Entscheidungsstichwort (Thema)
Fortbestand des Annahmeverzugs nach unwirksamer Kündigung bei Arbeitsaufforderung unter Aufrechterhaltung der Kündigung
Leitsatz (redaktionell)
1. In der Erhebung der Kündigungsschutzklage liegt ein ausreichendes wörtliches Angebot im Sinne des § 295 BGB, so dass es im Falle einer Kündigung auch keines wörtlichen Dienstleistungsangebots der Arbeitnehmerin mehr bedarf, um die Arbeitgeberin in Annahmeverzug zu setzen; als wörtliches Angebot kann auch ein sonstiger Widerspruch der Gekündigten gegen die Kündigung oder die Klage auf Gehaltsfortzahlung angesehen werden.
2. Ist die Arbeitgeberin nach einer unwirksamen Kündigungserklärung mit der Annahme der Dienste der Arbeitnehmerin in Verzug gekommen, muss sie zur Beendigung des Annahmeverzugs die versäumte Arbeitsaufforderung nachholen; dies muss mit der Erklärung verbunden sein, dass sie die Arbeitsleistung als Erfüllung des fortbestehenden Arbeitsvertrages annimmt.
3. Der Annahmeverzug der Arbeitgeberin endet nicht, wenn die Arbeitgeberin bei ihrer Arbeitsaufforderung die Kündigung aufrechterhält; der Annahmeverzug wird allein durch ein Rückkehr der Arbeitgeberin zu dem Vertragszustand beseitigt, der ohne Kündigung gelten würde.
Normenkette
BGB §§ 295-297
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 30.04.2013; Aktenzeichen 8 Ca 84/13) |
Tenor
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 30.04.2013, Az.: 8 Ca 84/13, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten insbesondere darüber, ob und ggf. in welchem Ausmaß die Beklagte zur Zahlung von Annahmeverzugsentgelt an die Klägerin verpflichtet ist.
Die Klägerin ist bei der Beklagten als Postzustellerin beschäftigt; ihr monatliches Bruttoeinkommen beträgt 1.690,47 EUR zuzüglich einer Sonderzahlung und Urlaubsgeld.
Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte verpflichtet ist, an die Klägerin für die Zeit vom 01.04.2012 bis zum 31.12.2012 Arbeitsentgelt aus Annahmeverzug und bejahendenfalls ggf. in welcher Höhe an die Klägerin zu zahlen. Die Klägerin erhielt im fraglichen Zeitraum 6.289,64 EUR netto.
Am 29.03.2012 hat die Beklagte eine außerordentliche Kündigung des zwischen den Parteien bestehenden Arbeitsverhältnisses ausgesprochen. Im daraufhin von der Klägerin angestrengten Arbeitsrechtsstreit 8 Ca 536/12 vor dem Arbeitsgericht Kaiserslautern, erging am 08.08.2012 ein im erstinstanzlichen Rechtszug für die Klägerin obsiegendes Urteil. Nach Verkündung dieser Entscheidung hat sich die Klägerin nicht bei der Beklagten gemeldet. Gesprächsaufforderungen der Beklagten zum 23., 27.08.2012, 07.09.2012 kam die Klägerin nicht nach. Sie befand sich der Zeit vom 18.08. bis zum 08.09.2012 mit ihrem Ehemann als dessen Begleitung in einer Rehabilitationsmaßnahme. Im März 2012 hatte der Betriebsarzt bei der Klägerin die Postbeschäftigungsfähigkeit festgestellt; am 12.09.2012 stellte derselbe Betriebsarzt ohne eine weitere ärztliche Untersuchung nunmehr die Postbeschäftigungsunfähigkeit der Klägerin fest.
Die Beklagte hat für den streitgegenständlichen Zeitraum Abrechnungen erteilt, hinsichtlich deren Inhalt auf Bl. 21 ff. d. A. Bezug genommen wird.
Die Klägerin hat vorgetragen,
sie sei nicht verpflichtet gewesen, nach dem Urteil des Arbeitsgerichts die Arbeitskraft anzubieten. Vielmehr müsse die Beklagte die Klägerin zur Arbeitsleistung auffordern. Sie sei nicht arbeitsunfähig. Der Betriebsarzt habe im September, als er die Postbeschäftigungsunfähigkeit festgestellt habe, sie weder erneut untersucht noch weitere Informationen von den behandelnden Ärzten eingeholt. Ihr - der Klägerin - gehe es inzwischen besser als im März 2012, als der Betriebsarzt noch die Postbeschäftigungsfähigkeit festgestellt habe. Auch das Gutachten der Rentenversicherung, bei der die Klägerin Verrentung beantragt habe, komme zu dem Ergebnis, dass sie arbeitsfähig sei.
Ihr stehe deshalb ein Anspruch auf Zahlung von neun Monaten à 1.905,91 EUR zuzüglich des 13. Gehaltes und des Urlaubsgeldes, also insgesamt ein Betrag in Höhe von 18.488,81 EUR brutto abzüglich der erhaltenen 6.290,84 EUR netto zu.
Die Klägerin hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin als Arbeitsvergütung für den Zeitraum 01.04.2012 - 31.12.2012 18.488,81 EUR brutto abzüglich erhaltener 6.269,84 EUR netto zu zahlen nebst Zinsen hieraus seit 21.01.2013.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen, die Bruttomonatsvergütung habe bei 1.690,47 EUR gelegen (1.263,39 EUR Tarifvergütung zuzüglich einer Besitzstandszulage in Höhe von 427,08 EUR). Zunächst sei das Arbeitsverhältnis so abgerechnet worden, dass die Klägerin wegen der außerordentlichen Kündigung Vergütung habe zurückzahlen müssen. Es seien danach wiederum Rückberechnungen vorzunehmen gewesen. Im Zeitraum vom 08.08. bis zum 23.09.2012 habe die Klägerin zudem unentschuldigt gefehlt. Sie habe - was unstreitig ist - nach dem Urteil des A...