Entscheidungsstichwort (Thema)

Überstundenvergütung. Arbeitszeitkonto. Übertrag der Stunden am Monatsende. Saldierung der Arbeitszeiten

 

Leitsatz (redaktionell)

Eine Saldierung und anschließende Übertragung von Überstunden auf das Arbeitszeitkonto des Folgemonats kann als Genehmigung dieser Überstunden durch den Arbeitgeber ausgelegt werden. Dieser kann eine Vergütung dann nicht mit der Begründung verweigern, die Überstunden seien nicht angeordnet gewesen, sondern der Mitarbeiter habe diese eigenmächtig erbracht.

 

Normenkette

BGB § 611 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Koblenz (Urteil vom 20.06.2001; Aktenzeichen 4 Ca 3809/00)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 20.06.2001 – 4 Ca 3809/00 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob der Kläger Restvergütungsansprüche aus Überstundenvergütung und Prämienzahlung aus seinem vormals mit der Beklagten bestehenden Arbeitsverhältnis verlangen kann.

Der Kläger war vom 10.03.1997 bis zum 31.08.2000 aufgrund eines schriftlichen Arbeitsvertrages vom 26.02.1997, hinsichtlich dessen Inhalts auf Blatt 5 bis 7 der Akte Bezug genommen wird, als Assistent der Geschäftsleitung bei der Beklagten beschäftigt. Das Arbeitsverhältnis endete durch Eigenkündigung des Klägers. Im fraglichen Zeitraum hat der Kläger eine Vielzahl von Überstunden geleistet, die sich bei seinem Ausscheiden aus dem Betrieb der Beklagten auf insgesamt 683,72 Stunden beliefen. Die Beklagte arbeite mit einem Zeiterfassungssystem. In der Vergangenheit erhielt der Kläger einige Male die Möglichkeit, angesammelte Überstunden durch Freizeit auszugleichen und abzubauen. Dabei wurden die jeweiligen Anträge auf Überstundenabbau als solche gekennzeichnet und vom Vorgesetzten des Klägers und teilweise auch vom Geschäftsführer der Beklagten genehmigt und gegengezeichnet. Erfasst wurde dieser Überstundenabbau in der Zeiterfassung mit der Bezeichnung „Freizeit”. Im Rahmen der Zeiterfassung sind die vom Kläger geleisteten Überstunden monatlich saldiert und auf den Folgemonatübertragen worden. Auf den Inhalt der Zeiterfassungsbelege wird Bezug genommen (vgl. Blatt 12 ff. d. A.).

Im Betrieb der Beklagten ist unter dem 14.10.1996 ein Aushang gefertigt worden, in dem es heißt:

„Ab sofort darf Mehrarbeit (Überstunden) nur nach vorheriger Genehmigung durch den jeweiligen Abteilungsleiter geleistet werden. Sie muss durch entsprechende Freizeitzeiten abgegolten werden und kann nur in ganz begründenden Ausnahmefällen bezahlt werden. Wir bitten unbedingt um Beachtung.” (vgl. Bl. 124 d. A.).

Das Bruttoentgelt des Klägers betrug 5.400,00 DM zuzüglich vermögenswirksamer Leistungen in Höhe von 52,00 DM; die wöchentliche Arbeitszeit 38,5 Stunden. Unter Ziffer 11 des Arbeitsvertrages haben die Parteien vereinbart, dass sich tarifliche Leistungen nach dem jeweils gültigen Tarifvertrag des Groß- und Außenhandels Hessen/Rheinland-Pfalz/Thüringen richten (vgl. Blatt 103 d. A.). Gem. §§ 6, 7 MTV Arbeitnehmer Großhandel ergeben sich für die vom Kläger geleisteten Überstunden Zuschläge in Höhe von insgesamt 4.351,58 DM. Auf die Aufstellung der einzelnen zuschlagpflichtigen Überstunden wird Bezug genommen (Bl. 114 – 117 d. A.).

Ab September 1998 hat die Beklagte an den Kläger zusätzlich monatlich eine „Prämie” von 250,00 DM (vgl. die Abrechnungen Bl. 66 ff. d. A.) gezahlt. Für die Monate Juli und August 2000 ist diese Prämie gegenüber dem Kläger nicht abgerechnet und auch nicht ausgezahlt worden.

Der Kläger hat vorgetragen,

von den streitgegenständlichen Überstunden habe die Beklagte von Anfang an Kenntnis gehabt. Ihr sei auch bewusst gewesen, dass die ihm übertragenen Aufgaben gar nicht ohne Überstunden hätten bewältigt werden können. Die Beklagte habe die Überstunden also zumindest geduldet. Für die 683,72 Überstunden stehe ihm insgesamt ein Bruttoanspruch von 23.137,08 DM zu. Hinzu kämen zudem Vergütungsansprüche wegen der hinsichtlich der geleisteten Überstunden zu zahlenden Zuschläge in Höhe von insgesamt 4.351,58 DM. Zudem beanspruche er für die Monate Juli und August 2000 die monatliche Prämie in Höhe von jeweils 250,00 DM brutto, also weitere 500,00 DM brutto. Die Verfallfristen des MTV-Arbeitnehmergroßhandel Rheinland-Rheinhessen seien im Übrigen nicht anwendbar.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte zu verurteilen, an ihn insgesamt 27.988,66 DM brutto nebst 4 % Zinsen aus dem sich hieraus ergebenden Nettobetrag seit dem 07.03.2001 zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat vorgetragen,

ein Anspruch auf Überstundenvergütung bestehe nicht. Sie habe gegenüber dem Kläger keine Überstunden angeordnet; Überstunden seien auch zur Erledigung der ihm übertragenen Aufgaben nicht erforderlich gewesen. Zudem berufe sie sich auf § 17 Nr. 1 b MTV Groß- und Außenhandel Rheinland-Rheinhessen. Danach seien Ansprüche auf Vergütung von Mehrarbeit binnen zwei Monaten nach der Abrechnung fü...

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