Entscheidungsstichwort (Thema)
Kündigung. Telefongespräche, private. Unerlaubte Telefonate
Leitsatz (redaktionell)
Im Zusammenhang mit einer privaten Nutzung des Internets kommt als kündigungsrelevante Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten unter anderem in Betracht:
- das Herunterladen einer erheblichen Menge von Daten aus dem Internet auf betriebliche Datensysteme „unbefugter download”), insbesondere wenn damit einerseits die Gefahr möglicher Vireninfizierungen oder anderer Störungen des – betrieblichen – Betriebssystems verbunden sein können oder andererseits von solchen Daten, bei deren Rückverfolgung es zu möglichen Rufschädigungen des Arbeitgebers kommen kann, beispielsweise weil strafbare oder pornografische Darstellungen heruntergeladen werden;
- die private Nutzung des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Internetanschlusses als solche, weil durch sie dem Arbeitgeber möglicherweise zusätzliche Kosten entstehen können und der Arbeitnehmer jedenfalls die Betriebsmittel unberechtigterweise in Anspruch genommen hat;
- die private Nutzung des vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellten Internets während der Arbeitszeit, weil der Arbeitnehmer während des Surfens im Internet zu privaten Zwecken seine arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung nicht erbringt und dadurch seine Arbeitspflicht verletzt.
Diese für die private Nutzung des Internets entwickelten Kriterien gelten nach Auffassung der Kammer grundsätzlich auch bei der privaten Nutzung eines dienstlichen Telefons. Dabei sind jedoch die Unterschiede beider Medien bei der Prüfung des Einzelfalls, was insbesondere bei der Verursachung einer Rufschädigung für den Arbeitgeber Auswirkungen haben kann, zu beachten.
Normenkette
BGB § 626
Verfahrensgang
ArbG Mainz (Urteil vom 15.11.2006; Aktenzeichen 9 Ca 1631/06) |
Tenor
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Mainz vom 15.11.2006 – AZ: 9 Ca 1631/06 – wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
2. Die Revision an das Bundesarbeitsgericht wird für den Kläger zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen Kündigung durch den beklagten Verein vom 03.08.2006.
Der Kläger ist seit dem 01.10.1987 bei dem Beklagten als Betreuer in einer Nichtsesshafteneinrichtung mit einem monatlichen Bruttoentgelt von ca. 2.500,00 EUR beschäftigt. Die Einrichtung wird von dem Beklagten im Auftrag der Stadt C-Stadt betrieben. Neben dem Kläger sind noch zwei weitere Arbeitnehmer als Betreuer in der Nichtsesshafteneinrichtung tätig. Die drei Arbeitnehmer leisten ihren Dienst in der Regel zeitversetzt, sodass sich während der Dienstzeit von 18.00 Uhr bis 09.00 Uhr jeweils nur ein Betreuer in der Nichtsesshafteneinrichtung befindet. Dieser ist dann für die Betreuung der dortigen Klienten, die Gewährleistung von Übernachtungsmöglichkeiten nebst Verpflegung sowie die Regelung von Waschgelegenheiten zuständig. In der Einrichtung befinden sich für die Betreuer ein Büro nebst Telefon und daneben ein Schlafraum. Dieser wird während der Nachtruhe von 24.00 Uhr bis 06.00 Uhr von ihnen genutzt. Die in der Einrichtung aufgenommenen Klienten haben die Möglichkeit, das dort vorhandene Diensttelefon für private Anrufe zu benutzen. Der jeweilige Betreuer gestattet dem Nichtsesshaften pro Abend/Nacht einen privaten Anruf. Während dieser Zeit befindet sich der Betreuer nicht im Raum.
Im August/September 1998 hatte der Kläger mit dem Diensttelefon der Einrichtung private Telefonate für einen Betrag von mehr als 2.000,00 DM geführt. Diesen Betrag hat er damals an den Beklagten zurückgezahlt. Dem Kläger wurde eine entsprechende Abmahnung erteilt.
Mit Dienstanweisung vom 03.11.2000, auf deren näheren Inhalt verwiesen wird (Blatt 23 und 23R der Akte) wurde den Arbeitnehmern des Beklagten u.a. Folgendes mitgeteilt:
„A. Regelungen für die Benutzung des Telefons am Arbeitsplatz
1. Das Telefon am Arbeitsplatz ist grundsätzlich nur zu dienstlichen Zwecken zu nutzen.
2. Die private Nutzung ist ausdrücklich untersagt in den Einrichtungen, in denen ein Nachweis (Eingabe einer Kodierung „Privatgespräch”) nicht möglich ist (…Nichtsesshaftenherberge…). Ausnahmen sind in Notfällen und aus dienstlicher Veranlassung (kurze Information über veränderte Tagesarbeit z. B.) gestattet.
…
5. Der Arbeitgeber ist berechtigt, jede Nutzung der Telekommunikationsanlage zu speichern, um die Einhaltung der obigen Bestimmungen anhand der gespeicherten Daten zu überprüfen.
…
7. Bei Verstößen gegen diese Regelungen behält sich der Arbeitgeber rechtliche Maßnahmen bis hin zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses vor.
…
gez. D |
gez. B |
Kreisgeschäftsführerin |
Betriebsratsvorsitzender” |
Die Anweisung wurde dem Kläger übergeben und liegt in der Einrichtung aus. Bereits zum damaligen Zeitpunkt hatte der Beklagte bei der Deutschen Telekom AG eine Einzelverbindungsübersicht angefordert und darauf hingewiesen, dass er seinen gesetzlichen Verpflichtungen entsprechend der heutigen Regelung nach § 99 Abs. 1 TKG nachgekommen ist.
Am 13.02.2006 hat der Beklagte...