Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Abgeltung des Urlaubs ist, bezogen auf den gesetzlichen Mindesturlaub, gem. § 7 Abs. 4 BUrlG während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses unwirksam. Das gilt grundsätzlich auch für tariflichen Mehrurlaub.
2. Sind die Parteien sich einig, dass das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst ist und streiten sie lediglich darüber, unter welchen Voraussetzungen der Arbeitnehmer für einen anderen Arbeitgeber tätig ist, so ist für einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung kein Raum.
3. Der Anspruch auf Vergütung von Überstunden setzt neben der Leistung voraus, dass die Überstunden vom Arbeitgeber angeordnet, gebilligt, geduldet oder jedenfalls zur Erledigung geschuldeter Arbeiten notwendig gewesen sind. Die Darlegungs- und Beweislast dafür trägt der Arbeitnehmer.
Normenkette
BGB § 611 Abs. 1, §§ 612, 623; BurlG § 7 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Kaiserslautern (Entscheidung vom 16.05.2019; Aktenzeichen 8 Ca 1415/18) |
Tenor
- Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Kaiserslautern vom 16.5.2019, Az.: 8 Ca 1415/18, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
- Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Parteien des vorliegenden Rechtsstreits streiten darüber, ob dem Kläger gegenüber der Beklagten Urlaubsabgeltungs- und Überstundenvergütungsansprüche zustehen.
Der Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.08.2011 beschäftigt. Nach dem schriftlich zwischen den Parteien abgeschlossenen Arbeitsvertrag vom 17.08.2011, hinsichtlich dessen weiteren Inhalts auf Bl. 16-19 d. A. Bezug genommen wird, betrug der Bruttostundenlohn 13,50 Euro; abgerechnet wurde ein Stundenlohn von 15,50 Euro. Der Arbeitsvertrag enthält im Übrigen folgende Ausschlussklausel:
"§ 15 Ausschluss- und Verfallsfristen
1. Alle Ansprüche aus diesem Arbeitsvertrag und solche, die damit in Verbindung stehen, verfallen, wenn sie nicht innerhalb von 3 Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht worden sind.
2. Lehnt die andere Vertragspartei den Anspruch ab oder erklärt sie sich nicht innerhalb von 4 Wochen nach der Geltendmachung des Anspruches, so verfällt dieser, wenn er nicht innerhalb von 3 Monaten nach der Ablehnung oder dem Fristablauf gerichtlich geltend gemacht wird."
Seit Mitte Oktober 2016 arbeitet der Kläger tatsächlich nicht mehr für die Beklagte tätig, sondern für die Firma W. GmbH.
Der Kläger macht mit der streitgegenständlichen Klage Ansprüche auf Urlaubsabgeltung für insgesamt 98 Urlaubstage zu je 8,5 Stunden á 15,50 Euro geltend, d. s. 12.911,50 Euro sowie Ansprüche auf Überstundenvergütung für 1280 Stunden á 15,50 Euro, d. s. 19.840,00 Euro geltend.
Der Kläger hat vorgetragen,
der Geschäftsführer der Beklagten sei damit einverstanden gewesen, dass er ab Mitte Oktober 2016 für einen anderen Arbeitgeber tätig werde. Er habe seine streitgegenständlichen Ansprüche bislang nicht geltend gemacht, da er davon ausgegangen sei, dass auch die Beklagte ihrerseits Gegenansprüche, die sie nunmehr anderweitig rechtshängig gemacht habe, nicht mehr geltend machen werde.
Die Zahl der abzugeltenden Urlaubstage folge aus den Lohn- und Gehaltsabrechnungen der Beklagten; diese wiesen für das Kalenderjahr 2016 bis einschließlich Oktober 2016 noch nicht genommene Urlaubstage aus, die bereits im Monat Mai 2016 unter Berücksichtigung des rückständigen Urlaubs für das Vorjahr 2015 98 Tage betragen hätten (s. Bl. 32 d. A.).
Zudem habe der Kläger in den Jahren 2015 und 2016 insgesamt 1280 Überstunden geleistet, die die Beklagte nicht vergütet habe.
Die vertraglich vorgesehene "Verfallklausel" greife nicht ein, weil das Arbeitsverhältnis rechtlich nicht ordnungsgemäß beendet worden sei, sodass eine "Fälligkeit" der geltend gemachten Ansprüche i. S: v. § 15 Nr. 1 des Arbeitsvertrages vom 17.08.2011 erst mit der Erhebung der Klage eingetreten sei.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 32.751,50 EUR nebst 5% Zinsen p. a. über dem Basiszinssatz hieraus seit Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hat vorgetragen,
sie habe lediglich hingenommen, dass der Kläger seit Mitte Oktober 2016 nicht mehr zur Arbeit erschienen sei. Ansprüche stünden dem Kläger insbesondere aufgrund der Ausschlussfrist, aber auch im Übrigen dem Grunde und der Höhe nach nicht zu. Der Kläger habe sämtlichen Urlaub genommen. Im Übrigen seien Urlaubsansprüche für das Jahr 2015 verfallen. Der Kläger behaupte zudem selbst nicht, dass er bei einem jährlichen Urlaubsanspruch von 25 Werktagen nahezu vier Jahre lang überhaupt keinen Urlaub genommen und erhalten habe. Tatsächlich habe der Kläger im Betrieb der Beklagten der Dauer des Arbeitsverhältnisses insofern einen "Sonderstatus" genossen, als ihm Urlaub gewährt worden sei, wenn er Urlaub habe haben wollen, ohne dass dies eigentlich in einem Urlaubskonto festgehalten worden sei. Auf diese Weise habe er mindestens den ihm arbeitsvertraglich für...