Entscheidungsstichwort (Thema)
Anspruch eines Arbeitnehmers auf Zahlung von Weihnachtsgeld
Leitsatz (redaktionell)
Weist der Arbeitgeber in einem vorformulierten Arbeitsvertrag, der keine Zusage einer Sonderzahlung enthält, darauf hin, die Gewährung einer solchen begründe keine Rechtsanspruch des Arbeitnehmers, so benachteiligt ein klar und verständlich formulierter Freiwilligkeitsvorbehalt den Arbeitnehmer auch dann unangemessen, wenn der Arbeitgeber diesen Freiwilligkeitsvorbehalt mit einem Widerrufsvorbehalt kombiniert. Denn der Widerrufsvorbehalt dient in diesem Fall nur der Stützung des Freiwilligkeitsvorbehalts mit der Folge, dass eine betriebliche Übung nicht entstehen kann.
Normenkette
BGB §§ 305, 611
Verfahrensgang
ArbG Koblenz (Entscheidung vom 23.11.2011; Aktenzeichen 4 Ca 516/11) |
Tenor
Tatbestand
Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob dem Kläger noch restliches Weihnachtsgeld aus dem Jahr 2010 gegenüber der Beklagten zusteht.
Der Kläger ist seit dem 21.10.1991 bei der Beklagten als Mitarbeiter der Anzeigenabteilung beschäftigt. Sein Bruttomonatsverdienst betrug zuletzt 2.735,41 €. Im Arbeitsvertrag vom 17. Oktober 1991, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 3 d. A. Bezug genommen wird, heißt es u. a.:
"2. Allgemeine Arbeitsbedingungen
Für das Arbeitsverhältnis gelten die allgemeinen Arbeitsbedingungen, die als Anlage beigefügt und Bestandteil dieses Arbeitsvertrages sind.
[...]
6. Alle übrigen Arbeitsbedingungen richten sich nach den allgemeinen Arbeitsbedingungen in Anlage zu diesem Vertrag."
Zur Zeit gelten im Betrieb der Beklagten für das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis die allgemeinen Arbeitsbedingungen in der Fassung der zweiten Änderung zum 01.01.2002 mit Stand vom 01.09.2003. Hinsichtlich deren Inhalt wird auf Bl. 4 ff. d. A. Bezug genommen; dort heißt es u. a.:
"9. Freiwillige Sonderzahlungen 9.1. Weihnachtsgeld
9.1.1. Mitarbeiter/innen, die am 1. November der Firma mindestens 12 Monate ununterbrochen angehört haben und in einem unbefristeten und ungekündigten Arbeitsverhältnis stehen, erhalten ein Weihnachtsgeld als Anerkennung für die in der Vergangenheit erbrachte Leistung und in Erwartung künftiger Betriebstreue.
[...]
9.1.2. Das Weihnachtsgeld beträgt ab dem 01.01.1989 75 % des zuletzt gewährten regelmäßigen monatlichen Grundentgeltes.
9.1.3. Bei Angestellten und im Monatslohn entlohnten Mitarbeiter/innen entspricht das Grundentgelt dem zuletzt gewährten regelmäßigen monatlichen Grundgehalt.
[...]
9.1.7. Mitarbeiter/innen, deren Arbeitsverhältnis im Kalenderjahr kraft Gesetzes oder Vereinbarung ruht oder die aufgrund der Schutzfristen vor und nach der Entbindung, Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub, einer Berufs- oder Erwerbsunfähigkeit auf Zeit, im Falle einer Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit, bei der kein Anspruch auf Lohn- oder Gehaltsfortzahlung besteht oder aufgrund sonstiger unbezahlter Freistellung im Kalenderjahr teilweise nicht beschäftigt werden konnten, erhalten ein ihrer tatsächlichen Beschäftigungszeit entsprechendes anteiliges Weihnachtsgeld.
9.1.8. Das Weihnachtsgeld wird zusammen mit dem Arbeitsentgelt für den Monat November abgerechnet und ausgezahlt.
[...]
9.6. Vorbehalt der Freiwilligkeit
Sämtliche unter 9.1. bis 9.5. aufgeführten Zahlungen sind freiwillige soziale Leistungen und stehen unter dem jederzeitigen Vorbehalt des Widerrufs unabhängig von den sonstigen Arbeitsbedingungen. Auf sie erwächst auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch. Eine betriebliche Übung auf Gewährung kann nicht entstehen.
[...]"
Dem Kläger waren in den Jahren 1998 bis 2008 als "Mitarbeiter-Info" bezeichnete und unten rechts mit einer vorgefertigten Unterschriftszeile "Bestätigung des Mitarbeiters" Schreiben folgenden Inhalts vorgelegt worden, die er bis 2006 jeweils handschriftlich gegenzeichnete:
"Wir weisen nochmals darauf hin, dass es sich bei den Einmalzahlungen wie Oster-, Urlaubs- und Weihnachtsgeld etc. um freiwillige Sonderzahlungen handelt, deren Festsetzung im Ermessen der Geschäftsleitung liegt. Auf sie erwächst auch bei wiederholter Gewährung kein Rechtsanspruch in Folgejahren. Eine betriebliche Übung auf Gewährung kann nicht entstehen."
1998 war diesem Text ein weiterer Absatz vorangestellt (vgl. Bl. 57 d. A.):
"Wie mit Aushang vom Dezember 1997 angekündigt, wurde im November 1998 das Weihnachtsgeld im Krankheitsfall um 25 % pro Krankheitstag lt. gesetzlicher Regelung gekürzt."
Zwischen 1999 und 2006 war des Weiteren nachfolgender Satz ans Ende angefügt (vgl. Bl. 49-56 d. A.):
"Das Weihnachtsgeld wurde, wie seit 1998 praktiziert, im Krankheitsfall um 25 % pro Krankheitstag laut gesetzlicher Regelung gekürzt."
2004 enthielt das Mitarbeiter-Info-Schreiben den weiteren Hinweis, dass bis zu zehn dienstlich angeordnete Überstunden mit dem monatlichen Bruttolohn a...