Entscheidungsstichwort (Thema)
Geltendmachung tariflicher Leistungen im Einzelhandel. Zahlungsklage einer Fachverkäuferin in Modegeschäften bei unerheblichen Einwendungen des Arbeitgebers zum Verfall tariflicher Ansprüche
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Wechsel in der Person des Betriebsinhabers führt für sich genommen weder zu einer Beendigung des Arbeitsverhältnisses noch zu einer Änderung arbeitsvertraglicher Bestimmungen.
2. Zur Geltendmachung im Sinne tariflicher Ausschlussfristen ist die andere Seite zur Erfüllung des Anspruchs aufzufordern, wozu die Anspruchsinhaberin unmissverständlich zum Ausdruck bringen muss, dass sie Inhaberin einer bestimmten Forderung ist und auf deren Erfüllung besteht; die Geltendmachung setzt demnach voraus, dass der Anspruch seinem Grunde nach hinreichend deutlich bezeichnet und die Höhe des Anspruchs sowie der Zeitraum, für den er verfolgt wird, mit der für den Schuldner notwendigen Deutlichkeit ersichtlich gemacht wird, wozu die Art des Anspruchs sowie die Tatsachen, auf die der Anspruch gestützt wird, erkennbar sein müssen.
3. Das Ziel der zügigen Klärung wechselseitiger Rechte und Pflichten aus einem Arbeitsverhältnis erfordert nicht, einen Anspruch erst nach Eintritt der Fälligkeit geltend zu machen; die rasche Klärung des Anspruchs wird bei einer Geltendmachung vor Fälligkeit in der Regel noch schneller erreicht.
4. Ansprüche aus ständig gleichem Grundtatbestand sind auch solche auf dauerhafte Zahlung tariflicher Leistungen; steht allein ein bestimmtes Element einer bestimmten Art von Ansprüchen (wie etwa die Geltung der einschlägigen tariflichen Vorschriften) im Streit, erfüllt die Aufforderung, dieses zukünftig in konkreter Art und Weise zu beachten, die Funktion einer Inanspruchnahme, da für den Schuldner kein Zweifel bestehen kann, was von ihm verlangt wird, und die Gläubigerin ohne weiteres davon ausgehen darf, dass sie ihrer Obliegenheit zur Geltendmachung genüge getan hat.
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1; MTV Einzelhandel RP § 16 Nr. 1c; BGB § 613a Abs. 1 S. 1; MTV-Einzelhandel RP § 16 Nr. 1 Buchst. c
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 05.09.2013; Aktenzeichen 1 Ca 2331/11) |
Tenor
I.
Auf die Berufung der Beklagten wird das Teilurteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 5.9.2013 - 1 Ca 2331/11 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen wie folgt teilweise abgeändert:
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für den Monat September 2012 76,13 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 1.10.2012 zu zahlen.
Die weitergehende Klage auf Zahlung von Vergütung für den Monat September 2012 wird abgewiesen.
- Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Monate Dezember 2011 bis August 2012 1.082,98 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus jeweils 114,40 € seit dem 1.1.2012, 1.2.2012, 1.3.2012, 1.4.2012, 1.5.2012, 1.6.2012 und 1.7.2012 sowie aus jeweils 141,09 € seit dem 1.8.2012 und dem 1.9.2012 zu zahlen.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin tarifliche Sonderleistungen für das Jahr 2012 in Höhe von insgesamt 983,70 € brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 432,50 € seit dem 1.10.2012 und aus 551,20 € seit dem 1.12.2012.
Die weitergehende Klage auf Zahlung tariflicher Sonderleistungen für das Jahr 2012 wird abgewiesen.
- Die Klage auf Zahlung von Arbeitsvergütung für die Monate Oktober 2012 bis Februar 2013 wird abgewiesen.
II.
Die Klägerin hat 77 % und die Beklagte 23 % der Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien streiten im vorliegenden Berufungsverfahren über Gehaltsansprüche der Klägerin für Dezember 2011 bis Februar 2013 auf der Grundlage des Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel Rheinland-Pfalz sowie über Ansprüche der Klägerin auf Gewährung tariflicher Sonderleistungen, wobei zwischen den Parteien streitig ist, ob die betreffenden Tarifverträge auf das zwischen ihnen begründete Arbeitsverhältnis Anwendung finden.
Die am 13.05.1959 geborene Klägerin war seit dem 01.09.1982 durchgehend als Fachverkäuferin in Modegeschäften in Frankenthal beschäftigt, die zunächst von der Beklagten selbst und zwischenzeitlich von deren Sohn betrieben wurden. Seit Mitte 2009 betreibt die Beklagte diese Geschäfte wieder selbst. Zuletzt arbeitete die Klägerin in einer (unselbständigen) Filiale der Beklagten im F.-Center Frankenthal.
Die wöchentliche Arbeitszeit der Klägerin belief sich zuletzt auf 22 Stunden. Die Beklagte zahlte der Klägerin eine Arbeitsvergütung von 12,40 EUR brutto pro Arbeitsstunde.
Der zwischen der Klägerin und der Beklagten geschlossene Arbeitsvertrag vom 31.08.1982 enthält u. a. folgende Bestimmungen:
"Entgelt
I. Tarifliche Bezahlung
Das monatliche Brutto-Tarifgehalt beträgt: nur während der Probezeit DM 1.200,00.
danach nach Tarif.
...
§ 14
Im Übrigen gelten die tariflichen Bestimmungen für Beschäftigte im Einzelhandel der Pfalz bzw. die allgemeinen gesetz...