konsumgetränke und Kohlensäuren in eigener Abfüllanlage. In der Getränkeverfüllung in (Glas-) Mehrwegflaschen gibt es insgesamt neun Arbeitsplätze (Leergutannahme, Flaschenabfüllung, Einlagerung und Kommissionierung - der Betriebsschlosser wird auch mit der Leergutannahme befasst). Sechs Arbeitsplätze davon befinden sich im Abfüllbereich (Überwachung des laufenden Förderbands sowie der verschiedenen Maschinenschnittstellen). Am Ende des Abfüllbandes werden schon abgefüllte und in Kisten verpackte Mehrwegflaschen im Bereich Palettierung/ Kommissionierung von zwei Arbeitnehmern per Gabelstapler auf eine Palette gestellt, sortenrein eingelagert und anschließend bestellungsgemäß kommissioniert.
Der Kläger war während der Dauer des Arbeitsverhältnisses mit verschiedenen Tätigkeiten im Abfüllbereich befasst. Der Kläger wurde mit Schreiben der Beklagten vom 17.10.1996, 14.10.2007 sowie vom 29.07.2013 schriftlich ermahnt. Ferner erhielt er die schriftlichen Abmahnungen der Beklagten vom 24.03.2000, 10.07.2001, 01.06.2004, 21.04.2010, 07.07.2010, 22.07.2013, 16.06.2014, 06.10.2015 und 19.10.2015 Die Abmahnung vom 7. Juli 2010 (Bl. 56 d.A.) nahm die Beklagte mit Schreiben gleichen Datums wieder zurück (Bl. 57 d.A.).
Wohl am 05.10.2015 fand im Beklagtenbetrieb aufgrund externer Anfragen zu einer kurzfristigen Übernahme zusätzlicher Abfüllaufträge eine Betriebsversammlung statt, um die Erbringung etwaiger Maschinenmehrlaufzeiten mit der Belegschaft abzuklären. Die Arbeitnehmer votierten im Nachgang hierzu mehrheitlich positiv. Allerdings setzte der Kläger am 14.10.2015 eine SMS- oder Whatsapp-Nachricht mit dem Inhalt ab:
"Das wird eine schöne vor Weihnachtszeit dank F. und G.. ich bedanke mich schon mall im voraus"
Zumindest dem Beklagtenmitarbeiter und Produktionsleiter F., zugleich der Vorgesetzte des Klägers im Abfüllbereich, ging diese Nachricht zu und nahm diese sodann zum Anlass einer Beschwerde beim Beklagtengeschäftsführer. Daraufhin führte der Beklagtengeschäftsführer am 19. Oktober 2015 mit dem Kläger ein Personalgespräch, in dem es insbesondere hierum - auch mit Blick auf den aktuellen Betriebsfrieden und die kollegiale Zusammenarbeit insgesamt - ging. Der genaue Inhalt und das Ergebnis des Gesprächs sind zwischen den Parteien strittig.
Der Kläger war sodann nachfolgend vom 21. bis 23. Oktober 2015 erkrankt. Seit dem 26. Oktober 2015 wurde und wird er in der Kommissionierung eingesetzt, womit sich auch Vornahmen wie das Verbringen von PET-Flaschen in die Müllpresse verbanden. Zur gleichen Zeit - 26. Oktober 2015 - stellte die Beklagte einen neuen Mitarbeiter ein und zwar für die Phase der Mehrproduktion befristet bis zum 31. Dezember 2015.
Dem Kläger wurde am 14.12.2015 vom Beklagtengeschäftsführer angetragen, den Flurfördermittelschein mittels einer entsprechenden zeitnahen Schulung zu erwerben, damit er auch im Segment Palettierung eingesetzt werden könne. Am 17.12. 2015 erklärte der Kläger dem Beklagtengeschäftsführer sodann, dass er den Flurfördermittelschein nicht machen könne. Als der Kläger am 18.12.2015 wiederum einwandte, dass An- und Abreise zum Lehrgang samt Tagesschulung nicht binnen 8 Stunden zu bewältigen seien, sagte ihm der Beklagtengeschäftsführer ergänzend die Übernahme von Fahrtkosten und die Vergütung der Fahrzeit wie Arbeitszeit zu. Ein dringendes Urlaubsgesuch des Klägers für den 21.12 bis 23.12.2015 zog dieser nach Arbeitgeberhinweis auf mangelndes Urlaubsgu...