Entscheidungsstichwort (Thema)

Täuschung. Anfechtung eines Aufhebungsvertrages. Motivirrtum über sozialversicherungspflichtige Folgen eines Aufhebungsvertrages

 

Leitsatz (redaktionell)

Der Irrtum des Arbeitnehmers darüber, dass mit Abschluss eines Aufhebungsvertrages Nachteile bei der Arbeitslosenunterstützung nicht zu erwarten wären, betrifft nicht den Irrtum über die Rechtsfolgen der abgegebenen Erklärung, sondern einen Irrtum über die Motive, weshalb diese Erklärung abgegeben wurde und berechtigt deshalb nicht zur Anfechtung.

 

Normenkette

BGB §§ 123, 119 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Urteil vom 25.01.2005; Aktenzeichen 2 Ca 1564/04)

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier (2 Ca 1564/04) vom 25.01.2005 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer Aufhebungsvereinbarung. Seit 28.09.1998 war die Klägerin bei der Beklagten zu einer monatlichen Bruttovergütung von zuletzt 1.549,22 Euro beschäftigt. Nachdem am 09.09.2004 die Klägerin und ihre Arbeitskollegin gegen 20.00 Uhr zum Geschäftsführer des Beklagten gingen und diesem mitteilten, sie würden nunmehr nach Hause gehen, obwohl die Arbeiten noch nicht fertig gestellt waren, entwickelte sich ein Gespräch zwischen den Parteien, welches im Einzelnen streitig ist. Am 10.09.2004 bestellte der Geschäftsführer der Beklagten die Klägerin telefonisch vormittags in den Betrieb, wonach sie eine Vereinbarung unterzeichnete, deren Inhalt im Tatbestand des angefochtenen Urteils wiedergegeben ist. Am Nachmittag unterzeichnete die Kollegin R.-M. eine gleichlautende Vereinbarung. Die Klägerin hat mit Schreiben vom 16.09.2004 die Aufhebungsvereinbarung angefochten.

Sie hat vorgetragen, der Geschäftsführer sei offenbar verärgert gewesen darüber, dass sie und ihre Kollegin Feierabend hätte machen wollen und habe daher sie aufgefordert, ihr Arbeitsverhältnis zu kündigen. Hierfür habe jedoch weder für sie selbst noch für die Zeugin R.-M. eine Veranlassung bestanden. Sie selbst habe sofort gesagt, dass dies schon wegen der drohenden Sperre durch das Arbeitsamt nicht in Betracht komme. Der Geschäftsführer der Beklagten habe erklärt, er werde sich etwas einfallen lassen, damit derartiges nicht geschehe. Am 10.09.2004 habe er auf ihre Frage, welche Konsequenzen eine Gegenzeichnung der Vereinbarung für sie habe, insbesondere, ob eine Sperrzeit drohe, versichert, dass nichts zu befürchten sei, da das Arbeitsverhältnis auf ihre, der Beklagten Veranlassung, gelöst werde, sodass letztlich eine Arbeitgeberkündigung vorliege. Arbeitslosengeld werde daher ohne weiteres gezahlt. Tatsächlich habe ihr die Bundesagentur für Arbeit die Verhängung einer Sperrzeit angekündigt, da ein Aufhebungsvertrag geschlossen worden sei, der zudem die gesetzliche Kündigungsfrist nicht wahre. Der Geschäftsführer habe sie arglistig getäuscht, wobei es unerheblich sei, ob er positive Kenntnis von der unweigerlich eintretenden Sperrfrist gehabt habe oder die Zusage ins Blaue hinein abgegeben habe.

Die Klägerin hat beantragt,

festzustellen, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis nicht durch die Vereinbarung vom 10.09.2004 zum 30.09.2004 beendet wurde, sondern unverändert fortbestehe.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen, der Geschäftsführer habe der Klägerin ausdrücklich bestätigt, dass er selbst nicht kündigen wolle und hierfür auch keinen Grund sehe. Die Klägerin habe gesagt, sie wolle keine Abfindung, sondern nur ihre Ruhe und gefragt, wie man das Arbeitsverhältnis beenden könne. Er habe versprochen, sich kundig zu machen, wie man einen Aufhebungsvertrag formuliere.

Die Klägerin habe den Aufhebungsvertrag erst nach sorgfältigem Durchlesen unterzeichnet. Am 10.09.2004 sei über eine Sperrzeit nicht gesprochen worden.

Über Nachteile bei der Bundesagentur für Arbeit hätte sie der Klägerin auch keine Auskunft geben können, da es sich hierbei um eine schwierige Rechtsfrage handele. Eine verbindliche Antwort hätte die Klägerin nur bei der Bundesagentur für Arbeit erhalten können.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt, eine arglistige Täuschung läge nicht vor. Die Beklagte habe der Klägerin keine falschen Tatsachen vorgespiegelt. Die Beklagte sei nicht gehalten gewesen, die Klägerin von sich aus darauf hinzuweisen, dass der Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu Nachteilen bei Bezug von Arbeitslosengeld führen könne. Erteile der Arbeitgeber allerdings Auskünfte, müssen diese richtig sein. Falsche oder irreführende Auskünfte könnten unter Umständen eine zur Anfechtung berechtigte arglistige Täuschung darstellen. Für die von der Beklagten bestrittene Behauptung, der Geschäftsführer habe ihr versichert, dass sie keine Sperrzeit zu befürchten habe, habe die Klägerin den ihr obliegenden Beweis nicht erbracht. In der Äußerung des Geschäftsführers, er werde sich etwas einfallen lassen, damit es nicht zu einer Sperre komme, könne e...

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