Entscheidungsstichwort (Thema)
Unbegründete Widerklage der Arbeitgeberin auf Schadensersatz wegen Rechtsanwaltskosten bei vollmachtlosem Handeln der Arbeitnehmerin
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine Schadensersatzpflicht erstreckt sich grundsätzlich auch auf die Erstattung von Rechtsanwaltskosten; die Ersatzpflicht setzt jedoch voraus, dass die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig war, was in einfach gelagerten Fällen nur dann zutrifft, wenn die Geschädigte geschäftlich ungewandt ist oder die Schadensregulierung verzögert wird.
2. Bei Abschluss von Handy-Verträgen ohne Vertretungsmacht (Unterzeichnung mit dem Zusatz "i.A.") begründet das auftraglose Handeln der Arbeitnehmerin keinerlei rechtliche Verpflichtungen der Arbeitgeberin; reicht zur Klarstellung dieser Rechtslage eine einfachen Erklärung der Arbeitgeberin gegenüber der Vertragspartnerin unter Hinweis darauf aus, dass eine Genehmigung der von der Arbeitnehmerin abgegebenen Erklärung nicht in Betracht kommt, ist die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts insbesondere dann nicht erforderlich, wenn die Arbeitgeberin als überregional tätiges Architekturbüro keineswegs als geschäftlich ungewandt angesehen werden kann und darüber hinaus einer ihrer Geschäftsführer Volljurist ist.
Normenkette
BGB § 177 Abs. 1, § 280 Abs. 1, §§ 389, 611 Abs. 1; ArbGG § 67 Abs. 4
Verfahrensgang
ArbG Ludwigshafen (Entscheidung vom 22.05.2012; Aktenzeichen 2 Ca 387/12) |
Tenor
I.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 22.5.2012, Az.: 2 Ca 387/12, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.
II.
Die Revision wird nicht zugelassen
Tatbestand
Die Parteien streiten im vorliegenden Berufungsverfahren noch über einen Schadenersatzanspruch der Beklagten, mit welchem sie gegenüber einem Entgeltfortzahlungsanspruch der Klägerin die Aufrechnung erklärt hat und den sie in Höhe des nach Aufrechnung verbleibenden Restbetrages im Wege der Widerklage geltend macht.
Die Klägerin war vom 01.08.2009 bis zum 31.01.2012 bei der Beklagten, die ein überregional tätiges Architekturbüro betreibt, als Sekretärin beschäftigt.
Am 09.11.2011 unterzeichnete die Klägerin mit dem Zusatz "i.A." für die Beklagte mit der Fa. Z eine Vereinbarung, die den Abschluss von insgesamt 100 Handy-Verträgen mit einer Laufzeit von 24 Monaten beinhaltete. Diese Verträge ließ die Beklagte unter Einschaltung einer Rechtsanwaltskanzlei, der u.a. auch ein Mitgeschäftsführer der Beklagten angehört, stornieren mit dem Einwand, die Klägerin sei bezüglich des Abschlusses der Handy-Verträge nicht vertretungsberechtigt gewesen. Der Beklagten entstanden im Zusammenhang mit der Stornierung der Handy-Verträge Anwaltskosten in Höhe von 1.373,00 Euro zzgl. Umsatzsteuer.
Mit ihrer am 02.03.2012 beim Arbeitsgericht eingereichten Klage hat die Klägerin, die während des Monats Januar 2012 arbeitsunfähig erkrankt war, die Beklagte auf Entgeltfortzahlung für den Monat Januar 2012 sowie auf Urlaubsabgeltung in Anspruch genommen. Die Beklagte hat bereits vorprozessual gegen den der Höhe nach unstreitigen Entgeltfortzahlungsanspruch von 1.411,14 Euro netto die Aufrechnung erklärt mit den im Zusammenhang mit der Stornierung der Handy-Verträge angefallenen Anwaltskosten und demzufolge nur 38,14 Euro netto an die Klägerin ausgezahlt, sich jedoch in einem Teil-Vergleich vom 27.03.2012 insoweit zur Zahlung eines weiteren (pfändungsfreien) Betrages von 1.106,22 Euro netto verpflichtet.
Die Klägerin hat erstinstanzlich u.a. vorgetragen, sie habe die Handy-Verträge auf arbeitgeberseitige Anweisung zur Optimierung der Alt-Verträge abgeschlossen. Die neuen Verträge hätten nicht zu einer finanziellen Mehrbelastung der Beklagten führen können. Zur Vermeidung des von der Beklagten behaupteten Schadens habe es nicht der Einschaltung eines Rechtsanwalts bedurft, vielmehr hätte die Angelegenheit durch Rückfrage beim zuständigen Vertriebspartner von Z Herrn Y, geklärt werden können.
Die Klägerin hat beantragt:
Die Beklagte wird verurteilt 266,78 € netto (Entgeltfortzahlung) sowie 339,23 € (Urlaubsabgeltung) brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 17.02 2012 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen,
sowie widerklagend,
die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 1.106,22 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz der EZB seit Klagezustellung zu zahlen.
Die Beklagte hat erstinstanzlich u.a. vorgetragen, die Klägerin habe die Verträge mit W Vollmacht abgeschlossen. Zur Schadensabwendung habe sie ihren jetzigen Prozessbevollmächtigten zur Klärung eingeschaltet, da sie bei Erfüllung der Verträge mit einem Schaden von bis zu 37.128,00 Euro habe rechnen müssen. Im Hinblick auf das vertragswidrige Verhalten sei die Klägerin zum Ersatz der entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.373,00 Euro verpflichtet.
Die Klägerin hat beantragt,
die Widerklage abzuweisen.
Zur Darstellung des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Tatbes...